Absolutes Gehör

Ich glaube, in Wien (oder war das in Prag?) steht ein Vierteltonflügel im Museum der Tasteninstrumente.
 
Die Rieger-Orgel in St. Martin in Kassel hat auf einem Manual ebenfalls Vierteltöne. Hab sie allerdings noch nicht live gehört.
 
Was müssen Klaviertimmer, die einen Flügel dieser Art stimmen, für Helden, und mit großer Leidensfähigkeit ausgestattet sein? Oder verstopft er sich die Ohren und benutzt ein Stimmgerät?
 
Was müssen Klaviertimmer, die einen Flügel dieser Art stimmen, für Helden, und mit großer Leidensfähigkeit ausgestattet sein? Oder verstopft er sich die Ohren und benutzt ein Stimmgerät?
Es gibt ja nur eine Handvoll solcher Klaviere, die kaum einmal zum Einsatz kommen.
Aber ohne Stimmgerät wird es wohl sehr aufreibend und langwierig.
 
Abgesehen davon, dass die Musik in den beiden Videos absolut scheiße klingt, merkt man auch, dass die Jungs total unmusikalisch spielen. Katastrophe.
 
Ich muß mich mal auf die Suche nach der Quelle machen.

Irgendwo habe ich gelesen, daß das absolute Gehör wohl ursprünglich sei, und das bei uns Menschen "normale" relative Gehör eine Neuerung.
Wenn man Tiere trainiert hat, eine Melodie zu erkennen, dann erkennen sie sie nicht mehr, sobald sie transponiert ist; allenfalls eine Transposition um eine Oktave wird von manchen Arten noch akzeptiert.

Und dann sollten wir uns mal unsere Musik ohne relatives Gehör vorstellen...
 

Hallo Debösi

Deine im Eingangspost erwähnte Beobachtungen kenne ich ebenfalls.

Als langjähriger Einsiedlerklavierübender hatte ich die Fähigkeit, ausschließlich gehörte Töne und Klänge zu benennen weitgehend verloren. Zum Klavier üben und spielen braucht kein Mensch ein absolutes Gehör. In den letzten Jahren habe ich mir allerdings die Mühe gemacht, diese alte Fähigkeit wieder zu reaktivieren - mir einfach die Mühe gemacht, die Benennungen für mich privat wieder anzufangen. Das geht (bei mir)! :006:

Ebenso die Erfahrung, um einen halben Ton daneben zu liegen: bei E-Pianos, bei anderen Instrumenten, die nach diesen gestimmt sich habe ich im Großen und Ganzen kein Problem, ebenso bei einem gut intonierenden Chor, dessen Leiter sich nach der Stimmgabel gerichtet hatte. :001:

Das Problem taucht auf bei neueren Klavieren, die eben nicht auf 440 Hz, sondern nach 442,5 Hz oder weiß der Geier wie hoch gestimmt sind (unser alter Herbert von Karajan musste sich eben ein Denkmal setzen, der Klang der Berliner Streicher käme so besser zur Geltung). Diese hohe Stimmung braucht eigentlich auch kein Mensch - große Orchester verwenden sie, aber brauchen sie nicht wirklich. Die Flügel für Klavierkonzerte müssen natürlich von vorne herein so hoch gestimmt sein.

Ebenso: alte Aufnahmen sind meist auf die 440 Hz geeicht, neue auf die höhere Stimmung.

Mein 2 Jahre älterer Bruder hatte ebenfalls das absolute Gehör. Wir hatten uns früher öfter den folgenden Spaß gemacht: der eine schlägt auf dem Klavier irgendwo eine Klangtraube ("Cluster") und der andere musste die klingenden Töne benennen. Der große Bruder war besser als ich. :009:

Es geht auch alleine: mit dem Rücken zur Tastatur ein paar Tasten drücken und dann "raten". Wenn dann niemand zuhört, bleiben einem blöde Bemerkungen und Fragen erspart! :007:

Viel Spaß beim absoluten und vor allem beim relativen Hören!

Walter
 
O ja bitte, es wäre toll, wenn Du die Quelle finden würdest. :011:
Altenmüller: Vom Neandertal in die Philharmonie, Kapitel 2.8, S.179 f:
"Übrigens ist imTierreich das absolute Gehör eher die Regel, das relative Gehör die Ausnahme. Viele Affen-,Hunde-,Fledermaus- und Vogelarten besitzen ein absolutes Gehör.Für sie sind dieMelodien von Bruder Jakob in C-Dur und in D-Dur vollkommen unterschiedlich! Man kann also sagen, dass das Besondere des menschlichen Wahrnehmungsapparates die Fähigkeit ist, zwei Melodien in unterschiedlichen Tonarten als gleich zu erkennen. Nur die in Abschn. 2.2 erwähnte Oktaven-Generalisation der Rhesusaffen kommt dieser Leistung nahe."
Leider ohne weitere Quellenangabe.
 
@Bernhard Hiller geht das so weit, dass man den Fiffi nur in C-Dur rufen soll, denn wenn man versehentlich in Es-Dur Fiffi ruft, dann denkt der, ein anderer Kläffer sei gemeint?
 
@Bernhard Hiller geht das so weit, dass man den Fiffi nur in C-Dur rufen soll, denn wenn man versehentlich in Es-Dur Fiffi ruft, dann denkt der, ein anderer Kläffer sei gemeint?
Gerüchten zu Folge geht es bei der Ausbildung von Hunden weniger um die Hunde sondern um Herrchen und Frauchen, daß sie reines C-Dur pfeifen und rufen lernen.
 
Unsere Katzen haben offensichtlich ein sehr fein abgestuftes Gehör. Wenn ich oder meine Frau mit dem Auto zuhause ankommen, da hören sie schon aus der Entfernung, daß einer von uns das ist uns zwar bei unterschiedlichen Autos. Wenn ein Auto vom gleichen Typ vorfährt, das für uns genau wie unseres klingt, juckt sie das nicht.
 
Ich muß mich mal auf die Suche nach der Quelle machen.

Irgendwo habe ich gelesen, daß das absolute Gehör wohl ursprünglich sei, und das bei uns Menschen "normale" relative Gehör eine Neuerung.
Wenn man Tiere trainiert hat, eine Melodie zu erkennen, dann erkennen sie sie nicht mehr, sobald sie transponiert ist; allenfalls eine Transposition um eine Oktave wird von manchen Arten noch akzeptiert.

Und dann sollten wir uns mal unsere Musik ohne relatives Gehör vorstellen...


Da gebe ich Dir absolut Recht. Die Evolution oder der Herr (je nach Weltanschauung) hat den Menschen mit einem relativen Gehör ausgestattet, welchem es ermöglicht Nuancen und Variablen zu erkennen und zu verarbeiten. Bei einigen Autisten kommt es vor, daß sie sich nicht an das relative hören gewöhnen können und das naturbedingte Absoluthören beibehalten. Für diese Menschen ist eine gleichschwebende Stimmung einfach nur greisslich bis hin zur akustischen Qual. Bei meinem Großen (welcher auch Autist ist) ist dieses weniger ein Problem, er nimmt hingegen sehr sehr hohe Frequenzen wahr - was im Zoo zu einem Problem wird....im Fledermaushaus fangt er die Viecherl im Flug.
Auch Katzen verfügen nicht nur über ein absolutes, sondern selbst über ein räumliches Gehör - so a Katzerl woaß sofort wo die Maus gerad ist.
Dem Menschen nutzt ein absolutes Gehör nichts, der Naturton befindet sich ohnehin auf 427,5 Hz, also ein Viertelton unter dem internationalen Kammerton 440Hz.
 

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