Austausch der Hobby-Jazzpianisten

Hallo @Kojote, herzlich willkommen im Forum.

Meine Empfehlung für das Erlernen des Jazz-Piano-Spiels: Nimm Unterricht. Ich nehme seit ein paar Monaten in unregelmäßigen Abständen Jazzpiano-Unterricht, und das ist das Sinnvollste, was ich tun kann, weil das vollkommen eigenständige Erarbeiten der wirklich anspruchsvollen Materie nicht zielführend ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Und ich bin schon jemand, der in der (klassischen) Harmonielehre ganz gut bewandert ist.

Also mein Tipp: Nimm guten Unterricht. Einen YouTube-Kanal für Jazzpiano-Spiel kann ich dir aber empfehlen, und zwar diesen:

Man muss hier allerdings etwas stöbern, um das zu finden, was einen gerade aktuell weiterführt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehr empfehlen kann ich Burbat - die Harmonik des Jazz.
Das hat mich damals als klassischem Klavierspieler sehr vorangebracht. Ich hatte allerdings schon nen Plan von "klassischer" Harmonielehre.

Und speziell fürs Klavier das Jazz Piano Book von Mark Levine.

Ich habe sehr viel mir selbst beigebracht. Allerdings denke ich inzwischen auch, dass es mit dem richtigen Lehrer Faktor 3 schneller geht.
Trotzdem muss man sich selbst auch noch mit Theorie beschäftigen und der Umsetzung aufs Klavier. Ist nun mal anders als bei Klassik.
 
Ich versuche mich beim Thema Improvisieren und Skalen, und erarbeite dabei ein neues Stück:
1666889577508.png

"There Is No Greater Love" in Bbmaj. Wie hier ja auch schon geraten wurde, versuche ich nicht nur Akkord für Akkord zu denken, sondern größer zusammenzufassen (Grundtonart). Aber wie funktioniert das bei so vielen Septakkorden?

Die ersten drei Takte (ohne Auftakt) denke ich an Bbdur. Mit zugefügtem Db im zweiten und zugefügtem Gb+Ab im dritten Takt. Also jeweils Mixo#11.
Dazu die erste Frage: Wie merkt ihr euch bzw. wie findet ihr die #11? Im Gegensatz zu z.B. 3,5,7,9 springt die mir nicht so schnell ins Auge.

Dann wirds schwierig für mich: An was für eine Grundtonart denke ich bei G7 und C7? Cdur und Fdur? Cdur und Bbdur? Wird wieder Richtung Mixo#11 gehen, aber da komm ich kaum drum rum bei jedem Takt/Akkord eine komplett neue Skala zu denken (wofür ich noch etwas brauche...).
 
@Johnny1900
Ein interessantes Thema, das du da ansprichst. Zu den meisten deiner Fragen kann ich dir leider keine Antwort geben (da hoffe ich auf Antworten der Profis), außer zur Frage nach der #11: Die sehe ich als hochalterierte 4. Stufe. Den Tritonus zu finden, fällt mir nicht schwer, weil er im Jazz ja ohnehin immer präsent ist, z.B. beim Bilden von Tritonus-Voicings auf der Dominante für Upper Structures.
 
Ich weiß nicht, ob dieser Ratschlag schon einmal hier aufgetaucht ist:
Nicht zu viel denken, einfach auch öfters mal nur spielen und sich zuhören, sich etwas wagen und spontan über Gehör versuchen, zu agieren.
 
Das ist grunsätzlich auch meine Taktik (nur so viel Theorie wie unbedingt nötig und immer zweckdienlich zu einem Stück), deshalb weiß ich bisher kaum etwas über Skalen. Ausprobieren, Hören ist immer die Grundlage. Etwas Wissen brauch ich als Pianist aber doch auch...
 
Etwas Wissen brauch man natürlich. Ich wollte nur den intuitiven musikalischen Aspekt betonen, der mir hier zu wenig angesprochen wurde. Vor lauter Skalen, Regeln und Denken bitte das f r e i e improvisatorische Element nicht vergessen.
Sich bewusst zuhören ist auch eine Kunst.
 
Interessant finde ich immer die Schnittmenge von Gehörtem und Verstandenem. Also: Ich probiere aus und stelle fest, dass zu den Dominantseptakkorden, die sich. nicht in eine erste Stufe auflösen, prinzipiell jede Dominantskala gut klingt, also mixo, mixo#11, HM5, alteriert und HTGT. Diese Dominanten sind offenbar frei und ungebunden, wodurch dieses Verfahren ermöglicht wird. Interessant wäre jetzt, ob die Theorie das wirklich so hergibt.
 

Ich versuche mich beim Thema Improvisieren und Skalen, und erarbeite dabei ein neues Stück:
Den Anhang 59192 betrachten

"There Is No Greater Love" in Bbmaj. Wie hier ja auch schon geraten wurde, versuche ich nicht nur Akkord für Akkord zu denken, sondern größer zusammenzufassen (Grundtonart). Aber wie funktioniert das bei so vielen Septakkorden?

Die ersten drei Takte (ohne Auftakt) denke ich an Bbdur. Mit zugefügtem Db im zweiten und zugefügtem Gb+Ab im dritten Takt. Also jeweils Mixo#11.
Dazu die erste Frage: Wie merkt ihr euch bzw. wie findet ihr die #11? Im Gegensatz zu z.B. 3,5,7,9 springt die mir nicht so schnell ins Auge.
C7. komm ich kaum drum rum bei jedem Takt/Akkord eine komplett neue Skala zu denken (wofür ich noch etwas brauche...).
Das " Größerzusammenfassen" ist schon richtig. Aber bei dem Stückchen muss man kleinteiliger denken. Takt 2 und 3 sind jeweils mixolydisch. Quasi Dur mit der 7 klein. B-Dur hat schließlich weder Des noch Ges . Wobei in den beiden Takten die #4 bzw.# 11 besser klingt. Takt 4 mixo. Oder der 5. Modus von melodisch C-moll. Also G A H C F Es F. Takt 5/ 6 mixo. Takt 7, 8 und 9 die 2- 5 -1 Kadenz, klischeehaft für den Jazz und Artverwandtes. Da passt schon B-Dur. Diese Folge schon z. B. vorzufinden am Anfang des 1. Präludiums aus WC1 des Thomaskantors. Aber in C-Dur.
Überhaupt sind die Akkordmodelle schon millionenfach in der Klassik vorgebildet. Takt 1 bis 3 sind ein Quintfall mit Septakkorden .Takt 4 Zwischendominante zur Doppeldominante C7 . ( Bzw. Dreifachdominante). Dieser Akkord anschließend vermollt zur 2 . Stufe der Grundtonart.

So. Und nun höre ich damit auf. Wir kommen jetzt nämlich dahin, dass die ganze Geschichte einem Hürdenlauf ähnelt und mit Musikmachen kaum mehr etwas zu tun hat. Ich würde mit viel einfacheren Sachen beginnen, auch mit Blues oder einfachsten Akkordverbindungen. Und Hören was gut klingt. Theorie und Skalengewusel so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Die Gefahr ist nämlich, dass man nur noch Skalen spielt und nicht MELODIEN.
Jamie Aebersold hat Dutzende von Heften mit Stücken herausgegeben und darunter die Skalen notiert. Es gibt Leute, die sich sämtliche Hefte gekauft haben. Keine Ahnung, ob das gute Musiker geworden sind. Es geht dann mitunter nach dem Motto: Learn your scales and good luck.
Ich weiß, dass an der Kaderschmiede Berklee in Boston Teil des Programms ist ( vielleicht wurde es aber mittlerweile geändert), dass Studenten ein Stück vorgespielt wird und sie just in time die jeweiligen Skalen vorsagen müssen. Beim Zuspätkommen heißt es: the chord is over... Unmusikalischer geht es nicht.
Also: PLAY SIMPLE SHIT. Unterricht nehmen: auf jeden Fall. Viel hören. Nach Möglichkeit, wenn schon nicht ganze Stücke, von den Aufnahmen einzelne Phrasen raushören. Es gibt nicht allzu teure Transkriptionsprogramme, wo die Stücke verlangsamt abgespielt werden können.
Skalen einfach mal so suchen: Links den Akkord spielen. Rechts dazu die Skala nach dem Einbettungsverfahren. Akkordtöne, die Töne dazwischen suchen, die gut klingen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Interessant finde ich immer die Schnittmenge von Gehörtem und Verstandenem. Also: Ich probiere aus und stelle fest, dass zu den Dominantseptakkorden, die sich. nicht in eine erste Stufe auflösen, prinzipiell jede Dominantskala gut klingt, also mixo, mixo#11, HM5, alteriert und HTGT. Diese Dominanten sind offenbar frei und ungebunden, wodurch dieses Verfahren ermöglicht wird. Interessant wäre jetzt, ob die Theorie das wirklich so hergibt.
Das stimmt nicht.

Alteriert klingt bei Dominanten, die sich nicht zu ihrer dazugehörigen I auflösen, meist NICHT so günstig. (In "normalen" Tunes - bei irgendwelchen abgefahrenen modernen Stücken mit nichtfunktionalen Changes sieht es manchmal anders aus.)

Weil die ganzen alterierten Optionstöne einfach eine zu starke Strebewirkung haben und dadurch der nächste Akkord, der nicht die I ist, "zu überraschend" klingt.
 
PLAY SIMPLE SHIT. Unterricht nehmen: auf jeden Fall.

Da gehe ich voll mit was du schreibst. Ich spiele in einer Band, in der wir mehr Richtung Pop gehen und will mir als Basis Jazz draufschaffen (weil ich auch gerne Jazz höre/ auf Konzerte gehe).

Das Stück habe ich im letzten Jazz-Unterricht, den ich seit kurzem wieder nehme, angefangen. Und um den nächsten Unterricht effektiv nutzen zu können, will ich mich natürlich vorbereiten. Das Stück rum zuklimpern und hinzuhören macht mir Spaß und ich finde das Original schön. Aber ich merke auch dass mein Gehör da an seine Grenzen kommt bei den vielen Changes andere Melodien als die originale zu hören.

Wahrscheinlich würden manche hier meinen Lehrer gleich wieder als KKL bezeichnen. Aber meine Erfahrung: Besser Unterricht bei einem nicht ganz optimalen Lehrer, als gar kein Unterricht. Den perfekten Lehrer suche ich seit Jahren vergeblich.

Grundvoraussetzung für einen Lehrer ist für mich: Er hat eine fundierte Ausbildung (in meinem Fall Jazz-Klavier-Studium) und mir gefällt wie er spielt. Dazu conecte ich super mit ihm und er steigert meine Übe-Motivation erheblich. Pädagogisch (wie hier evtl. bei der Lied-Auswahl) ist vielleicht Luft nach oben, er hat denke noch nicht viel Unterrichts-Erfahrung. Ich werde ihm mal ein einfacheres Blues-Stück vorschlagen.
 
Können in einem Akkord die b9 und die #9 gleichzeitig vorkommen? Ich habe einen G7(9/13)-Akkord mit dem folgenden Voicing: LH Grundton + Septime und Terz (z.B. g-f-h), dazu RH als Upper Structure einen sus2-Akkord auf der 5. Stufe (d-e-a). Ersetze ich den Bass nun durch den Tritonus, in diesem Fall also durch das des, dann wird die ursprüngliche 5 zur b9 und die ursprüngliche 13 [edit: vorher stand hier "Terz"} zur #9. Ist das gleichzeitige Vorkommen beider Nonen üblich, oder sollte beim Wechsel auf den neuen Basston eine der beiden Nonen "geopfert" werden?
 
Zuletzt bearbeitet:
Können in einem Akkord die b9 und die #9 gleichzeitig vorkommen? Ich habe einen G7(9/13)-Akkord mit dem folgenden Voicing: LH Grundton + Septime und Terz (z.B. g-f-h), dazu RH als Upper Structure einen sus2-Akkord auf der 5. Stufe (d-e-a). Ersetze ich den Bass nun durch den Tritonus, in diesem Fall also durch das des, dann wird die ursprüngliche 5 zur b9 und die ursprüngliche Terz zur #9. Ist das gleichzeitige Vorkommen beider Nonen üblich, oder sollte beim Wechsel auf den neuen Basston eine der beiden Nonen "geopfert" werden?
Ich kann Dir nicht folgen...

Wenn Du den Bass tritonussubstituierst bist Du im Sekundärdominanten-Kontext, und da herrscht meist die x7/#4 oder synonym x7/#11 Struktur vor. Perspektivwechsel? Aber ich habe auch schon das zweite Bier drin und keine Tastatur dabei, auf der ich das nachpuzzlen könnte... Prost!
 
Können in einem Akkord die b9 und die #9 gleichzeitig vorkommen? Ich habe einen G7(9/13)-Akkord mit dem folgenden Voicing: LH Grundton + Septime und Terz (z.B. g-f-h), dazu RH als Upper Structure einen sus2-Akkord auf der 5. Stufe (d-e-a). Ersetze ich den Bass nun durch den Tritonus, in diesem Fall also durch das des, dann wird die ursprüngliche 5 zur b9 und die ursprüngliche Terz zur #9. Ist das gleichzeitige Vorkommen beider Nonen üblich, oder sollte beim Wechsel auf den neuen Basston eine der beiden Nonen "geopfert" werden?
Selbstverständlich können sie das. Man kann alle 4 alterierten Optionen (b9, #9, #11, b13) gleichzeitig einsetzen - einfach mal links in der kleinen Oktave C-E-Bb spielen und rechts dazu Cluster aus schwarzen Tasten :coolguy:

Man muss nur hinhören, was im jeweils konkreten Fall passt. Hier z.B. fände ich in der Regel das Voicing stimmiger, wenn das D, also die b9, nicht dabei wäre. Sind aber auch Fälle denkbar, wo das D dabei ist - z.B. wenn die Struktur der RH ("sus2-Akkord") in einer Akkordfolge chromatisch abwärts geschoben wird.

Die entscheidende Frage lautet: Was kommt denn NACH dem Akkord??

Ich für meinen Teil würde sowieso, egal ob G7 oder Db7, das D weglassen, weil a) die Quinte, sofern nicht Melodie, im Dominantseptakkord ohnehin sehr verzichtbar ist und b) dadurch ein typisches Quartvoicing entsteht.
 
Liebe Jazzpiano-Freunde,

beim Improvisieren im schnellen Tempo merke ich, dass es mir sehr helfen würde, noch mehr melodisches „Vokabular“ zu kennen und zu beherrschen. Gemeint sind Licks. Gibt es vielleicht eine Sammlung von typischen Jazzpiano-Licks, die man durch die Tonarten üben kann?
 
Typisch sind die Licks, die auf klassischen Aufnahmen immer wieder auftauchen. Wenn Du aufmerksam zuhörst und sie erkennst, dann kannst Du gezielt die raushören, die Du cool findest. Und die übst Du dann durch alle Tonarten. Es reicht, wenn Dir jetzt nur ein oder zwei einfallen, nimm die, der Rest ergibt sich im Verlauf....

Eine Sammlung im Stil von "88 Jazz piano licks that will change your playing forever" würde ich für weniger sinnvoll halten. Es dauert erfahrungsgemäß lange bis man selbst kurze Phrasen so verinnerlicht hat, dass sie unabhängig von Tonart und Tempo sinnvoll abrufbereit sind.

Und nicht zu sehr auf Licks fixiert sein....
 

Zurück
Top Bottom