Aeh, pffff, und was heiszt das jetzt? Deine Welt scheint ziemlich schwarz-weisz zu sein: Natuerlich gibt es eine wunderbare "russische Musiktradition", die will ich nicht missen, auch finde ich sie musikalisch sehr interessant, aber sie existiert eben auch nicht im politisch luftleeren Raum. Dies zu akzeptieren, scheint manchen schwer zu fallen
. Die Empoerung des Cellisten erscheint mir eher als Bestaetigung denn ein Gegenargument fuer diese These. Warum so empfindlich?
Der russische Staat kann doch stolz auf sein Foerdersystem Begabter sein, auch wenn ich es nicht in Details kenne, aber es scheint Begabte sehr zu foerdern! Aber die davon profitierenden Musiker sollten auch akzeptieren, dasz sie unter besonders guenstigen Bedingungen studiert haben und nicht nur kraft einer angeblich in der russischen Mentalitaet verankerten Genialitaet das geworden sind, was sie geworden sind. Wo ist das Problem?
Natuerlich kenne ich Horowitzens Bonmot. Trotzdem finde ich es fragwuerdig, und darum ging es urspruenglich, die Qualitaet irgendwelcher Musiker mit deren volks-, rasse- oder Minderheitenzugehoerigkeit zu verbinden. Horowitz lachte wahrscheinlich darueber, wenn jemand sein Zitat wortwoertlich ernst naehme.
Buerokratisch: Vielleicht verkaufen sich einfach exotische Namen auch besser, "Hans Mueller" als Pianist klingt eben schon vom Namen her hausbacken, der "kann" dann nur "buerokratisch" spielen
. Naja, so funktioniert eben der Markt.
England hat uebrigens bemerkenswert wenige Komponisten hervorgebracht, Italien hauptsaechlich Opernkomponisten bis ins 19. Jahrhundert. Also: Englaender sind stockunmusikalisch und Italiener alle Opernsaenger, Deutsche sind zu protestantischer Kirchenmusik oder zum Auswandern (Hasse, Beethoven, Brahms?) verurteilt
.
Die Tradition spielt eben eine Rolle und in Russland ist diese staatlich organisiert, so what?
Was China betrifft, so habe ich aehnlich Zahlen gehoert wie Du. Auch darueber kann ich mich nicht echauffieren.
Also ich verstehe Deine Aufregung nicht, es gibt eben Traditionen, die ihre guten und schlechten Seiten haben, viele Musiker stammen auch aus Musikerfamilien, d.h. aber nicht, dass nur dort die Musikalitaet zu Hause ist.
Eigentlich, ehrlich gesagt, nervt mich auch oft in Programmheften von den ganzen Leistungen eines Solisten zu lesen. Ich freue mich einfach, wenn sie/er gut spielt/singt/dirigiert. Ich habe Ohren dies zu hoeren und musz da nicht aus dem Programmheft und irgendwelchen Wettbewerben Rueckschluesse ziehen.
Jannis