Soll das dann etwa heißen, dass diese Stücke noch zu schwer sind?
Bin zwar kein Konzertpianist aber ich habe den Ehrgeiz diese Stücke zu lernen auch wenn ich weiß, dass ich dafür sehr sehr lange üben muss. Denkt ihr nicht, dass das möglich ist?
1. Diese Stücke sind auch schwer für Profis. Der grosse Evgeny Kissin hat kürzlich in einem Interview folgendes erklärt (es ging darum, dass er demnächst alle 5 Beethovenkonzerte aufnimmt):
Beethoven fand ich viele Jahre sehr schwierig. Ich habe aber Fortschritte gemacht und die Konzerte haben dabei die wichtigste Rolle gespielt. Chopin war Romantiker, Beethoven nicht. Genau deswegen habe ich für Beethoven länger gebraucht.
(Sonntagszeitung Schweiz, 15.07.2007)
Kissin hat immerhin schon mit 12 Jahren beide Chopinkonzerte öffentlich gespielt und gilt als einer der ganz grossen Pianisten unserer Zeit...
Weisst du, es geht nicht darum, ob jemand etwas üben darf/soll/kann oder nicht.
Ich kenne dich nicht und weiss nicht wie gut/lange du spielst, was du kannst und wieviel du übst.
Deshalb erlaube ich mir auch kein Urteil über dich, ich mein das hier ganz generell.
Es hat einen Grund, weshalb gute Klavierspieler von Kindesalter an täglich mehrere Stunden üben, bis zu 8 oder noch mehr.
Hinzu kommt eine intensive Ausbildung und Sensibilisierung in harmonischer, klanglicher, körperlicher und atmungsspezifischer Hinsicht. Der Schüler wird auch jahrelang geschult im auswendig Spielen, im effizient Üben, im Vorspiel, im anderen Leuten zuhören, in Musikgeschichte etc.
Es hat auch einen Grund, weshalb man nun mal wirklich weissnichwieviel Etüden von Cramer, Czerny, Burgmüller, Berens etc gespielt hat, wieviel aus dem WTK 1+2, wieviele Scarlatti-, Haydn,- Mozart- und Beethovensonaten etc. Von den Übungen zu Tonleitern, Arpeggien, gebrochenen Akkorden, Trillern, Doppelgriffen, Oktavläufen etc mal ganz zu schweigen.
Ich verstehe sehr gut, dass viele Menschen glauben, wenn man nur genug lang daran übt, dann packt man's schon. Das ist normaler Ehrgeiz und auch okay so.
Aber ich bin davon überzeugt, dass es so beim Klavier nicht funktioniert.
Du übst ja gerade die g-moll Ballade von Chopin. Angenommen, du hast nie gross gelernt, mit einer Hand ganz sauber und schön gleichzeitig (ab Takt 8) Kantilenen und Akkorde zu spielen, dann wirst du definitiv schon die erste Seite nicht wirklich können (es klingt einfach nicht wie es soll!).
Angenommen, du hast noch nie richtig Arpeggien/Läufe und Doppelgriffarpeggien geübt, dann wirst du auch auf der 2. Seite rein deshalb scheitern, weil du gar nicht weisst, wie man dieses Zeug richtig spielt (Bewegungen, Oberarm etc), geschweige denn im Tempo und mit der Chopin'schen Leichtigkeit.
Ganz abgesehen davon, dass du das Stück nicht verstehen wirst.
Mit dem jahrelang üben, unterrichtet werden, vorspielen etc lernt man auch, wie ein Stück funktioniert, warum was so ist und wie man sich das verinnerlicht.
Darum gehts. Das wäre dasselbe, wie wenn du dir unbedingt zum Ziel gesetzt hast, den New York Marathon unter 3:40 zu laufen.
Und zwar
ohne monate-/jahrelangen Trainingsaufbau und ohne je gelernt zu haben, wie man richtig so weit läuft.
Wenn du eine Ausbildung machst, lernst du doch auch nicht nur einzig das, was dann an der Diplom- oder Meisterprüfung kommt; du würdest vieles nicht verstehen und deshalb nicht wirklich können.
Sondern du lernst jahrelang (schon in der Schule) unzählige Dinge, auf denen du immer wieder aufbaust. Wie willst du Ingenieur sein, wenn du nicht rechnen kannst?
Du hast ja auch sehr lange gelernt, um deine Fremdsprachen zu können. Ich nehme an, du hast auch nicht zuerst Shakespeare und Molière gelesen.
Das meine ich. Ich respektiere jeden, der ehrgeizig ist und freue mich darüber, dass so viele Menschen klassische Musik lieben, aber ich finde es nicht gut, Stücke zu spielen, die einfach jenseits allen Könnens sind.
Es führt zu nichts. Man lernt nicht am Mount Everest klettern!
Das Schöne am Klavier ist, es gibt auf jeder Stufe unzählige wunderschöne und absolut geniale Stücke.