Die Minimal Music ist in die Jahre gekommen - Same Procedure As Every Year, Mister Glass?

Was z.B. Jackson Pollock für Kleckerbilder gemacht hat, haben sicher schon hunderte Kinder vor ihm gemacht. Und Millionen andere auch. Das alles hat nichtmal mit originellen Einfällen fürs Kunstwerk selbst zu tun, sondern primär mit geschickter Selbstvermarktung. Das gilt nicht nur im abstrakten Bereich, auch Banksy ist z.B. so ein Fall. Seine Kunstwerke sind beiebig austauschbar, er macht nur geschickt Marketing als Personenkult. Und wenn man dann noch politische Ansichten, die gerade en vogue sind, vertritt, übernimmt die Presse schnell das Marketing.
 
Was z.B. Jackson Pollock für Kleckerbilder gemacht hat, haben sicher schon hunderte Kinder vor ihm gemacht. Und Millionen andere auch. Das alles hat nichtmal mit originellen Einfällen fürs Kunstwerk selbst zu tun, sondern primär mit geschickter Selbstvermarktung. Das gilt nicht nur im abstrakten Bereich, auch Banksy ist z.B. so ein Fall. Seine Kunstwerke sind beiebig austauschbar, er macht nur geschickt Marketing als Personenkult. Und wenn man dann noch politische Ansichten, die gerade en vogue sind, vertritt, übernimmt die Presse schnell das Marketing.

Das kommt dazu ja. Hier zu behaupten: "Künstler A war zuerst da" ist nicht ein Bruchteil einer möglichen Erklärung.

Einen (einigermaßen) verwandten Effekt sieht man bspw. bei Covern. Zig Titel, mehr als das Gros denkt, waren schon mal da. Aber sie waren halt nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort, ihrer Zeit voraus, oder einfach nur ungeschickt vermarktet und entzogen sich so der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Sein ist wahrgenommen werden. Dieses Blaue Bild kannte ich nicht mal. Mythen werden von uns gemacht und sind ein Ding der Zeit, Mode.

Da spielt verdammt viel rein. Insgesamt. TEY Musik funktioniert besser wenn es mit "Nebel, Wald, Nacht, verträumt- SW Video" präsentiert werden und wenn viele Mädchen kommentieren: "awww"

Beißreflex in einschlägigen Foren. Da werden andere Dinge angebetet. Da steht was anderes auf dem Altar und wird glaubenskriegerisch vereidigt wie verteidigt.

Meiner Meinung nach darf man den Masseeffekt, die "Masseseele" den Hype, die Schwarm"intelligenz" nicht unterschätzen! Sie verzerrt die Wahrnehmung. Sag mal dass man einen der Götzen nicht mag, in einem Umfeld in dem die Haute Couture ihn weltweit beweihräuchert und ihre Paniere jenen zieren. Da hast du gleich nen Stein da wo früher mal Zähne waren.

Es ist ja auch kein Geheimnis, dass wir heute andere Komponisten im kulturellen Fokus haben wie ihre eignen Zeitgenossen. Ob das dann sowas ist wie "Wendler vs. Furrer" .. ka.

Aber ich freue mich immer, wenn man in Briefen liest, dass ein aufstrebender Pianist unter seinen Zeitgenossen / Lehrern Liszt "nicht so anbetet wie "wir" das heutzutage tun" . Stattdessen nennt er Thalberg oder Herz nach denen kein Hahn mehr kräht.

Wo die Mode hinfällt...
 
Das erste Mal ist es Kunst, folgende Male nicht. Interessante These. Holzschnittpuppen mit Fadenöse zu Weihnachten sind demnach auch keine Kunst mehr, selbst dann nicht, wenn sie handgemacht sind. Exakte Kopien und Plagiate sind – das kaufe ich ab – in der Tat keine Kunst, weil da niemand annähernd so viel Zeit investiert hat als für das Erstexemplar, den Prototypen aufgewandt wurde. Routine tötet Kunst, das könnte meine Message sein, verkürzt.

Einen Teil der Grundlagen, aus denen ein Kunstwerk hervorgegangen ist, muss gewöhnlich sein. Wie alle Kommunikation einen bekannten Teil und einen unbekannten Teil hat. Alte Information, neue Information. Bei zu viel neuer Information herrscht maximale Entropie, heißt, belanglose Beliebigkeit, dann ist nix mehr vom andern unterscheidbar.

Beide Teile sollten sich halt in einem Gleichgewicht befinden. Am Ende entscheidet neben Originalität auch die Ausführung, flankiert von den Risiken des Scheiterns, Versaubeutelns. Die eine Partei kann die andere dominieren, denn auch die Ausführung kann die neue Information auf sich konzentrieren. Die Appassionata zu interpretieren ist demnach weniger eine Kunst, wenn vom erfahrenen Musiker auf dem Klavier interpretiert, als wenn es einem afghanischen Hirten auf der Maultrommel gelingt. Pianisten werden das nicht zu schätzen wissen. Die interessiert mehr, ob bei Minute 12:34 der interpretierende Pianist den Mund wieder schließt, und welche originellen Auswirkungen das auf den Klang hat, während sie schon wissen, dass das auf der Maultrommel nix werden kann, und selbst wenn doch, dann war es trotzdem schlecht, ja, in des einen oder anderen Augen schon Blasphemie.

Und warum sollte Musik viel neue Information liefern, wenn der Begleitkontext schon so viel beisteuert? Das kann ein Film sein, oder das Kopfklima des Zuhörers – wenn das chaotisch ist, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ersies eher auf triviale Musik abfährt. Von daher kann ich nicht verstehen, warum bei "langweiliger" Musik die Nase gerümpft und die "Kunstmusik" zum allein seelig machenden heiligen Gral erhoben wird, denn das ist dann schon eine recht eingeschränkte, euromanische Sichtweise.

Dieses Zweiklassendenken in der Musik lässt mich daran denken, wie viel unsere Gesellschaft doch noch an die gute alte koloniale Zeit erinnert, die ihren faulen Odem ins Heute und Morgen perfümiert. Die Kunstmusik wurde vor allem für die satte Aristokratie geschrieben und aufgeführt, nicht für den Müller, der nach zehn Stunden Mahlen, Mehlsäcke schleppen und Mechanik in Schuss halten tot ins Bett fiel. Auch habe ich gelesen, dass der Jazz nicht von den Nachfahren der Sklaven stammt, sondern von Weißen, die sich von den Worksongs und C&Rs der Sklaven auf den Feldern haben inspirieren lassen. Seine Brutstätte waren die Military Bands.
Was ich damit sagen will: Die europäische Kunstmusik hat einen historischen Fußabdruck voll ethischer Fragwürdigkeit, die Verklärung ist somit eigentlich nicht rechtfertigt.

Gerade höre ich Beethovens Pathétique, worin das A-Thema des 3. Satzes mir am besten von allen Themen des Stückes gefällt. Danach höre ich wieder Glassworks. Mal hören ob es mich in dessen Einfachheit abstößt im Vergleich ... hm, doch etwas langweilig, aber wisst ihr was? Ich bin gerade selbst etwas gelangweilt. Vielleicht sollte ich mir eine andere Beschäftigung suchen, davon, auf clavio.de abzuhängen, wird meine kleine Welt auch nicht besser.
 
Die europäische Kunstmusik hat einen historischen Fußabdruck voll ethischer Fragwürdigkeit, die Verklärung ist somit eigentlich nicht rechtfertigt.
:idee::idee::idee::idee:
Jepp! Von Bach bis Schönberg haben diese Scheusale Kolonien ausgebeutet und Sklaverei betrieben.

...und wenn wir schon dabei sind: weg mit den Hinterlassenschaften des römischen Imperiums (so kostspielig zu unterhaltender Scheiß wie Porta Nigra, Teufelsmauern, Pantheons, kaputte Thermen) denn die versklavten die lieben Druiden und ihre Latrinen hatten keine divers-Toiletten. Da haftet ebenso viel ethische Fragwürdigkeit dran!
 
Was ich damit sagen will: Die europäische Kunstmusik hat einen historischen Fußabdruck voll ethischer Fragwürdigkeit, die Verklärung ist somit eigentlich nicht rechtfertigt.
Na, da erlaube ich mir mal, diesen zaghaften ('fragwürdig', 'eigentlich') Ansatz zuende zu denken:

Die Bedingungen, unter denen die genannte Musik entstand, sind zu verdammen. Da leben Kirche, Staat, Adel von der Arbeit anderer. Das war nötig, damit Pyramiden, Dom, Fresken oder eben Musik produziert werden konnten. Als budgetierte, fest verplante 'regulierte' Kirchenmusik, Jahressalär des Freskenmalers im Schloss oder Säckchen Taler für die umherziehenden Komponisten-Virtuosen.

Dem Kunstwerk ist das aber egal, das besteht. Bei den größten Meistern selbst dann, wenn es Gott oder irgendeinem Fürsten huldigt.

Man wünscht sich, dass es heute bessere Rahmenbedingungen gibt. Allein über Massengeschmack landet man jedoch bei RTL, Pro7; allein über Steuergeld-Gießkanne bei sich in Theaterblut wälzenden nackten Schauspielern...

Cee
 
dass der Jazz nicht von den Nachfahren der Sklaven stammt, sondern von Weißen, die sich von den Worksongs und C&Rs der Sklaven auf den Feldern haben inspirieren lassen
Ich habe gelesen, dass wohl auch einige Vorlagen der "Kunstmusik" von ländlichen Volkstänzen abstammen, z.B
die Bourree. Das macht Musik ja eigentlich interessant und lebendig, ich wäre neugierig auf Klassik auf der Maultrommel!

Umgekehrt frage ich mich, wenn hier allerorten musikalischer Sitten- und Qualitätsverfall befürchtet wird, wie es die Musikergemeinde aufnähme, wenn sich bestimmte Richtungen der bildenden Kunst auch in der Musik durchsetzen würden, z.B die Stilisierung von Alltagsgegenständen in der PopArt.

Was wäre z.B. das musikalische Pendant zur Warhols Campell Tomatensuppendose, die ja jedes Museum der Welt sofort ausstellen würde? Der Werbe-Jingle aus den 80ern "Waschmaschinen leben länger mit Calgon" als Konzertkunstwerk???
:-D

Dagegen haben doch musikalisch gesehen TEY & Co. immer noch ein gewisses Niveau bewahrt.
 
Der Werbe-Jingle aus den 80ern "Waschmaschinen leben länger mit Calgon" als Konzertkunstwerk???
:-D

Dagegen haben doch musikalisch gesehen TEY & Co. immer noch ein gewisses Niveau bewahrt.

Täusch' dich mal nicht, wie schwierig ein guter Werbe-Jingle hinzubekommen ist!

Ansonsten: Zumindest bei den Texten haben es die banalen Dinge des Lebens schon lange geschafft, zumindest in die Polularmusik einzug zu halten. Ich erinnere nur an Slim Gaillard mit "Potato Chips".
 
Umgekehrt frage ich mich, wenn hier allerorten musikalischer Sitten- und Qualitätsverfall befürchtet wird, wie es die Musikergemeinde aufnähme, wenn sich bestimmte Richtungen der bildenden Kunst auch in der Musik durchsetzen würden, z.B die Stilisierung von Alltagsgegenständen in der PopArt.

Was wäre z.B. das musikalische Pendant zur Warhols Campell Tomatensuppendose, die ja jedes Museum der Welt sofort ausstellen würde?
So etwas gibt es bereits seit langem: Die Vertreter der musique concrète haben genau das getan, indem sie Tonbandaufnahmen von Alltagsgegegenständen und ähnlichem musikalisch verarbeitet haben, z.B. hier:
 
Zuletzt bearbeitet:
Alltagsgeräusche ist das eine, bei Pink Floyd gibts auch startende Flugzeuge und so.
Aber die Tomatensuppe finde ich nochmal eine andere Liga. Da feiert sozusagen der Kommerz sich selbst, das könnte ja auch ein Werbeplakat sein.
 

Den Menschen heute geht es besser, sie haben mehr Bildungsmöglichkeiten und einen hohen Freiheitsgrad. Dass die meisten immer noch fremdbestimmt arbeiten und zuviel an eine jetzt anders heißende Feudalkaste abgeben, lässt gespannt in die Zukunft schauen - die Geschichte ist noch nicht zuende :)

Was z.B. Jackson Pollock für Kleckerbilder gemacht hat, haben sicher schon hunderte Kinder vor ihm gemacht. Und Millionen andere auch. Das alles hat nichtmal mit originellen Einfällen fürs Kunstwerk selbst zu tun, sondern primär mit geschickter Selbstvermarktung.
Schau doch zu Pollock wenigstens in die Wikipedia, bevor Du solchen Unsinn schreibst.

Cee
 
@agraffentoni : die maultrommel war sehr unterhaltsam! Ein Frosch erzählt seine Lebensgeschichte... :-D
 
Was wäre z.B. das musikalische Pendant zur Warhols Campell Tomatensuppendose, die ja jedes Museum der Welt sofort ausstellen würde? Der Werbe-Jingle aus den 80ern "Waschmaschinen leben länger mit Calgon" als Konzertkunstwerk???
Warhol hatte keine tiefgreifende Message in seinen Produktionen. ''Schauen Sie nicht hinter meine Bilder! Da ist nichts.'' (Warhol). Ähnlich wie Dada. Mir fielen die Vertonungen von Zeitungsanzeigen ein, ich glaube das war Arthur Lourié. Die aber sind aber immer noch für einen Lacher gut.
Was ist die Message von dem gespielten Klavierstück?
 
Was ist die Message von dem gespielten Klavierstück?
Muss ein Klavierstück eine "Message" haben? Und muss man diese in Worte fassen können? Hätte der Künstler das gekonnt, hätte er dann nicht eher ein Gedicht geschrieben?

Wobei ich zugebe, dass ich evtl. nicht ganz objektiv bin. Ich mag Glass. Zumindest seine Werke. Bei der eigenen Interpretation seiner Werke habe ich aber auch schon an anderer Stelle das Gefühl gehabt: Richtig gut Klavier spielen kann er nicht.
 

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