Ich finde es reichlich elitär und überzogen, einem Hobbyspieler absprechen zu wollen, ohne die Krücken der hohen theoretischen Auseinandersetzung einer Komposition, ein z. B. Chopin Stück zu anhörbarer Musik am Klavier entstehen lassen zu können.
Hm. Er hat aber recht.
Der seit einiger Zeit (vom Philologen
) zu beobachtende abundante und abusive Gebrauch des Attributs "elitär" in pejorativer Konnotation bereitet mir Verdruss.
(Das bezieht sich jetzt ausdrücklich nicht auf Dich persönlich, Ellizza! , sondern auf das Phänomen)
Ich gebe Dir dahingehend recht, dass bei einer halbwegs musikalischen Person eine implizite Ahnung von musikalischen Spannungsbögen o.ä. existiert, sozusagen ein musikalischer Instinkt, den wir nach meiner Überzeugung sogar mit anderen Säugetieren teilen. Ohne das Wissen, EXPLIZIT darlegen zu können, was sie (die Person) da treibt, bleibt es immer nur ein vages Dafürhalten. Wenn der Amateur damit zufrieden ist, "einfach nur zu spielen" und dies auch gegenüber seiner Lehrkraft so artikuliert - à la bonne heure! Ich fände es nur fatal - ja, und auch irgendwie anmaßend -, wenn die Lehrkraft von vornherein davon ausginge, "die Theorie" ruhig vernachlässigen zu dürfen, so im Sinne von: "He, ist ja nur ´n Amateur, braucht das nicht, und will es bestimmt auch nicht, und mir selbst macht es auch nur zusätzliche Mühe".
Ich kann absolut nichts Negatives dabei empfinden, wenn Leute das, was sie tun, möglichst gut tun wollen. Um etwas möglichst gut zu tun, muss man möglichst viel wissen (oder vielleicht Genialität besitzen, vielleicht können Genies das ja aus sich selbst heraus - ich bezweifle das übrigens und glaube, Genies durchschauen besser, schneller und profunder, aber ohne den entsprechenden Input erfährt das Genie vielleicht gar nicht, dass es ein Genie ist).
Warum also sollte ein Profi der Auffassung sein, Amateure "brauchten" das nicht? Oder umgekehrt gefragt: Wenn es der Profi "drauf hat", die Theorie bei ihm gewissermaßen als Grundrauschen immer mitläuft wie die Grammatik beim Muttersprachler - wie käme er auf die Idee zu glauben, dass das Hintergrundrauschen zu vernachlässigen sei?
Es gibt doch im Gehirn keine Kapazitätsgrenze! *
* Es gibt nur eine Grenze der Aufnahmefähigkeit. Der Stoff muss portiönchenweise durch den Hippocampus getrichtert werden. Diese Portiönchen dürfen umso größer sein, je mehr Vorwissen vorhanden ist. Ein Talent oder gar ein Genie hat viel implizites Vor"wissen", da muss zur expliziten Bewusstwerdung dann nur noch ein allgemeinverständlicher Name draufgepappt werden.