Wie jeder mühelos sehen kann, hat Joe jetzt endgültig gezeigt, daß er ganz offensichtlich ein mittelmäßiger Musiker ist, der viel Halbwissen hat, welches er aber für Vollwissen hält und welches er großsprecherisch hier anpreist.
Was ist das eigentlich für ein Schmarrn - "moderne Spielweisen" oder "moderne Unterrichtstechniken"?
Es gibt doch nur eines, was sinnvoll wäre: zu schauen, wie Chopin es selber haben wollte bzw. selber gespielt hat. Das wäre mir aber (als Jazzpianist, der im Klassikbereich auch eher begrenztes Wissen und Können hat) neu, daß Chopin "durchpedalisiert" hätte; weder ist Derartiges überliefert, noch geben seine eigenen Pedalanweisungen in den Noten so etwas her.
Alles andere ist entweder persönliche Auffassung / Präferenz (was ja ok ist, die Meisterwerke lassen ja in aller Regel einen breiten Deutungsspielraum zu, was ja überhaupt erst ermöglicht, daß immer noch neue interessante Platten mit Chopin-Einspielungen rauskommen; es gibt gültige Interpretationen mit viel Pedal und gültige Interpretationen mit wenig Pedal) oder aber doofe Mode - in aufgeklärten Zeiten jedoch sollte sich ein Musiker niemals von Moden leiten lassen! Eine "Mode" als Argument anzuführen ("Fingerlegato ist 'out', durchpedalisieren ist 'in'") ist, ich muß es leider so sagen, dumm - kein bißchen intelligenter als ein Unterrichten nach ungeprüft übernommenen Unsinnspraktiken a la "Münze auf den Handrücken legen" oder "die Handstellung muß so sein, als hättest Du ein Bällchen in der Hand". Noch dazu, wenn es sich gar nicht um eine wirkliche Mode handelt, sondern nur eine aufgrund mangelnder Kenntnisse eingebildete!
In der Kleidermode kennen wir das ja: "Du, nee, also, Brauntöne gehen gar nicht, das trägt man schon seit mindestens 2-3 Jahren nicht mehr!" oder so ähnlich. Personen, die Derartiges voll ernst von sich geben und wirklich angepisst sind, weil einer sich nicht modegerecht kleidet, hält man völlig zu Recht für etwas dumm und oberflächlich. Ein Künstler sollte sich zu schade sein, Ähnliches in bezug auf Musik von sich zu geben.
Entscheidend ist nur: Wie ist die Klangvorstellung, die ich realisieren möchte, und wie setze ich diese am besten um? Fingerlegato hat einen Sound, Pedalisieren bei loslassenden Fingern hat einen etwas anderen Sound, und aus den verschiedenen Soundmöglichkeiten wähle ich einfach aus, was mir momentan am meisten zusagt bzw. m.E. am besten zu der Stelle des Stücks paßt. Peng, aus. Warum sollte ich mir von einer blöden, behaupteten "Mode" vorschreiben lassen, daß bestimmte Soundmöglichkeiten ausgeschlossen werden müssen?
Im übrigen hängt das Maß des "Durchpedalisierens" oder "Nicht-Durchpedalisierens" (ich für meinen Teil würde, nebenbei gesagt, den Ausdruck "Durchpedalisieren" nie gebrauchen, weil er manieriertes oder gar gedankenlos-automatisches Spiel suggeriert) stets von den Bedingungen (Instrument, Raumakustik, Spieler) ab; ein wirklich guter Pianist übt niemals eine feste Pedalisierung ein, die er dann stets beibehält.
LG,
Hasenbein
P.S.: Ein gutes Beispiel für einen Pianisten, der viel Fingerpedal einsetzt und damit ganz tolle Klangergebnisse erzielt, ist Herbie Hancock. Man achte mal, insbesondere auf Aufnahmen ab den 70er Jahren bis heute, auf seine linke Hand - oft, insbesondere bei langsamen Stücken, hält er einen Akkord mit allen Fingern und schlägt einzelne Töne daraus relativ leise nochmals an, was dazu führt, daß man einen "Klangteppich" unter den Linien der rechten Hand erhält, in dem gleichzeitig aber auch rhythmische Impulse vorhanden sind.