aktuelles Stück ?

Soll das dann etwa heißen, dass diese Stücke noch zu schwer sind?

Bin zwar kein Konzertpianist aber ich habe den Ehrgeiz diese Stücke zu lernen auch wenn ich weiß, dass ich dafür sehr sehr lange üben muss. Denkt ihr nicht, dass das möglich ist?
 
Soll das dann etwa heißen, dass diese Stücke noch zu schwer sind?

Bin zwar kein Konzertpianist aber ich habe den Ehrgeiz diese Stücke zu lernen auch wenn ich weiß, dass ich dafür sehr sehr lange üben muss. Denkt ihr nicht, dass das möglich ist?

1. Diese Stücke sind auch schwer für Profis. Der grosse Evgeny Kissin hat kürzlich in einem Interview folgendes erklärt (es ging darum, dass er demnächst alle 5 Beethovenkonzerte aufnimmt):

Beethoven fand ich viele Jahre sehr schwierig. Ich habe aber Fortschritte gemacht und die Konzerte haben dabei die wichtigste Rolle gespielt. Chopin war Romantiker, Beethoven nicht. Genau deswegen habe ich für Beethoven länger gebraucht.
(Sonntagszeitung Schweiz, 15.07.2007)


Kissin hat immerhin schon mit 12 Jahren beide Chopinkonzerte öffentlich gespielt und gilt als einer der ganz grossen Pianisten unserer Zeit...

Weisst du, es geht nicht darum, ob jemand etwas üben darf/soll/kann oder nicht.
Ich kenne dich nicht und weiss nicht wie gut/lange du spielst, was du kannst und wieviel du übst.
Deshalb erlaube ich mir auch kein Urteil über dich, ich mein das hier ganz generell.

Es hat einen Grund, weshalb gute Klavierspieler von Kindesalter an täglich mehrere Stunden üben, bis zu 8 oder noch mehr.
Hinzu kommt eine intensive Ausbildung und Sensibilisierung in harmonischer, klanglicher, körperlicher und atmungsspezifischer Hinsicht. Der Schüler wird auch jahrelang geschult im auswendig Spielen, im effizient Üben, im Vorspiel, im anderen Leuten zuhören, in Musikgeschichte etc.

Es hat auch einen Grund, weshalb man nun mal wirklich weissnichwieviel Etüden von Cramer, Czerny, Burgmüller, Berens etc gespielt hat, wieviel aus dem WTK 1+2, wieviele Scarlatti-, Haydn,- Mozart- und Beethovensonaten etc. Von den Übungen zu Tonleitern, Arpeggien, gebrochenen Akkorden, Trillern, Doppelgriffen, Oktavläufen etc mal ganz zu schweigen.

Ich verstehe sehr gut, dass viele Menschen glauben, wenn man nur genug lang daran übt, dann packt man's schon. Das ist normaler Ehrgeiz und auch okay so.

Aber ich bin davon überzeugt, dass es so beim Klavier nicht funktioniert.

Du übst ja gerade die g-moll Ballade von Chopin. Angenommen, du hast nie gross gelernt, mit einer Hand ganz sauber und schön gleichzeitig (ab Takt 8) Kantilenen und Akkorde zu spielen, dann wirst du definitiv schon die erste Seite nicht wirklich können (es klingt einfach nicht wie es soll!).
Angenommen, du hast noch nie richtig Arpeggien/Läufe und Doppelgriffarpeggien geübt, dann wirst du auch auf der 2. Seite rein deshalb scheitern, weil du gar nicht weisst, wie man dieses Zeug richtig spielt (Bewegungen, Oberarm etc), geschweige denn im Tempo und mit der Chopin'schen Leichtigkeit.
Ganz abgesehen davon, dass du das Stück nicht verstehen wirst.
Mit dem jahrelang üben, unterrichtet werden, vorspielen etc lernt man auch, wie ein Stück funktioniert, warum was so ist und wie man sich das verinnerlicht.

Darum gehts. Das wäre dasselbe, wie wenn du dir unbedingt zum Ziel gesetzt hast, den New York Marathon unter 3:40 zu laufen.
Und zwar ohne monate-/jahrelangen Trainingsaufbau und ohne je gelernt zu haben, wie man richtig so weit läuft.

Wenn du eine Ausbildung machst, lernst du doch auch nicht nur einzig das, was dann an der Diplom- oder Meisterprüfung kommt; du würdest vieles nicht verstehen und deshalb nicht wirklich können.
Sondern du lernst jahrelang (schon in der Schule) unzählige Dinge, auf denen du immer wieder aufbaust. Wie willst du Ingenieur sein, wenn du nicht rechnen kannst?
Du hast ja auch sehr lange gelernt, um deine Fremdsprachen zu können. Ich nehme an, du hast auch nicht zuerst Shakespeare und Molière gelesen.

Das meine ich. Ich respektiere jeden, der ehrgeizig ist und freue mich darüber, dass so viele Menschen klassische Musik lieben, aber ich finde es nicht gut, Stücke zu spielen, die einfach jenseits allen Könnens sind.
Es führt zu nichts. Man lernt nicht am Mount Everest klettern!

Das Schöne am Klavier ist, es gibt auf jeder Stufe unzählige wunderschöne und absolut geniale Stücke.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das hast du zwar alles sehr plausibel und nett ausgeführt, aber das Beispiel mit dem NY-Marathon hinkt und weist gleichzeitig auf den wesentlichen Unterschied zu den meisten hier vertretenen Hobby-Pianisten hin: Wir üben nicht, weil wir Höchstleistung bzw. Leistung für ein zahlendes Publikum bringen wollen, sondern vorwiegend für uns, zur eigenen Erbauung. Insofern darf man sicher schon etwas eher nach den Sternen greifen – einfach weil sonst für so manches das Leben nicht ausreichen würde. (Wobei natürlich einzelne Vorwitzigkeiten, die wir in letzter Zeit zu lesen bekamen, wirklich etwas absurd schienen.)
 
Hm, aber wer am Mount Everest von einem Profi im Klettern unterrichtet wird, der darauf achtet, dass auch jeder Schritt 100&ig passt und seinen Schützling zurücknimmt, sobald er Schwierigkeiten findet, die einfach am Boden geübt werden müssen? Und wenn man dann schließlich doch hochkommt, auch wenn es länger dauert?
Dabei lernt man ja automatisch mit (gezwungenermaßen), wie man auch auf tiefer gelegene Gipfel kommt...

Ich habe auch bei einer Konzertpianistin Unterricht. Und die lässt mir bei weitem kein Stück durchgehen, dass nur so "dahingeklimpert" ist (wenn ich soetwas will, muss ich den Lehrer wechseln(und mir sind einige bekannt, die das auch gemacht haben)).
Ich darf bis heute kein Bach spielen, weil ich noch nicht "reif" dafür bin :rolleyes:
Oder gerade bei Stücke, die sie selbst schon gespielt hat, wird es sehr arbeitsintensiv für mich... und es lohnt sich im Endeffekt.
Zu Techniketüden, bei denen bestimmt Bewegungsabläufe trainiert werden, hat sie mich nie gezwungen (ich bin freiwillig damit angekommen). Ich habe auch an den Stücken gelernt.

lg
 
Das hast du zwar alles sehr plausibel und nett ausgeführt, aber das Beispiel mit dem NY-Marathon hinkt und weist gleichzeitig auf den wesentlichen Unterschied zu den meisten hier vertretenen Hobby-Pianisten hin: Wir üben nicht, weil wir Höchstleistung bzw. Leistung für ein zahlendes Publikum bringen wollen, sondern vorwiegend für uns, zur eigenen Erbauung. Insofern darf man sicher schon etwas eher nach den Sternen greifen – einfach weil sonst für so manches das Leben nicht ausreichen würde. (Wobei natürlich einzelne Vorwitzigkeiten, die wir in letzter Zeit zu lesen bekamen, wirklich etwas absurd schienen.)

Der Vergleich hinkt eben nicht, denn die Chopin Balladen der zB die As-Dur Polonaise SIND der NY Marathon. Ob man das Zeug in der Carnegie Hall spielen will oder im stillen Kämmerlein, ist doch wirklich völlig egal. :confused:

Entweder man kanns oder eben nicht. Oder lässt du etwa jede zweite Note aus und spielst es in einem Viertel des Orig.Tempos "zur Erbauung"?
Was hat denn das noch mit Erbauung zu tun, ein Stück zu spielen das annähernd nicht so gespielt wird (werden kann), wies der Komponist angedacht hatte? Wenn einer nicht gerade taub ist, merkt er doch, dass es nicht viel mit dem zu tun hat, was er auf der CD hört?

Das ist doch Murks, oder? ;)

Ich habe auch schon Dinge nur für mich geübt, zB das Schumann-Klavierkonzert, ohne es je aufzuführen/vorzuspielen (vielleicht kommts ja noch).
Aber deshalb kann ich doch nicht schludern und rumwurschteln nur weil ich weder technisch noch musikalisch die Erfahrung und das Niveau habe, es richtig spielen zu können.

Ich glaube, das hat auch mit dem Respekt vor den Werken der grossen Meister zu tun. :cool:
 
Ich habe auch bei einer Konzertpianistin Unterricht. Und die lässt mir bei weitem kein Stück durchgehen, dass nur so "dahingeklimpert" ist (wenn ich soetwas will, muss ich den Lehrer wechseln(und mir sind einige bekannt, die das auch gemacht haben)).
...
Oder gerade bei Stücke, die sie selbst schon gespielt hat, wird es sehr arbeitsintensiv für mich... und es lohnt sich im Endeffekt.

Natürlich, genau das nennt man "MUSIK machen", wenn technische Schwierigkeiten überhaupt keine Rolle mehr spielen, sondern nur noch der Klang.
Ich musste mal eine ganze Lektion lang nur die Anfangskadenz (=5 Takte!) des 4. Beethovenkonzerts op. 58inkl. angebrachten Übungen spielen, bis es der Professorin passte!

Zu Techniketüden, bei denen bestimmt Bewegungsabläufe trainiert werden, hat sie mich nie gezwungen (ich bin freiwillig damit angekommen). Ich habe auch an den Stücken gelernt.

Das ist es, man sammelt mit jedem neuen Stück an Erfahrung, Klasse, Reife und Können.

Ich darf bis heute kein Bach spielen, weil ich noch nicht "reif" dafür bin :rolleyes:

Das ist aber seltsam. Wie lang spielst du schon? Ich denke, zumindest das "Klavierbüchlein für Anna Magdalena Bach" oder was aus den Sechs und Zwölf kleinen Präludien dürfte doch drinliegen.

Ich mache mit den Schülern Bach, sobald es geht, also etwa nach 1-2 Jahren Unterricht (kommt auf den Schüler an), auch bei Kindern ab etwa 12 Jahren.

Ich bin mit deiner Lehrerin einig, dass Bach Reife braucht, aber du musst ja nicht gerade eine englische Suite oder eine Partita spielen, oder?

Ich meine, bei Bach lernt man so viel, da kannst du nicht früh genug mit beginnen. :cool:

Aus diesem Grunde find ich zB bei den Videos auf dieser Website den Knirps mit der c-moll Partita nicht gut: Er spielt Töne, aber er hat keine Ahnung, was er da spielt!!!
 
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(...)Ob man das Zeug in der Carnegie Hall spielen will oder im stillen Kämmerlein, ist doch wirklich völlig egal. :confused: (...)
Hallo!
Das seh ich etwas anders. Ob man etwas nur für sich spielt oder vor Publikum macht jedenfalls bei mir schon einen Unterschied.
Das liegt aber daran, dass ich an mir selbst nicht so große Ansprüche stelle.
Ich selbst spiel auch grad die g-moll Ballade von Chopin und ich weiß auch, dass ich sie nie wie Horowitz, Zimerman und Co. spielen werden kann; von Konzertpianisten erwartet man eben ein fehlerfreies Spielen, aber von mir niemand, da ich die Ballade ja für mich und für niemand sonst spiele. Selbst wenn ich zum Schluss noch 10 Fehler drin habe und hier und da etwas nicht stimmt ist es für mich nicht so von großem Belang.
Nur weil ich weiß, dass ich etwas nie wie ein Konzertpianist spielen kann heißt das doch noch lange nicht, dass ich es nicht spielen darf!

lg bechode
 
Ich verstehe sehr gut, dass viele Menschen glauben, wenn man nur genug lang daran übt, dann packt man's schon. Das ist normaler Ehrgeiz und auch okay so.

Aber ich bin davon überzeugt, dass es so beim Klavier nicht funktioniert.

Du übst ja gerade die g-moll Ballade von Chopin. Angenommen, du hast nie gross gelernt, mit einer Hand ganz sauber und schön gleichzeitig (ab Takt 8) Kantilenen und Akkorde zu spielen, dann wirst du definitiv schon die erste Seite nicht wirklich können (es klingt einfach nicht wie es soll!).
Angenommen, du hast noch nie richtig Arpeggien/Läufe und Doppelgriffarpeggien geübt, dann wirst du auch auf der 2. Seite rein deshalb scheitern, weil du gar nicht weisst, wie man dieses Zeug richtig spielt (Bewegungen, Oberarm etc), geschweige denn im Tempo und mit der Chopin'schen Leichtigkeit.
Ganz abgesehen davon, dass du das Stück nicht verstehen wirst.

Ich widerspreche :)
Ich bin das lebende Beispiel dafür, dass deine Theorie zumindest teilweise falsch ist.
Wenn ich dich recht verstehe, schreibst du, dass man jene Ballade nicht spielen kann, wenn man nicht schon vorher die Technik dafür beherrscht (Es gibt sie also doch, die Technik).

Ich bin allerdings der Meinung, dass man auch an einem Stück selbst sehr viel Technik erlernen kann. Jedes Stück, das man spielt, ist etwas schieriger als das vorherige, und durch diese langsame Steigerung wächst man.
Ist dir als Klavierlehrer sicher bewusst.

Das geht aber nicht nur bei kleinen Stückchen, sondern auch im "Großen"; ich beispielsweise habe an der Ballade g-mol so viel gelernt, wie an sonst kaum einem Stück, das ich bisher im Leben gespielt habe.
Ich habe die Technik dafür am Anfang des Übens nicht annähernd beherrscht (vorhergegangenes Stück war eine Brahms-Rhapsodie), und an der Ballade gelernt.

Sie war nicht perfekt, aber es ist doch ein einigermaßen annehmbares Ergebnis herausgekommen.

Übrigens gibt es viele Pianisten, die solche Stücke schon mit Leichtigkeit mit 10 Jahren spielen können.
Und in meinen Augen ist sie längst nicht das Höchste der Dinge:
Verglichen mit Ravels Gaspard oder Rachmaninovs Klavierkonzerten doch ein Klacks.

Gruß,
Stilblüte
 
Ich bin allerdings der Meinung, dass man auch an einem Stück selbst sehr viel Technik erlernen kann. Jedes Stück, das man spielt, ist etwas schieriger als das vorherige, und durch diese langsame Steigerung wächst man.
Ist dir als Klavierlehrer sicher bewusst.

Da muss ich dir Recht geben, man muss die Technik nicht schon beherrschen (wobei es natürlich praktisch ist) weil man durch das anwenden unbekannter Techniken diese lernt.



oli
 
Genau. Es geht ja nicht darum, die Musik zu verhunzen oder sich mit Perlen zu beschmücken, die einem technisch vielleicht noch gar nicht zustehen. Es geht meines Erachtens nach um das Ausleben von Kunst im musikalischen Sinne, die Wenigsten im Forum werden wohl in die Versuchung kommen, vor einem zahlenden Publikum zu spielen. Die allermeisten Auftritte werden eher nur zur musikalischen Unterhaltung und nicht zum Gelderwerb stattfinden. Und aus dieser Perspektive betrachtet ist es allemal legitim, sich seine Stücke selbst auszusuchen. Wenn der Lohn hundertfachen Übens "lediglich" hochgeschätzter Applaus ist, dann sehe ich es als mein gutes Recht an, meine Fähigkeiten von musikalischen Laien bewerten zu lassen und nicht von Spezialisten. Wenn ich selbst nach Wochen noch auf meine Darbietung angesprochen werde, dann sehe ich so etwas als Bestätigung meiner musikalischen Fähigkeiten an, obwohl ich mir anfangs auch anhören durfte, dass das von mir gewählte Stück für mich eigentlich zu schwer wäre. Klar, es gibt sicher Millionen Leute, die es technisch besser hinkriegen als ich, ganz sicher im Forum auch, aber wenn ich eine Botschaft vermitteln konnte, dann gerät für mich der Anspruch der technischen Perfektion zunehmend in den Hintergrund. Darum geht es doch bei der Musik, Gefühle; Emotionen zu vermitteln und andere zu erfreuen. Wenn jeder nur noch den Flohwalzer spielte, weil es eben seinen aktuellen technischen Fähigkeiten entspräche, dann gäbe es wohl keine Begeisterung für Klaviermusik mehr. Und wo bleibt denn die Motivation, wenn der Hobbypianist nur noch technische Übungen vollzöge, um in den nächsten Level aufzusteigen?
Man wächst doch auch an den Stücken...
 
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Soll das dann etwa heißen, dass diese Stücke noch zu schwer sind?

Bin zwar kein Konzertpianist aber ich habe den Ehrgeiz diese Stücke zu lernen auch wenn ich weiß, dass ich dafür sehr sehr lange üben muss. Denkt ihr nicht, dass das möglich ist?


Dazu auch noch ein kurzer Kommentar von mir.

Ich hatte geschrieben

Wenn jemand, der 5 oder 6 Jahre zum Spaß Klavier spielt erzählt, die Stücke seien eigentlich garnicht schwer - das ist, wie wenn ein 6jähriger stolz verkündet: wenn ich groß bin, werde ich Astronaut!

Ich wollte mich damit nicht über den Ehrgeiz und den Enthusiasmus der Leute, die sich an solche Stücke wagen, lustig machen. Ich sehe es durchaus positiv, wenn man sich schon früh auch mal mit sehr anspruchsvollen Stücken beschäftigt. Nur die Behauptung, die Stücken seien nicht schwer, ist eben sehr... sagen wir mal... überraschend :p

Wie Sabri im Thread zum Interpretations-Workshop über den Minutenwalzer so schön geschrieben hat:

Aber wenn ich (und noch einige andere hier) es relativ schwer finden und es für die Anfänger einfach ist

Es ist eben alles relativ... ;)

Haydnspaß
 
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Ich habe nie gesagt, dass man nur Stücke spielen soll, wo man schon alle vorkommenden Schwierigkeiten an Etüden geübt hat.
Mir persönlich ist Technik nämlich ziemlich sekundär; Technik ist lediglich das notwendige Mittel, Musik zu machen.

Ich wollte nur sagen, dass es einfach nicht möglich ist, sozusagen von "Hänschen klein" gleich zur As-Dur Polonaise zu greifen.
Und so hats zum Teil ein wenig den Anschein gemacht, wenn man gewisse Threads gelesen hat...

@ Stilblüte: Ich würde diese Stücke nie als Klacks bezeichnen, egal womit verglichen. Ich habe noch nie ein Stück aus der klassischen Literatur gesehen, das ein Klacks wäre.
Abgesehen davon betrachte ich jede Bach Suite oder Partita (zB BWV 825) oder eine grosse Mozart Sonate (zB KV 330-333) als sehr viel schwerer als der Gaspard oder die Chopin Balladen.
Nach dieser Aussage sollte eigentlich klar sein, was ich mit schwer meine.

Natürlich ist auch "Der Dichter spricht" nicht "schwer". Trotzdem kann ich im Workshop absolut nicht nachvollziehen, was da abgestimmt wurde.

Ich will niemanden kritisieren (man weiss ja nicht wer's gespielt hat), aber Beispiel A (deutlich in Führung liegend) ist einfach nicht gut. Nicht weils mir nicht gefällt, sondern weils einfach falsche Sachen drin hat.

Ich lese hier im Forum immer von Ausdruck und von schön spielen etc.

Manche - und das meine ich generell - verwechseln offenbar "mit viel Ausdruck" oder "Gefühl" spielen mit "völlig frei von Takt, Rhythmus, Dynamik, einfach mal molto rubato" wie ein betrunkenes dreibeiniges Kamel! Sorry, aber das hat doch nichts mit dem zu tun, was in den Noten steht. Takt, Lautstärke, Agogik, Dynamik sind ebenso verbindlich wie die Noten. Oder darf man dort auch ein bisschen umändern, weil man ja interpretiert?

Ich bin ein grosser Verfechter von Interpretation, nichts ist langweiliger als trockenes Geklimper. Aber man sollte wissen wie man interpretiert.

Und wenn ich schon kritisiere, dann erklär ichs auch:

Im genannten Beispiel hat es keinerlei Takt; die Akkorde fallen so nach Lust und Laune. DAS hat mit dem Notentext absolut nichts zu tun.
Dann noch ein musikalisches Gesetz (das garantiert jeder einigermassen gute Lehrer bestätigen wird): Auflösungen sind leise, nicht wie hier laut! (zB 4. Takt erste Halbe laut, zweite Halbe leise = Auflösung; oder Takte 8, 16, 18, 20 etc)


Das sind zwei von noch mehr Punkten, ich will aber nicht das ganze Stück zerpflücken. Ich habe überhaupt nichts gegen den Pianisten, ich würde gerne mit der/dem betreffenden daran arbeiten. Nach einer Stunde hätte er/sie den wahren Gehalt dieses schwierigen Stückes verstanden und würde es so spielen, dass jedem die Luft weg bleibt.

Cortot bringts auch schon in 2:30 Minuten mal auf den Punkt:

http://www.youtube.com/watch?v=o8E_0glY3nI

Klar worums geht?

Ich wollte daran nur zeigen, dass es einfach nicht wahr ist, dass man im Namen der Interpretationsfreiheit ("mit Gefühl") spielen kann wie man will.

Und genau deshalb meine ich, dass man die Finger von Balladen etc lassen sollte, denn DAS ist die Schwierigkeit an solchen Werken, dann mal zu checken was zwischen den Noten steht.

Stilblüte: Du hast woanders geschrieben, dass man in der Interpretation frei sei und dass es kein Richtig oder Falsch gibt.

Um einem weit verbreiteten Irrglauben entgegenzuwirken: Das stimmt einfach nicht!

Es gibt - nebst falschen Tönen - ganz sicher falsche Dinge: Auflösungen plump und laut zu spielen oder im "Dichter spricht" nicht auf vier zählen gehören u.a. definitiv dazu!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
@ thePianist73:

Ich hatte mit den beiden Stücken eher die Gipfel der technischen Schwierigkeiten gemeint;
Ich gebe dir Recht wenn du sagst, dass es viele andere Stücke sind, die vom musikalischen Verständnis und der Interpretation her anspruchsvoller sind.
Mir persönlich fällt die Romantik mit abstand am leichtesten im Gegensatz zur Klassik.

Sehe gerade, dass dein Beitrag noch weiter geht, hatte die Hälfte übersehen.
Was ich noch zum Thema der Eigeninterpretation sagen wollte: Natürlich kann man nicht spielen, was man will, es gibt selbstverständlich gewisse "Grundregeln" an die man sich im Normalfall zu halten hat. Aber man darf doch interpretieren, wie man möchte. Solange es schlüssig und nachvollziehbar ist, meine ich, ein Stück auffassen zu dürfen, wie es mir gefällt, ähnlich wie bei einem Gedicht in der Poesie.


Stilblüte
 
Aber man sollte doch zumindest das spielen, was in den Noten steht, oder?
Weisst du, Interpretation heisst nicht, umsverrecken möglichst alles neu machen und sich selber überall einbringen. Es geht um das Stück und nicht um den Pianisten. Und deshalb gibt es eben sehr wohl Regeln, was gut ist und was nicht. Die Stunden bei meiner Professorin (jaaaa, ich gehe natürlich auch in den Unterricht!) bestehen aus 50% Klangarbeit (inkl. Interpretationsmöglichkeiten, es gibt nämlich auch -unmöglichkeiten), 20% Technik (als Mittel zum Klang) und 30% das Stück verstehen, lesen, genau hinsehen...


Zum "Dichter spricht":

Ich finde die Einspielungen B, E, F fast gleich gut.

B
spielt sehr schöne Phrasierungen, einfach tolle Melodien. pp in T. 7 und v.a. T. 19 fantastisch. Leider wird das crescendo in jeder Phrase gleich zum forte. Das ist es natürlich nicht. Crescendo heisst hier lauter werden, aber im piano bleiben.

E
spielteine traumhafte Kadenz (T. 12), einfach schön. Leider sind die Auflösungen nicht optimal gestaltet, könnte etwas sensibler sein.

F
hat einen tollen Klang, das Lied singt richtig. Leider das pp in T. 19 übersehen.

Je nach Tagesform würde ich eines dieser dreien bevorzugen. Jetzt wahrscheinlich gerade F, aber das wechselt dauernd ;)


Es gibt verschiedene Kategorien von Hören:

1. Etwas gefällt mir persönlich nicht, aber ich akzeptiers und finde es okay (zB Andras Schiff, bei dem penn ich einfach ein. Habe von dem nur geschenkte CDs hehe).

2. Etwas ist einfach super und es gefällt mir eben auch tierisch (zB Kissin wie er die As-Dur Polonaise spielt).

3. Etwas gefällt mir nicht und es ist auch wirklich nicht gut oder gar schlecht. Dann kann ich begründen weshalb es schlecht ist. Dazu nenn ich jetzt mal kein Beispiel, habe in den letzten Stunden schon genug Fettnäpfchen abgeschossen :D
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
@thepianist73

Der Übersichtlichkeit halber wären deine Kommentare zum Dichter im entsprechenden Thread besser aufgehoben. Bei der Gelegenheit könntest du dann auch noch die bisher nicht erwähnten Interpretationen "zerpflücken". ;)

Gruß
Tina
 
Der Vergleich hinkt eben nicht, denn die Chopin Balladen der zB die As-Dur Polonaise SIND der NY Marathon. Ob man das Zeug in der Carnegie Hall spielen will oder im stillen Kämmerlein, ist doch wirklich völlig egal. :confused: ...
Der Vergleich hinkt eben doch! Es mag ja sein, dass die Ballade der NY-Marathon ist, aber du hast für die Laufleistung auch noch eine Zeitangabe gesetzt. Und das ist der Anspruch, der über das Spielen im Kämmerlein hinausgeht. Marathonstrecken bleiben üblicherweise 6 Stunden (international wohl oft bedeutend länger) geöffnet. Wer diese Zeiten nicht schafft, wer völlig falsch trainiert, ernährt und psychisch vorbereitet eine derartige Unternehmung angeht, der ist natürlich einer peinlichen Fehleinschätzung erlegen. Ähnliche Illusionen über die Repertoireplanung hat man auch hier schon lesen können. Aber insgesamt glaube ich immer noch, dass du deine Maßstäbe zu kategorisch anlegst.

Hier allerdings schon weniger:
Zitat von thepianist73:
Ich wollte nur sagen, dass es einfach nicht möglich ist, sozusagen von "Hänschen klein" gleich zur As-Dur Polonaise zu greifen.
– Wer wollte dem widersprechen!

Der weiter oben von dir reklamierte "Respekt vor den alten Meistern" ist ein relativer Begriff. Da halten sich meine persönlichen Pietäten im Rahmen: Ich sehe ihn eher verletzt, wenn z.B. aus kommerziellem Interesse Heumannsche Verhunzungen der Originalwerke im Jamba!-Format unter die Massen gebracht werden und damit unter dem Deckmantel des Heranführens an die Musik der ohnehin schon schlichte Massengeschmack weiterer Simplifizierung ausgesetzt ist.
 
Thepianist,

danke für Deinen ausführlichen Beitrag vom 24. Juli, 15.11!

Hat richtig gut getan; nach 2 Jahren Unterricht (nach einer kurzen Phase des Herumprobierens ohne Lehrer) und durchschnittlich 2 - 2,5 Stunden täglicher Übezeit sitze ich nämlich an - gemessen an dem, was hier so genannt ist - dusseligen Anfängerstücken, Übungen usw. und das auch noch halbe Ewigkeiten, bis sie sich einigermaßen anhören, und habe in jedem Klavierkonzert in das ich gehe den Eindruck, es trennen mich Lichtjahre von dem Können. Wobei sich die Distanz mit jedem Schritt, den ich selber weiter komme, zu vergrößern scheint.

Wobei ich gerne so gut spielen können würde ... wie weit auch immer ich in die Richtung komme ... immerhin kann ich daran arbeiten, jedes Stück, das ich beginne, so gut wie möglich zu spielen.
 
@Siggi: Ich denke nicht, dass sich hier alle maßlos überschätzen.
Einige streben nunmal Jobs an, für die man gut klavierspielen muss (Klavierlehrer oder vielleicht sogar Pianist, der mit Konzerten sein Brot verdient).
Mit nötigem Ehrgeiz, Talent und vorallem einem guten Lehrer kommt man da schon recht weit. Muss man ja auch, wenn man seinen Traum, Pianist zu werden, verwirklichen will.

Natürlich können dann viele nicht so spielen, wie es die "fertigen" Pianisten amchen. Das ist klar. Für viele der größeren Werke braucht man Reife und Lebenserfahrung, die man in dem Alter noch nicht haben kann. Aber man muss sie halt spielen, wenn man mithalten möchte.



Um zum Thema zurückzukommen: Ich spiele zur Zeit viel für mich, was mir einfach gut gefällt.
Üben tue ich einmal TEchnik (Hanon (Variationen)), Czerny nurnoch teilweise und von meinem Lieblingskomponisten immernoch die op.10 no.12 (Interpretation...) und die op. 10 no. 4 (noch beim Text).
Natürlich nicht auf Konzertniveau, aber ich versuche, so nahe wie möglich dranzukommen.

lg
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
@Siggi: Ich denke nicht, dass sich hier alle maßlos überschätzen.
Einige streben nunmal Jobs an, für die man gut klavierspielen muss (Klavierlehrer oder vielleicht sogar Pianist, der mit Konzerten sein Brot verdient).
Mit nötigem Ehrgeiz, Talent und vorallem einem guten Lehrer kommt man da schon recht weit.

Das wollte ich auch nicht sagen, wenn das so rübergekommen ist, bitte ich vielmals um Entschuldigung. Ich weiß, das hier viele bereits recht gut spielen und weitaus besser als ich. Ich meinte eher, um es einmal drastisch überspitzt zu sagen und in der Absicht, niemanden damit anzugreifen, "im Selbstlernverfahren nach 5 Monaten die zweite Sonate von Prokofjew innerhalb von 4 Wochen zu 'können'". Und das 'natürlich' ohne dusselige Übungen oder Tonleitern und bei minimaler Übezeit.
 
OK, dann habe ich dich falsch verstanden ;)
 

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