Das Klavierkonzert der Zukunft

Es gibt aber noch eine Menge anderer Möglichkeiten, das Gehirn zu aktivieren. Unter diesem Aspekt gesehen ist klassische Musik austauschbar.
In Bezug auf die "Austauschbarkeit" bin ich mir da nicht so sicher...
Beim Klavierspielen werden im Gehirn sowohl die feinsensorischen Zentren aktiviert (Hören, Fingergefühl) als auch die feinmotorischen Zentren (Finger). Die Finger und das Hören sind im Gehirn besonders umfangreich repräsentiert.
Und dann werden noch die umfangreichen Zentren aktiviert, die mit der Kopplung zwischen Sensorik und Motorik beschäftigt sind.

Gibt es eine vergleichbare andere Betätigung, die in diesem Ausmaß das Gehirn aktiviert?
 
Hallo alle Ihr auf diesem Thread, ich finde Euch ja süß - welche verschlungenen Wege der Disput nimmt! Jetzt sind wir schon bei den Gehirntätigkeiten und den sonstigen neuronalen Abläufen beim Klavier spielen. Finde ich auch sehr interessant.
Ich hatte unser Kopfthema eigentlich losgetreten, weil mich eben interessiert, was Leute, die dasselbe Steckenpferd reiten wie ich zur Entwicklung des "klassischen" Musikbetriebs meinen und nicht nur was sie denken, sondern auch welche tatsächlichen Erfahrungen sie haben - gute wie schlechte.

Natürlich sind die Überlegungen wichtig, wie heutzutage dem althergebrachten Repertoire das Gehör zu verschaffen wäre, das es verdient.

Einige haben tatsächliche Erfahrungen rüber gebracht - vielen Dank!
Gibt es weitere Erfahrungen?

Wie muss man es anstellen, dass so manche (jungen) Leute die vorteilhaften Seiten der Klassik kennen- und schätzen lernen? Wie können sie ja nicht mit dem Lasso einfangen und damit auf den Stuhl neben das Klavier binden. Das wäre manchmal fast so wie am Marterpfahl!

Mit klaviophilen Grüßen

Walter
 
Meine Frage war aber anders gemeint: Was verlieren Nicht-Musiker, die sowieso keine Klassik hören tatsächlich, oder anders ausgedrückt, ist es besser, Klassik zu kennen, sei es nun für die Lebensqualität, geistige (meinetwegen auch körperliche) Gesundheit und Leistungsfähigkeit, Sozialverhalten etc.; kann man die eigentlich unhaltbare Behauptung, Menschen, die Klassik hören, seien bessere Menschen, irgendwie untermauern?

Hallo, ja das ist natürlich eine ganz andere Frage. Die läßt sich sicher nicht so einfach mit ja/nein beantworten.
Die Tatsache, dass die Beschäftigung mit klassischer Musik Lebensqualität, Gesundheit, Sozialverhalten positiv beeinflußt, läßt wohl nicht den Umkehrschluß zu, dass Menschen, die keine klassische Musik hören, in Lebensqualität, Gesundheit und Sozialverhalten gestört sind.
Es gibt auch gute Musiker, deren Sozialverhalten ziemlich gestört ist. ;)
Wichtig ist vor allem, dass Menschen sich kreativ betätigen, dass sie etwas tun, was ihr Leben bereichert - das kann ja auch Malerei, Schauspiel, Sport sein.

Wie Du schon gesagt hast, "wissenschaftlich beweisen" läßt sich - wenn die richtigen Auftraggeber dahinter stehen - so ziemlich alles.

@Walter
Ich habe schon interessante Kombinationen aus Klavier- und Liederabend erlebt - aber das war auch nie was für Besuchermassen, sondern für Feinschmecker. (Aber zum Essen gehe ich auch nicht zu MacXXX :D)

lg
 
Ich hatte unser Kopfthema eigentlich losgetreten, weil mich eben interessiert, was Leute, die dasselbe Steckenpferd reiten wie ich zur Entwicklung des "klassischen" Musikbetriebs meinen und nicht nur was sie denken, sondern auch welche tatsächlichen Erfahrungen sie haben - gute wie schlechte.
Stimmt - wir sind zuletzt etwas "abgeschwiffen";)
Prima, Walter, dass Du "Deinen" Thread hier so aufmerkmam "moderierst"!

Meine Erfahrungen:
Ich habe mal darüber nachgedacht, bei welchen Konzerten am ehesten ein "gemischtes" Publikum (Alt wie Jung) zu sehen ist.
Nach meiner Erfahrung sind das besonders die A-cappella-Konzerte!
(so a la Comedian Harmonists-Nachfolge-Gruppen, aber auch Neuentwicklungen wie Flying Pickets oder Wise Guys)
Warum?
-weil "Unterhaltung" (im positiven Sinn) geboten wird
-weil die Musik -bis ins Detail- einen gewissen "Anspruch" hat
-weil eine gewisse "Lockerheit" vorhanden ist

Könnte man sich für einen Klavierabend ein ähnliches Konzept überlegen?
 
Zu diesem spannenden Thread noch ein bißchen "Senf" von mir.
Um die (jungen) Leute an Klassik heranzuführen, muß man sie evtl. dort abholen, wo sie sind. Und sei es, daß man ihnen die "Elise" vorspielt. Dabei sollte es natürlich nicht bleiben. Ich denke/vermute, die leichteren, eingängigeren und daher bekannteren Klassik-Stücke bieten eher einen Zugang. Mit Speck fängt man Mäuse. Wenn jemand erst mal auf den Geschmack gekommen ist, ergibt sich der Rest. Besser mit leichteren Sachen ködern als überfordern.
Mich erinnert das an meine Jugend: im Musikunterricht an der Schule war das eher zum Abgewöhnen und vermittelte alles, bloß keinen Spaß oder Interesse. Dazu das verstaubte Image der "Klassik". Es hat gedauert, bis ich den Zugang fand. Ich wollte, mir hätte jemand schon viel früher einen Zugang verschafft!
 
Mich erinnert das an meine Jugend: im Musikunterricht an der Schule war das eher zum Abgewöhnen und vermittelte alles, bloß keinen Spaß oder Interesse.

Ich denke mal, dass der Musikunterricht an normalen Schulen sogar dazu beiträgt, dass die klassische Musik noch unbeliebter wird.

Bei uns war es so, dass wir Stücke analysieren mussten. Zum Beispiel Sonatensatzform am Beispiel erläutern oder ähnliches. Es konnte allerdings niemand Noten lesen und so war es natürlich klar, dass jeder schlechte Zensuren in solchen Sachen bekam und dass die Klassik auf die Art bei Jugendlichen nicht beliebter wird, sollte eigentlich nicht weiter erstaunen...

Dann sollte man den Gruppenzwang natürlich nicht unterschätzen. Manchen ist es egal, wenn sie Außenseiter sind, aber die meisten legen auf eine Außenseiterrolle keinen Wert. Also heißt es: Hören, was auch alle anderen hören.

Problematisch wird es auch, wenn im Elternhaus klassische Musik rigoros abgelehnt wird. Wenn ein Jugendlicher kein eigenes Zimmer hat, dann kann er nicht mal diese Art von Musik hören, wenn sie ihn eigentlich interessiert.

Meiner Meinung nach würden Jugendliche viel häufiger auch klassische Musik hören, wenn die äußeren Umstände dafür etwas geeigneter wären. Dazu müsste der Konzertabend nicht einmal eine andere Form bekommen.

Aber es müsste zum Beispiel so eine Art "Repertoiretraining" in der Schule geben. Also eine oder mehr Stunden wöchentlich, in denen man klassische Stücke hört und der Lehrer etwas dazu erklärt (keine Tests oder Klausuren!!!)

Denn so wie das momentan in den Lehrplan integriert ist, muss ja nahezu jeder Jugendliche auf die Idee kommen, dass Klassik zu schwierig sei und nur etwas für Streber ist.
 
Also, ich finde die Lösung ist ziemlich einfach aber verdammt teuer und langwierig.

Da man zur guter Musik erzogen und gebildet werden muss und sich auf die Eltern diesbezüglich nicht verlassen kann, sollte es mit kostenlosen Kindergartenplätzen beginnen, in Rahmen derer hochwertige, von Diplom-Musikpädagogen (die vorher noch ausgebildet werden müssten) geführte, musikalische Früherziehung stattfindet.
Weiter mit beginn der Grundschule hochwertiger, von Diplom-Musikpädagogen geführter, Musikunterricht UND Instrumentalunterricht für alle Schüler. Mit steigenden Fortschritten erweitert um Chor und Orchester.
In den weiterführenden Schulen noch mal eine Steigerung des Programms.

Mit einigen Änderungen der Preisgestaltung für die Konzertkarten wären in 20-30 Jahren die Konzertsäle wohl gut gefüllt.
 
Also, ich finde die Lösung ist ziemlich einfach [...]
Träum' weiter! Die Realität in NRW (und wahrscheinlich auch in den anderen Bundesländern) sieht so aus:

Schlecht ausgebildete, schlecht bezahlte und entsprechend unmotivierte Erzieherinnen. Kindergärten sind in vielen Fällen Verwahranstalten. Wenn Förderung überhaupt stattfindet, dann gibt's allenfalls Englischunterricht für die Kleinen (damit sich die Software-Hersteller demnächst das Übersetzen ihrer Programme sparen können).

Kinderverwahrung ist auch die "offene Ganztagsschule". Ein pädagogisches Konzept habe ich noch nirgends entdeckt. Die Betreuerinnen sind schlecht bezahlte Hilfskräfte und entsprechend groß ist die Fluktuation.

Die Gymnasialzeit ist nun auf acht Jahre reduziert mit Nachmittagsunterricht und Dauerstreß. Die Eltern sind mittlerweile nur schwer davon zu überzeugen, daß die musikalische Ausbildung ihrer Sprößlinge ein sinnvoller mentaler Ausgleich ist zu den schulischen Anforderungen.

Das Resultat auf lange Sicht wird sein: Die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Kultur nimmt weiter ab, weil der Umgang mit Kultur in jungen Jahren nie vermittelt wurde. Und dann wird man die Konzertsäle nur noch füllen können mit Vivaldis "Jahreszeiten" und der "Kleinen Nachtmusik". (Schon heute halten ja viele Leute Richard Claydermann für einen klassischen Pianisten.)

Natürlich wäre es anders schöner. Aber stellt sich die Frage, ob die Musiklehrer nicht an dieser Misere mitschuldig sind: wenn etwa von Schulmusikern diskutiert wird, ob Notenlesen Können notwendig sei. (Man stelle sich einmal vor, die Mathematiklehrer würden die Notwendigkeit, die Grundrechenarten zu erlernen, in Frage stellen). Aber auch wir Instrumentallehrer argumentieren doch gerne damit, daß Musizieren die Intelligenz und soziale Kompetenz erhöht, und hoffen, dadurch eine größere Akzeptanz zu gewinnen. Anstatt deutlich zu sagen: Musik und Musizieren ist ein Wert an sich, über den man so wenig zu diskutieren braucht wie über die Notwendigkeit zu atmen.
 
Da man zur guter Musik erzogen und gebildet werden muss und sich auf die Eltern diesbezüglich nicht verlassen kann, sollte es mit kostenlosen Kindergartenplätzen beginnen, in Rahmen derer hochwertige, von Diplom-Musikpädagogen (die vorher noch ausgebildet werden müssten) geführte, musikalische Früherziehung stattfindet.

Nun, in der Regelschule ist sowas ganz bestimmt nicht machbar. Um sich ernsthaft(!) mit Musik zu befassen, geht kein Weg am Erlernen eines Instruments vorbei, und auch wenn von Musikschulen viel Propaganda für Gruppenunterricht gemacht wird (weil das der Unterricht ist, der Geld erwirtschaftet), ist ein vernünftiger Instrumentalunterricht Einzelunterricht.

Ein bißchen nach Musik rumhüpfen, klappern und malen wird ja auch heute schon in der Grundschule gemacht. Daß das alles mit Musik nichts zu tun hat - wen interessierts...

Vielleicht wärs erfolgversprechender, das Spielen eines Instruments und das Hören klassischer Musik zu verbieten. Vielleicht könnte so eine Maßnahme dem Interesse für diese Art von Musik neuen Auftrieb verleihen.

Wie sagte Schönberg so tiefsinniog: "Das Gute ist und bleibt gut und muß daher bekämpft werden. Das Schlechte ist und bleibt schlecht und muß daher gefördert werden."
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich weiß ja nicht wies im restlichen teil von deutschland aussieht, aber hier bei uns werden kindergärten die mit ihren Kindern Musik machen (in dem fall geht es um singen) ausgezeichnet. (Natürlich nur wenn sies gescheit machen, also nicht irgendein Sing-Sang, sondern gute Musik) (Hier zu finden: http://www.dcvg.de/f_aktuell.html (ich kenne es, weil meine Großmutter im Fränkischen Sängerbund die Felix-Beratung macht)
Wenn das woanders auch gemacht wird, auch an grundschulen und so. Und noch dazu auf eine klassische Musik geachtet wird (auch schon im Kindergarten-Alter) steht doch der einer klassischen Zukunft nichts mehr im Weg.
Jeder kann da doch einen Teil beitragen. Vll. Konzerte mal extra für Kinder geben, mit Kinder freundlichem Programm (lässt sich sicher über Schulen organisieren) oder solche Auszeichnungen (siehe oben) bekannt machen.

Wenn alle sich bemühen, kann es zu einer "Renaissance der Klassik" kommen.


oli
 
Ich weiß ja nicht, wie es im restlichen Teil von Deutschland aussieht, aber hier bei uns werden Kindergärten, die mit ihren Kindern Musik machen [...], ausgezeichnet.
Du lebst wohl auf der Insel der Glückseligen? ;) In meinem nächsten Leben komme ich auch in Bayern, Baden-Württemberg oder in der Schweiz auf die Welt! (Aber wenn es soweit ist, sind dort die Verhältnisse auch schon ganz anders.
 

hochwertiger, von Diplom-Musikpädagogen geführter, Musikunterricht UND Instrumentalunterricht für alle Schüler. Mit steigenden Fortschritten erweitert um Chor und Orchester.

Pflichinstrumentalunterricht würde aber bedeuten, dass jedes Kind ein Instrument braucht. Die meisten Eltern würden im Falle von Klavierunterricht das billigste Keyboard kaufen, was es gibt und auch bei den anderen Instrumenten die kostengünstigsten Varianten nehmen.

Das Kind kann wieder im Unterricht oder auch im Orchester keine vernünftige Leistung erbringen, wird vielleicht deswegen ausgegrenzt und wird die Klassik logischerweise hassen lernen...

Ich hätte Intrumentalunterricht als Pflicht auch super gefunden, keine Frage! Unter solchen Voraussetzungen ist das aber unmöglich.

Und was ist mit Familien, in denen es mehr Kinder gibt? Unterricht im allgemeinen bis 15 Uhr, also etwa 16 Uhr daheim. Geht man davon aus, dass jeder für seine Hausaufgaben wenigstens 2 Stunden Ruhe braucht, dann bleiben insgesamt 4 Stunden bis zur Ruhezeit. Wenn man dann noch die Zeit betrachtet, die für den Streit draufgeht, wer denn nun zuerst üben darf und vor allem wie lange... (und das ohne die Zeitbeschränkung in Mietverträgen)
Und nach der Schule noch Chor und Orchester ist auch ziemlich unmöglich, denn da können jene von außerhalb doch gar nicht teilnehmen, weil die Busse nicht mehr fahren!

Für reiche Einzelkinder wäre so eine Schulform sinnvoll, aber die bekommen entsprechende Förderung ohnehin.

Zitat von Haydnspaß:
Vielleicht wärs erfolgversprechender, das Spielen eines Instruments und das Hören klassischer Musik zu verbieten. Vielleicht könnte so eine Maßnahme dem Interesse für diese Art von Musik neuen Auftrieb verleihen.

Also, das könnte sogar klappen. Bei mir hat das super gewirkt :D

Aber die meisten würden darüber vermutlich eher froh sein und es hätte den entgegengesetzten Effekt.
Überhaupt finde ich es sowieso ziemlich unsinnig, wenn man jemanden zu einer bestimmten Art Musik unbedingt zwingen will.

Am besten wäre es, wenn sich die Gesellschaft so weit verändert, dass jeder das hören kann, was ihm gefällt und wenn er möchte eben auch ein Instrument erlernen darf.

Es muss verschiedene Interessen geben dürfen, aber eben auch wirklich die Interessen und nicht den Gruppenzwang.
 
Pflichinstrumentalunterricht würde aber bedeuten, dass jedes Kind ein Instrument braucht. Die meisten Eltern würden im Falle von Klavierunterricht das billigste Keyboard kaufen, was es gibt und auch bei den anderen Instrumenten die kostengünstigsten Varianten nehmen.

Es gibt natürlich auch gute gebrauchte Instrumente. Man bedenke nur mal, wieviele Instrumente in Deutschland verstauben, weil die lieben Kleinen nach ein oder zwei Jahren keine Lust mehr hatten oder lieber Mathe pauken sollten. Da könnte man z.B. ansetzen (Spendenquittungen wirken oft Wunder). In den Schränken von Kirchen, Schulen und Gemeindezentren sammeln sich auch erstaunlich viele brauchbare Dinge an. Das Problem ist wohl eher die Bereitschaft, etwas in Bewegung zu setzen, das zu finanzieren und Leute zu finden, die dafür auch noch engagieren (z.B. die Musiklehrer, die mit dieser Betätigung bestimmt keine goldenen Nasen verdienen können).

Während meiner ersten vier Jahre Klavierunterricht habe ich übrigens auf einem fast schrottreifen Klavier geübt und es hat mich überhaupt nicht gestört. Und meine Billig-E-Gitarre war auch kein Hinderungsgrund, später in der Brassband der Schule mitzuspielen (ich war in einem altsprachlichen Gymnasium, wo das Einkommen der meisten Eltern ziemlich überdurchschnittlich war). Insgesamt mache ich jetzt seit fast 40 Jahren aktiv Musik, und das mit diesen Startbedingungen. Daran kann es einfach nicht liegen.

Vielleicht sollte man - in Anlehnung an Haydnspaß' Vorschlag - eine Musiklernsteuer einführen, und zwar streng einkommensabhängig. Die besser situierten Familien versuchen ja sowieso eher, ihren Kindern das beste angedeihen zu lassen, da geht uns also nicht viel verloren. Aber vermutlich müßte man das verfassungsrechtlich absichern, damit die Steuergelder nicht zweckfern eingesetzt werden. Eine Klavierstunde würde dann für ein Kind eines AG-Vorstandsvorsitzenden rund 300 Euro kosten (ein Klacks für den Vater), für einen Bauhilfsarbeiterkind aber nur noch 5 Euro, da subventioniert (ich weiß, das ist eine Milchmädchenrechnung aber ich wollte die Idee verdeutlichen). Und wer weiß, vielleicht ist eine schlechte Kindheit sogar gut für die Musikalität und wir erleben einen qualitativen Aufschwung in der Musik :D
Die Frage ist natürlich, welche Partei sich für eine solche Steuer einsetzen würde, denn sowas vergißt man in vier Jahren nicht!
 
Wie war das? Wie muss ein (klassischer Klaiver-) Abend aussehen, damit er für junge Leute, die evtl. mit Klassik nichts am Hut haben attraktiv ist?
Falls sich eben ein solcher Zeitgenosse tatsächlich in ein solches Konzert verirrt, vielleicht weil es eine Schulveranstaltung ist wo er sowieso hin muss, oder weil er von seinen Eltern dorthin abgeschleppt wird, oder weil Romeo ins Klassik-Konzert muss, weil seine Julia hin geht oder dort gar spielt? Was muss in diesem Konzert ablaufen, damit eben ein solcher Mensch es "cool" oder "geil" oder mindestens "gar nicht so schecht" findet?

Was meint Ihr, welche Komponisten und welche Stücke sollten dann gespielt werden? Bodenständige Wiener Klassik, kurze oder lange Stücke der Romantik, Sonaten mit ihren kurzen und langen Sätzen oder eher kurze Stücke (für die "Viva-Generation" in 3-Minuten-Häppchen)?
Man könnte einen Abschnitt im Konzert so gestalten, dass man die kurzen Stücke von Couperin nimmt und sich zu den Titeln jeweils eine kleine Story einfallen lässt.

Sollte es LisztAlbenizChopinSchumannGottschalkscher Tastendonner sein oder sind es eher die Nocturnes (trotz Tastendonner auch dort) für die ach so zarten Mädchenherzen, die doch zum Rock lautstark mitgrölen können?

Was sagen die Leute, wenn sie sich in ein Klassikkonzert "verirrt" haben?
Bin gespannt auf Eure diesbezüglichen Erfahrungen!
Konzertante Grüße!

Walter

Ich kann die Welt nicht verbessern, aber ich arbeite daran und ich lebe mit den Menschen die jetzt leben, nicht mit denen, die erst in 30 Jahren leben.
 
Also Wiener Klassik würde ich jetzt für die neuen Konzertbesucher nicht machen.
Meine Erfahrung ist, dass die Gleichaltrigen in der Regel lieber was "fetziges" oder was romantisches hören.
Also wie du es bereits sagst. Ein Gemisch aus Tastendonner und zarten Gefühlen. Dazu kann man noch ein paar nette Geschichten aus dem Leben des Komponisten erzählen (wobei die natürlich so gewählt sein sollten, dass es die Jugend nicht langweilt, also ruhig welche mit Witz die gut verständlich sind)

Mit solchen konzerten spricht man Alt und Jung an. Aber eher die Alten werden kommen. Weil die Jugend ja nichts von dem Konzert erfährt.

Vielleicht sind aber auch "Events" das richtige. Wir hatten hier bei uns in Fürth ein Klassik-Open-Air in einem neuen Park. Es war sehr gut besucht, mehrere Tausend Leute saßen auf der Parkwiese vor der Bühne auf Stühlen, Bänken oder Picknick-Decken. Gespielt hat ein orchester aus der Stadt, 2 Chöre sangen zusammen und mehrere Solisten sangen auch noch. Geboten wurde z.B. Stücke aus der zauberflöte, aus Carmen, aus la Traviata oder La Bohème. Ich bin da in erster Linie aus Familiären gründen hin (Großvater hatte die Leitung, Firmpatin war Solistin, Mutter sang im Chor) wäre aber auch so hin. Und es kamen auch viele aus meiner Schule, die ich niemals bei sowas erwartet hätte.
Also vielleicht kann man durch solche Großveranstaltungen, von denen die Jugend leichter erfährt als von einem kleinen Klavierabend, das Interesse an klassik wecken, so dass diese Jugendlichen dann auch andere Klassische Konzerte besuchen.
Leider ist sowas aber nur schwer zu organisieren. Aber wenn jemand irgendwie die Chance bekommt, rate ich dazu die Chance zu nutzen, weil sowas den Leuten ja anscheinend wirklich gefällt (weil es locker ist, kein starres sitzen auf Stühlen, sondern locker auf einer Decke liegen, nebenher einen Bissen Essen oder mit der Freundin anstoßen)


Ich denke das kein Jugendlicher in ein Klassisches konzert gehen wird, wenn er nicht eh shcon ein wenig Klassik-Interesse hat. Also vielleicht sollte man erstmal Interesse wecken, vll. mit Jugendlichen aus dem bekanntenkreis mal eine CD anhören oder ähnliches.



oli
 
Am besten wäre es, wenn sich die Gesellschaft so weit verändert, dass jeder das hören kann, was ihm gefällt und wenn er möchte eben auch ein Instrument erlernen darf.

Ich glaube, hier ist das Problem, dass das vielen Jugendlichen gar nicht klar ist, was ihnen wirklich gefällt. Meine Jugend ist nun zwar auch schon ein bisschen her, aber es ist doch im Allgemeinen so, dass in allen Fragen, die den persönlichen Geschmack bestimmen, ein gewisser Gruppenzwang herrscht, vor allem an den Schulen. "Man" hört Hip Hop, "man" trägt Diesel Jeans, "man" lässt sich am Wochenende volllaufen etc.

Man merkt sehr schnell, wenn man nicht dazu gehört. Ich war immer ein wenig der Outsider, denn ich stand dazu, dass ich gerne Klassik hörte (und Heavy Metal :rolleyes:). Viele möchten das nicht, sondern passen sich dem Trend an, ohne überhaupt eine Wahl zu haben, d.h. sie hören ausschließlich Hip Hop, weil alles andere per Definition uncool ist. Ein persönlicher Geschmack bildet sich also viel später aus, wenn überhaupt. Viele Menschen sind Mitläufer - man muss also eher das Kunststück vollbringen, den Ruf der Klassik von uncool zu hip und trendy zu ändern - eventuell mit Open-Air Veranstaltungen wie Amfortas vorgeschlagen hat.

Meine persönliche Meinung ist, dass das bei Mädchen/Frauen leichter ist - den Männern (ich Nestbeschmutzer!) steht ihr Machismo im Weg: "Was nicht laut und fetzig ist, ist für Weicheier".
 
Meine Idee ist ja, einfach in geeigneten Lokalen zu spielen, wo Jugendliche sowieso hinkommen um sich zu treffen etc. Einschlägige Musikkneipen mit Musikprogramm sind ungeeignet. Dort spielt man einfach eine Weile klassische Musik, geht vielleicht mit einem Spendenbehälter rum und steht den Leuten Rede und Antwort, wenn sie wissen wollen, was man da spielt. Auf die Frage, ob man auch etwas fetziges spielen kann, würde ich in etwa antworten "tut mir leid, Klassik kann zwar auch fetzig sein, aber nicht so wie Sie/Du (passend auswählen) das erwarten würden/st". Wenn die Leute pfeifen und buhen, hat man Pech gehabt aber ich glaube nicht, daß das so schnell passiert, es sei denn, man hat sich wirklich in das falsche Lokal verirrt, aber dann wäre es schon erstaunlich, wenn dort überhaupt ein Klavier stünde, geschweige denn, daß der Wirt einen überhaupt spielen lassen würde. Man muß natürlich damit rechnen, wie Hintergrundmusik behandelt zu werden, kein Applaus, es wird geredet, gegessen, getrunken und so weiter, als ob ein Band liefe.

Hinsichtlich Musikauswahl würde ich nicht groß nachdenken, lieber ein rundes abwechslungsreiches Programm zusammenstellen, das einem selbst gefällt, das kann man nämlich am besten "verkaufen".

Ich glaube, wenn man ein Lokal einmal pro Monat so "behandelt", hat man nichts zu befürchen, außer daß man vielleicht gefragt wird, wo man sonst noch so spielt. Man muß natürlich den Wirt auf seiner Seite haben und darf nicht mit großen Gagen rechnen.

Das klingt viellicht ziemlich blauäugig, aber ich habe festgestellt, daß man mit Blauäugigkeit enorm viel erreichen kann :D

Der Trick bei dieser Idee ist, daß man keinem was vorschreibt, die Leute merken aber, daß klassische Musik nicht störend oder unangenehm sein muß. Und wen die Musik erreicht, der ist schon gewonnen, auch wenn er nicht gleich losgeht, sich CDs zu kaufen.
 
Träum' weiter! Die Realität in NRW (und wahrscheinlich auch in den anderen Bundesländern) sieht so aus:...
Ich träume nicht mal davon, denn diese Gesellschaft hat viel dringlichere Probleme, als niedrige Akzeptanz der klassischen Musik.
Natürlich ist meine Vision eine Utopie, und Deine Beschreibung des Istzustandes leider wahr. Ich habe nur versucht, es als eine logische Übung anzugehen und an den Wurzeln anzupacken.
 
Ich habe mir jetzt nicht alle Posts vor mir durchgelesen, schreibe aber trotzdem was:
Ich denke, dass man junge Leute in Klassikkonzerte (freiwillig :D ) bringen kann: Doch das Interesse für Klassik zu wecken muss in der SChule beginnen: Bei uns in Sachsen sieht Musikunterricht (Gymmi) so aus: Der Lehrer steht vorn, am Anfang werden 1 oder 2 leichte Volksliedchen aus dem 19./20. Jh. dahingeträllert, anschließend wird Frontaluntrricht gemacht: Der Lehrer steht vorne und diktiert etwas über die zu behandelnde Epoche, wenn man Glück hat, hört man ein einminütiges Hörbeispiel von einem Werk, dass man sowieso kennt, weil es immer in der WErbung etc. kommt.
Und nach 4 oder 5 Unterrichtsstunden wird das dann abgefragt: Musiktheoriteil: Die noten werden angesagt und man muss sie aufschreiben, danach (Taktstriche werden auch mit gesagt) Taktart und Tonart aufschreiben (oder erraten ;) )
Teil der anderen Theorie: Aufgaben wie "Schreiben die 5 Komponisten und Dichter der Klassik auf, mit jeweils einem Werk dazu " weswegen über die Hälfte der Klasse stöhnt, da sie das nicht gelernt haben (und so auch nicht wissen) Anschließend noch 5 Definitionsabfragen und eine Komplexaufgabe (Sowas wie "Erläutern sie Widersprüche des gesellschaftlichen Lebens und gehen sie darauf ein, wie diese in der KLassik von den Künstlern verarbeitet wurden")

Wie soll da die Lust an der KLassik geweckt werden? Also erstmal muss KLassik genau so behandelt werden, wie alles andere auch, also auch Rock/Pop metal u. a. in den Musikuntericht gebracht werden, das ist schließlich auch Musik (Auch wenn mans nicht immer merkt) Wenn Klassik nicht mehr so eine verstaubte Sonderstellung hat, dann kann ich mir vorstellen, dass sich immer mehr Jugendliche dafür interessieren.
Auch muss der Unterricht Praxisbezogener werden. Ich komme mal wieder mit Finnland, wo eine Freundin von mir zur Zeit ist: Dort kann im Musikunterricht E-Gitarre, Schlagzeug, aber auch Klavier und andere "klassische" instr. ausprobiert werden, hier kommt man höchstens noch auf KLanghölzer.
So wird Musik zu was kreativem, was Spaß macht, worauf man stolz sein kann. Und nicht zu nem Fach wo man die Lebensdaten Mozarts an einem Vormittag eingehämmert bekommt.

Ich denke, dass nur so das Interesse an der KLassik geweckt werden kann.
 
Wenn Klassik nicht mehr so eine verstaubte Sonderstellung hat, dann kann ich mir vorstellen, dass sich immer mehr Jugendliche dafür interessieren
Das kann man einfach nicht oft genug sagen.

Warte es nur ab, die werden auch noch abgeschafft - Schadstoffbelastungen, tropischer Regenwald oder Waffengesetz...

Aber wer hätte denn noch Ideen für kind- bzw. jugendgerechte Konzerte? Meine werden ja nicht aufgegriffen.
 

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