Das "Gedankenkostüm" beim Spielen und Üben...

Für mein Spielen und Üben gilt:


  • Umfrageteilnehmer
    14
Hallo Dreiklang,

auch hier kann ich gut nachempfinden, was du schreibst.

Ich meine allerdings, es ist weitaus einfacher, als eben "gedacht wird". Dies wird zum Großteil negiert. Gedanken, wie :wie kann ich das so schnell, überhaupt, wenn ich was falsch mache, perfekt muß es sein, usw. usf. Der übrige Körper, insbesondere die Sinne werden oft abgetrennt vom Kopf, als bloßes ausführendes Anhängsel betrachtet. Als Produkt der "eigenen" Kopfarbeit, anstatt ein organismisches natürliches Ganzes darin zu sehen, und es als solches zu empfinden, ein solches zu sein.

Du meinst, wenn ich es richtig verstanden habe, daß man sich selbst, und seinen Körper, als eine "musikproduzierende Einheit" sehen und empfinden sollte - gekrönt vom "Bewußtsein", welches alles "dirigiert". Sehe ich das richtig? So sehe und empfinde ich mich auch am Instrument.

Andere gehen noch weiter, und beziehen auch das Instrument in diese Einheit innerlich mit ein. Sogar die Konzerthalle mit ihrer Akustik, sogar den Zuhörer, der im entferntesten Winkel die Musik noch gut hören können soll.

Anstatt Trockenübungen - Beschäftigung mit dem Wie und Warum, dem sich nicht zutrauen, dem Zwischenfunken usw. elendslange Beschäftigung mit der Musik Theorie, Bewegungstheorie der Hände usw zu machen - , gehe man - langsam - ins Wasser und lerne dort schwimmen.

Ich finde das farbig hervorgehobene sehr schön ausgedrückt! Besonders gefällt mir das Wort "langsam", und ich glaube, es steht nicht zufällig dort. In der Langsamkeit sehe ich Gründlichkeit, nichts wichtiges übersehen oder überspringen. Denn man baut eine Art Fundament, auf dem alles spätere stehen muß.

Viel mit Theorie zu arbeiten, das habe ich bisher nicht gemacht, aber man kann lesen, daß Schüler und Lehrer das tun. Ich habe mir noch nie einen Bewegungstipp irgendwo geholt - bisher brauchte ich das nicht. Finger, Handgelenk, Arm, Körper - all das findet mit meiner Metronommethode zu effizienten, mir individuell perfekt angepaßten Bewegungen. Ich bringe den Körper selbst dazu, den Weg zu finden, wie es für ihn am besten geht... und der macht das, und bisher klappt das gut.

Und ich denke, in diesem Sinne handelt es sich bei der Konzentration beim Klavierspiel (wie auch sonst, wenn gesund) nicht um "hochkonzentrierte Arbeit", egal wie schwierig ein Stück ist, sondern um die mühelose weil faszinierende und mit neugieriger Energie gefüllte Hinwendung - einer Sache, zu seiner Zeit.
Bei mir zb ist diese Sache beim Spielen der Klang.
Vornehmlich bin ich während des Übens und Spieles somit ganz Ohr und ganz Tastsinn.

Du hast damit Deine eigene Art der Konzentration gefunden. Mit dem, was ich als "mühelose Hinwendung" bezeichnen würde, bin ich allerdings bei der Campanella bald nicht mehr weitergekommen. Begeisterung, neue Übetechniken und Konzentration hart an der Grenze zur "Arbeit", das hat mir die letzten weiteren Fortschritte beschert ;)

Viele Grüße!
Dreiklang
 
Du meinst, wenn ich es richtig verstanden habe, daß man sich selbst, und seinen Körper, als eine "musikproduzierende Einheit" sehen und empfinden sollte - gekrönt vom "Bewußtsein", welches alles "dirigiert". Sehe ich das richtig? So sehe und empfinde ich mich auch am Instrument.

Andere gehen noch weiter, und beziehen auch das Instrument in diese Einheit innerlich mit ein. Sogar die Konzerthalle mit ihrer Akustik, sogar den Zuhörer, der im entferntesten Winkel die Musik noch gut hören können soll.

Hallo Dreiklang,

Mein Empfinden ist vielleicht nicht so leicht erklärbar.

Durch das Instrument: der Klang der ertönt, berührt mich, ich werde durch ihn berührt, und ich berühre ihn. Im Moment. Das ist kein Ichempfinden in mir drinnen allein und auch nicht dass das Andere nur aussen ist, sondern ist das eine Grenzberührung.
Ein Kontakt, ein kontakthaftes Erleben.
Von mir als Organismus im Umweltfeld. Im Moment des Kontaktes, in diesem Fall zb, ich und der Klang.
Also nicht das Bewusstsein von mir in mir drinnen und als solches ein Dirigent, das Bewusstsein, das führt, sondern das Selbst, also ich, ist im Moment des Spielens (und auch sonst) ein gefühlter und bestehender Kontakt mit...

Ich berühre die Tasten, das Instrument, bin in Interaktion mit Schallwellen, die mein Ohr berühren, dem Klang. Vor diesem mein Ohr berührendes Außen, dem Klang, empfinde ich einen solchen wunderbaren Respekt im Moment des Berührtwerdens.., den ich mir nicht aufdirigiere von innen sondern der durch das Berühren mit ihm -dem Außen - entsteht usw.

Ein Zusammenspiel also nicht bloss des Organismus oder in mir als Organismus, sondern von mir Organismus im momentanen Umweltfeld, das im Moment der Aufmerksamkeit für mich herrscht, das bin ich zb mit den Sinnen, dem Denken, dem Berühren UND dem Berührtwerden von aussen, im jeweiligen Moment wandelbar; hier vom Klang, der von aussen kommt und mich berührt und durch das Berührtwerden des Klanges werde ich wieder angetrieben (durch natürliche Emotion) weiter zu berühren usw. (und umgekehrt, wenn ich nur denke, abstrakt dann bin ich drinnen im Denken und kapsle ab, die Berührung wird weniger usw. die wichtigsten Interaktionen atmen, essen zb. gehen weiter ...)

Ich werde nicht nur berührt vom Wunsch Klang zu erzeugen, sondern der Klang ist es ebenfalls der den Wunsch weitertreibt.
Ein Organismus im Umweltfeld. Ein gefühlter, lebhafter Kontakt an der Grenze. Eine Interaktion zwischen Organismus und Feld.
Wie das Feld beschaffen ist, was hineingezogen wird und hineinzieht wird meines Erachtens von der Dringlichkeit, der Sehnsucht, Wünsche, Sympathie, Antipathie usw. bestimmt. Bin ich unter Wasser und bekomme schwer Luft zieht es mich nach oben, "brauche" ich die Luft, dort herrscht dann Interaktion ich atme wieder, bin ich hungrig, sehe ich Essen vor mir, und mich zieht es in Richtung Essen; will ich einen dringenden Brief aufgeben, sehe ich plötzlich die Briefkästen, zuvor waren sie keine Gestalt. Ein Mensch der nahrhaft spricht zieht mich an usw.

Beim Klavierspiel eine Zuhörerschaft zb. die weit hinten etwas hören soll, ist bei mir nicht einbezogen, weil hier keine Dringlichkeit, kein Wunsch usw. besteht, was sich vielleicht mit der Zeit durchaus ändern kann und diese dann in mein Umweltfeld (Aufmerksamkeit) hineingezogen wird und diese (Zuhörerschaft) mich hineinzieht.

Liebe Grüße
Stanzi
 
Hallo Dreiklang,

Mein Empfinden ist vielleicht nicht so leicht erklärbar. ... (...)

Liebe Grüße
Stanzi

Liebe Stanzi,

ich finde, Du hast das alles wirklich wunderbar geschrieben und beschrieben...!

Es spricht aus Deinen Beschreibungen ein solcher Respekt, eine solche Vorsichtigkeit, eine solche Empfindsamkeit beim aktiven Musizieren, bei der Tätigkeit am und mit dem Instrument...

Dein Text ist beim ersten Durchlesen nicht leicht zu verstehen, aber man kann ihn verstehen, wenn man sorgfältig liest, und es lohnt sich, finde ich. Es lohnt sich absolut.

Worte wie "Geschwindigkeit", Fehlerfreiheit, Technik fehlen in Deinem Text vollkommen - und es ist so angenehm, Musizieren einmal wieder so zu betrachten! Für mich zumindest.

Eine Erfahrung, die in diese Richtung geht, habe ich, wenn ich die Mondscheinsonate erster Satz langsam spiele, und versuche, ein bestimmtes inneres Bild mit dem Spiel auszudrücken, welches ich mir zu diesem Stück geschaffen habe. Ich kann die Augen beim Spielen streckenweise geschlossen halten, und sehe nur dieses Bild (d.h. eigentlich ist es eine kleine Szene), und diese Interaktion ist dann da, ich lasse mich berühren, und ich versuche mich selbst durch mein eigenes Spiel über diese Szene zu berühren. Und es gelingt, emotional... sogar sehr stark.

--

Diese Dinge klappen allerdings nur bei Stücken, die ich technisch vollkommen beherrsche und mit denen ich mich vollkommen bis in jede Einzelheit vertraut gemacht habe. Rolf hatte das mal als "inwendig kennen" bezeichnet (als Abgrenzung zum "auswendig können"). Auch etwas worüber es sich m.E. nachzudenken lohnt.

Viele Grüße!
Dreiklang
 
So, habe jetzt mal angekreuzt, dass ich NICHT mit Gefühl spiele, weil ich Gefühle ERZEUGE. Also, ich klopfe den Notentext auf die möglichen Gefühlsebenen ab, die darin abgebildet oder versteckt sind und dann versuche ich diese Gefühle darzustellen. Dabei lasse ich mich innerlich NICHT selbst auf diese Gefühle ein sondern bleibe "kalt" (so nennt man das in der Fachsprache). Durch diese Neutralität kann ich den Prozess der Gefühlsumsetzung erst wirklich steuern! Würde ich mich von den Gefühlen berauschen lassen, so würde ich mich wegrauschen, wegtragen lassen und nicht mehr künstlerisch die Prozesse selbst bestimmen können.

Beim endgültigen Spielen selbst bin ich völlig nonverbal, beim Einstudieren allerdings analysiere ich die ganze Zeit und benutze dabei auch die verbale Technik, die Seymour Bernstein in seinem Buch "Mit eigenen Händen" sehr schön beschreibt.
 
So, habe jetzt mal angekreuzt, dass ich NICHT mit Gefühl spiele, weil ich Gefühle ERZEUGE. Also, ich klopfe den Notentext auf die möglichen Gefühlsebenen ab, die darin abgebildet oder versteckt sind und dann versuche ich diese Gefühle darzustellen.

Hallo Viola,

ich finde das gut. Ich denke ebenfalls, daß die Hauptaufgabe der Musik ist, Gefühle, Emotionen anzusprechen. Vom dem her ist der Ansatz gut, nach diesen Gefühlen in der Musik zu suchen, und sie dann zu transportieren versuchen.

Eine gute Grundlage für dieses Transportieren erreiche ich, wenn ich mir ein inneres Bild, eine passende Szene, erschaffe und diese mir dann beim Spielen des Stückes bildlich vorstelle.

Dabei lasse ich mich innerlich NICHT selbst auf diese Gefühle ein sondern bleibe "kalt" (so nennt man das in der Fachsprache)

ich denke, ich lasse mich zu einem gewissen Grad auf diese Gefühle ein. Aber ich lasse mich nicht direkt davon "wegspülen".

Beim endgültigen Spielen selbst bin ich völlig nonverbal

vermutlich ist das auch besser. Vielleicht ist in Bildern denken auch gut.

Schönen Gruß,
Dreiklang
 
Ich finde es schwierig, mich bei der Abstimmung auf nur eine Deiner Vorgaben festzulegen. Je nachdem, was ich übe, oder auch mit welchem Ziel ich spiele, habe ich null bis unterschiedliche "bewußte" Gedanken. Das Üben/Spielen ist, wenn ich mich richtig darauf konzentriere, tatsächlich richtig Arbeit und Anstrengung. Und je konzentrierter ich dabei sein kann, desto effektiver ist auch das Üben. Allerdings gehört auch eine gewisse Vor-oder Grundentspannung dazu, und die geht auch leider nicht immer auf "Befehl". Oft kommt die Entspannung auch erst während des Spielens.

Klimpertante
 
Liebe Klimpertante,

Ich finde es schwierig, mich bei der Abstimmung auf nur eine Deiner Vorgaben festzulegen. Je nachdem, was ich übe, oder auch mit welchem Ziel ich spiele, habe ich null bis unterschiedliche "bewußte" Gedanken.

Das kann gut möglich sein, aus meiner Erfahrung heraus... ich schilderte meine Erfahrungen hier ausschließlich betreffs des Übens eines Stückes (bzw. Abschnittes), das ich bereits auswendig kann - wo es um Geschwindigkeitssteigerung, bei gleichzeitiger Verspielfehlerfreiheit und Realisierung von schönem musikalischem Ausdruck geht

Das Üben/Spielen ist, wenn ich mich richtig darauf konzentriere, tatsächlich richtig Arbeit und Anstrengung. Und je konzentrierter ich dabei sein kann, desto effektiver ist auch das Üben. Allerdings gehört auch eine gewisse Vor-oder Grundentspannung dazu, und die geht auch leider nicht immer auf "Befehl". Oft kommt die Entspannung auch erst während des Spielens.

Du sprichst eine seltsame Dualität an, die mir gerade kürzlich auch bewußt geworden ist: vielleicht muß es tatsächlich so etwas wie eine Balance zwischen Konzentration bzw. Aufmerksamkeit UND Entspannung beim Üben geben. Mit extremer Konzentration 10 oder 12 Stunden täglich zu üben, ich unterstelle das einfach, das schafft niemand. So arbeitet wohl auch sonst niemand im Beruf. Mit einer hohen, angemessenen Konzentration: das schon viel eher. Vielleicht auch in Phasen: mal höher, mal weniger hoch.

Ich vermute, daß ein gewisser Grad an Entspannung, körperlicher sowieso, aber auch geistiger Natur, zum erfolgreichen Üben immer irgendwie dazuzugehören.

An eines sollte man auch immer denken: später, wenn man sein Stück spielen kann und sein Ziel erreicht hat, fällt einem das Spielen leicht - und letztlich am besten spielt man, wenn man entspannt sein kann und entspannt ist.

Vielleicht ist es sehr sinnvoll, diesen gewissen Grad der Entspannung auch schon in sein Üben zu integrieren.

Ich meine damit: man übt hauptsächlich in einem ähnlichen Aufmerksamkeits/Entspannungszustand, den man auch später beim Spielen selbst hat.

Vorteil: ich trainiere gleich diesen inneren Zustand mit. Das alles wäre wohl eine Überlegung wert. Denn eines habe ich schon bemerkt: ;);)

Wenn ich mit meiner "Brecheisenmethode" übe (ich meine so wie ich es eingangs in der Einleitung beschrieben habe), und dann versuche zu spielen, dann - klappt es viel zu schlecht.
Das habe ich kürzlich festgestellt (ich hatte u.a. mein eigenes Spiel nämlich jetzt mal mehrfach aufgenommen und abgehört!).

Viele Grüße,
Dreiklang
 
Und ich denke, in diesem Sinne handelt es sich bei der Konzentration beim Klavierspiel (...) nicht um "hochkonzentrierte Arbeit", egal wie schwierig ein Stück ist, sondern um die mühelose weil faszinierende und mit neugieriger Energie gefüllte Hinwendung - einer Sache, zu seiner Zeit.
Bei mir zb ist diese Sache beim Spielen der Klang.
Vornehmlich bin ich während des Übens und Spieles somit ganz Ohr und ganz Tastsinn.

Liebe Stanzi,

fast genau das von mir markierte - durfte ich jetzt tatsächlich er-fahren! Ich bestand kopfmäßig fast nur noch aus dem Klang, dem Tastsinn und dieser Hinwendung (wenn ich das Glück hatte, die Augen zumachen zu können bei einem Stück. Es waren übrigens andere Übestücke, nicht die Mondscheinsonate erster Satz).

Wie habe ich das geschafft? Nun, ich habe mir jetzt eine ganz andere neue Übemethode entwickelt als die "Brecheisenmethode". Diese neue Methode geht ohne Metronom, das Üben geht sehr, eigentlich sogar: beliebig, langsam, de facto so langsam wie man es haben will und möchte. Aber es ist nicht nur einfach langsam spielen, sondern es gibt noch einige entscheidende Besonderheiten und Spezialitäten dabei. Ich werde darüber wohl noch berichten.

Jedenfalls: das was Du beschreibst, das habe ich jetzt begriffen: das kann man fast nicht durch Erklärungen verstehen, sondern man muß es: selbst erleben.

Erst dann spürt man, wie mächtig dieses Gefühl ist, und wie schön es einen lenkt (und man merkt auch, welch schönes Klangergebnis es hat).

Und noch ein letztes: Du hast geschrieben "während des Übens und Spieles" - Du setzt also beides praktisch gleich - was einige meiner Überlegungen im vorigen Post untermauern würde. ;)

Viele Grüße,
Dreiklang

P.s. und nochmals vielen Dank für Deine Posts in meinem Faden!
 
Lieber Dreiklang,

auch jetzt kann ich Dich sehr gut verstehen.
;)

Und ich freue mich mit Dir,
von Herzen.

Liebe Grüße
Stanzi
 
Kommt darauf an in welchem Stadium sich das Stück befindet.
Anfangs lasse ich der Interpretation und meinen Gedanken zu dem Stück eher freien Lauf und spiele nach Gefühl. Erst wenn das Stück wirklich sitzt, auf Tempo ist und ich grob die Dynamik und die Klangfarben im Kopf habe beginne ich mir ernsthaft Gedanken über die Interpretation zu machen und wirklich einen "Spielplan" für das Stück zu erstellen.
Trotzdem entscheide ich manchmal kurzfristig mitten beim Spielen in einem Konzert etwas neues auszuprobieren, das kommt durchaus mal vor. ^^
Mir geht es nicht nach fehlerfrei spielen, mir geht es um die Interpretation des Stücks, die dynamischen Kontraste, Klangfarben usw.

Fehlerfrei spielen steht bei mir erst an 2. Stelle. Aber um fehlerfrei zu spielen braucht man einfach nur eine wahnsinnige Konzentration und die technische Sicherheit im Stück und das kann man trainieren durch intensives üben einzelner Abschnitte.

LG
 
Anfangs lasse ich der Interpretation und meinen Gedanken zu dem Stück eher freien Lauf und spiele nach Gefühl. Erst wenn das Stück wirklich sitzt, auf Tempo ist und ich grob die Dynamik und die Klangfarben im Kopf habe beginne ich mir ernsthaft Gedanken über die Interpretation zu machen und wirklich einen "Spielplan" für das Stück zu erstellen.

Liebe pianolove,

diese sehr zwanglose Herangehensweise ist mir persönlich sehr sympathisch, und im Grunde mache ich es auch sehr ähnlich (nur daß ich auf das Level "Interpretation" natürlich nicht... - nun ja, Du wirst schon wissen was ich sagen will :D).

Mir geht es nicht nach fehlerfrei spielen, mir geht es um die Interpretation des Stücks, die dynamischen Kontraste, Klangfarben usw. Fehlerfrei spielen steht bei mir erst an 2. Stelle

Als Hobbyspieler mit gewissen Vorstellungen vom Klavierspiel (das mit den "gewissen Vorstellungen" ist bei mir noch gar nicht so lange her) tut man sich oft schwer, solche Sätze zu verstehen oder zu be-greifen.
Es ist aber tatsächlich so. Wenn man am eigenen Spiel einmal erfahren hat, wie ungeheuer wichtig und mächtig die Vermittlung eines schönen und konsistenten, fehltrittfreien "Bildes" beim Spielen eines Stückes ist (man könnte das auch umschreiben mit: eine gelungene Interpretation) - - dann weiß und erfährt man auf einmal, daß Verspielfehler sogar möglicherweise fast bedeutungslos werden können.
Trotzdem gehören die - halbwegs leicht hörbaren - Verspielfehler natürlich schon nach Möglichkeit weg.

Aber um fehlerfrei zu spielen braucht man einfach nur eine wahnsinnige Konzentration und die technische Sicherheit im Stück und das kann man trainieren durch intensives üben einzelner Abschnitte.

Dazu kann ich Dir leider nichts wirklich hilfreiches kommentieren... vielleicht wird aus einer, wie Du schreibst, "wahnsinnigen Konzentration" ja mit wachsender Erfahrung, mit dem inwendig Können des Stückes, einmal eine nur "recht hohe" Konzentration notwendig - wenn es Dich interessiert, versuche vielleicht den Austausch mit erfahrenen Konzertpianisten/innen zu finden.

Schöne Grüße!
Dreiklang

P.S. "inwendig Können" meint einen Grad der Vertrautheit mit einem Stück, der unheimlich weit und sehr sehr tief geht. Man ist darin schon blind zu hause, man könnte mühelos darin "leben", so in etwa. Also alles in allem sehr viel mehr als z.B. bloß "ein Stück auswendig können".
Zumindest habe ich diesen Begriff so verstanden.
 

Ein Zitat von Mstislaw Rostropowitsch:
Man muss aus Liebe zur Musik spielen. Wichtiger als die perfekte Technnik ist, dass das Musizieren von Herzen kommt.

Das übersetzt genau das, was ich gemeint hatte. Es kommt mehr auf die Musik an, als auf das fehlerfreie perfekte Spiel.
Natürlich sollte man sich z.B. bei Mozart keinen Fehltritt erlauben, den würde jeder hören. Aber wenn man sich darauf versteift "Ich darf jetzt keinen Fehler machen", ist das dann noch wirklich gut? Meistens macht man dann sowieso noch mehr Fehler (zumindest aus meienr Erfahrung ^^) und die Musik ist weg...
 
Ein Zitat von Mstislaw Rostropowitsch:
Man muss aus Liebe zur Musik spielen. Wichtiger als die perfekte Technnik ist, dass das Musizieren von Herzen kommt.

Ja, ich pflichte Dir bei: von Herzen, von innen heraus. Allerdings (ich weiß nicht ob Du das auch so nachspüren kannst) könnte der Satz, so wie er da steht, für mich fast die Technik ein wenig herabwerten. Wäre ich Rostropowitsch gewesen, dann hätte ich wahrscheinlich formuliert: "wichtiger als technisch perfektes Spiel ist, daß..."
Denn die liebe gute alte Technik (seit Chopin/Liszt: "allen manuellen Anforderungen geschmeidig gewachsen sein"), sie ist schon ein unverzichtbarer Teil des schönen Klavierspiels. Ein anderes passendes Zitat: "die überwundene Schwierigkeit wird zu Schönheit" (Saint-Saens) - auch ein schönes Wort, aber auch dieses bräuchte wohl der Vollständigkeit halber den Nachsatz "Für die endgültige Schönheit muß man allerdings noch einiges mehr tun, als die technischen Hürden zu überwinden, nämlich: die eigene Musikalität einsetzen". Aber das sind natürlich alles verbale Haarspaltereien :). Man weiß und versteht, wie es gemeint ist, und ich mag diese Zitate auch sehr gerne.

Aber wenn man sich darauf versteift "Ich darf jetzt keinen Fehler machen", ist das dann noch wirklich gut? Meistens macht man dann sowieso noch mehr Fehler

Ich bin bereits wieder von meiner eingangs beschriebenen Übemethode ("Brechstangen-Methode") weggekommen, und habe sie eingemottet, weil ich eine viel schönere dieser Tage entdeckt habe. Deswegen starte ich solche Fäden auch: ich will den Austausch, will herausfinden, ob das, was ich denke, anderen helfen kann, und richtig ist, oder ob ich auf dem Holzweg bin.
Es kann seltene Fälle geben, wo auch mal ein Konzertpianist mit laufendem Metronom übt, beispielsweise wenn er eine schnelle schwere Oktavpassage auf Tempo bringen will.

Viele Grüße!
Dreiklang
 
Es klingt so, aber ich glaube nicht, dass Rostropowitsch die Technik abwerten wollte.

Die Technik ist die Basis der Musik, ohne die technische Beherrschung des Stückes kann man ja auch keine Musik machen, oder nur vermindert.
Technik ist etwas, was man zum Klavierspielen benötigt, aber nicht unbedingt zeigen sollte, finde ich. Also ich meine damit, dass...die Technik niemals bei einem noch so technisch anspruchsvollem Stück im Vordergrund stehen darf, für mich muss das immer Nebensache bleiben. Schnell wirkt man sonst wie ein perfekter "Spielautomat"
(Weißt du was ich meine? Ich konnte das jetzt glaube ich nicht so gut in Worte fassen...)

Bei einem Konzert zum Beispiel ist glaub ich die größte Angst ( wenn man eine hat ;)) dass man etwas falsch spielt. Aber ich denke nicht, dass das sehr schlimm ist. Die Menschen sind ja zum zuhören gekommen, weil sie Musik eines Pianisten hören wollen und nicht von einem perfektem Spielautomaten.
Daher würde ich immer die Musik in den Vordergrund stellen :)

Schönes Zitat auch noch von Maurice Chevalier (im Bezug auf im Konzert einen Fehler machen): Man muss gut beginnen und gut aufhören, was dazwischen geschieht ist nicht so wichtig, da hört niemand zu.

Zum üben mit Metronom: Ich finde das Üben mit Metronom eine wichtige Sache, weil man so das Tempo stabiliseren kann und einzelne Passagen auf Tempo bringen kann und das Stück auch in verschiedenen Tempi richtig üben kann :)

LG

:D
 
Also ich meine damit, dass...die Technik niemals bei einem noch so technisch anspruchsvollem Stück im Vordergrund stehen darf

Versuche die Technik als das zu sehen, was sie ist: notwendige Voraussetzung, um das Stück umzusetzen. Vermeide einen Satz wie den obigen - denn Technik kann genaugenommen nicht im Vordergrund stehen, außer wenn sie fehlt ;)
Du verstehst sicher, was ich meine.

Alles andere ist Sache von Interpretation bzw. Gestaltung. Besser ausgedrückt wäre: man darf keine technisch-mechanische Spielweise haben. Eine solche kann man sich durch falsches Üben angewöhnen, beispielsweise nichts anderes als Etüden stur mechanisch rauf und runter üben (und manch ein KL (Klavierlehrer) muß dann erst mal bei einem neuen Schüler einen solchen Schaden beheben).

Bei einem Konzert zum Beispiel ist glaub ich die größte Angst ( wenn man eine hat ) dass man etwas falsch spielt. Aber ich denke nicht, dass das sehr schlimm ist. Die Menschen sind ja zum zuhören gekommen, weil sie Musik eines Pianisten hören wollen und nicht von einem perfektem Spielautomaten.
Daher würde ich immer die Musik in den Vordergrund stellen

Wieder Vorsicht mit den kleinen verbalen Fallstricken ;) Du meinst mit "falsch spielt" sicher das, was "Verspielfehler" meint (ein falscher Ton). Das Wort "Fehler" kann immer auch auf einen Fehler hinsichtlich der musikalischen Gestaltung bezogen werden, und nicht wenige hier sind auch der Ansicht, daß dies die einzigen wirklichen Fehler sind. So wie Du offenbar auch. Ich versuche immer von "Verspielfehlern" zu sprechen, wenn ich auch diese meine.

Wenn Du sagst "Daher würde ich immer die Musik in den Vordergrund stellen", dann finde ich das eigentlich eine prima Methode, die Angst vor Verspielfehlern kleiner zu bekommen.

Man muss gut beginnen und gut aufhören, was dazwischen geschieht ist nicht so wichtig, da hört niemand zu.

Das ist witzig...! Mir fällt auch etwas ein, aus dem Film "Amadeus": "Sie überschätzen unsere Wiener, mein lieber Freund. Die brauchen am Ende der Arie den Knalleffekt - peng - damit sie auch wissen, wann sie zu klatschen haben" ;)

Zum üben mit Metronom: Ich finde das Üben mit Metronom eine wichtige Sache, weil man so das Tempo stabilisieren kann und einzelne Passagen auf Tempo bringen kann und das Stück auch in verschiedenen Tempi richtig üben kann

Ich habe immer Probleme mit stabilem Langsamüben gehabt. Jetzt nicht mehr, dazu mache ich noch einen Faden. Das Stück in verschiedenen Tempi üben, geht mit dieser neuen Methode auch. Für den Zweck "einzelne Passage auf Tempo bringen" könnte ich mir nach wie vor vorstellen, daß das Metronom helfen könnte, aber... generell wird das Metronom nicht als "Allheilmittel" von vielen hier im Forum gesehen, die es besonders gut wissen (müssen bzw. müssten ;))

Viele Grüße!
Dreiklang
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Ihr,

Ich habe immer Probleme mit stabilem Langsamüben gehabt. Jetzt nicht mehr, dazu mache ich noch einen Faden.

ich verlinke mal zu diesem Faden, wo ich meine neue bzw. andere Übemethode beschrieben habe. Es ist dieser hier:

https://www.clavio.de/forum/klavierspielen-klavierueben/14607-wirkungsvoll-langsam-klavierueben.html

Diese andere Methode habe ich "Imaginiertes Üben" genannt. Es gibt auch eine Methode, die auf das Spielen übertragen ist, auf die ich früher gekommen bin:

"Imaginiertes Spielen"

Summa summarum heißt das aber nicht, daß ich die "Brecheisenmethode", oder ich nenne es von nun an kurz und bündig "das Brecheisen" :D:D:D:D, für schlecht heißen würde. Vielleicht, wie der Name schon sagt: als "Brecheisen" für Stellen mit schwierigen manuellen Anforderungen (wie etwa presto/ff Oktav-Passagen u.ä.). Mehr weiß ich nicht, aber das Metronom hat beim Klavierspielen auf jeden Fall seine Berechtigung. Welche Bedeutung es in der alltäglichen Übepraxis haben sollte, dazu bin ich unschlüssig, und kann und will daher keine Aussagen treffen.

LG,
Dreiklang
 

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