Absolutes Gehör

@virtualcai Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch Vererbung eine Rolle spielt - die (Nicht-)Häufung in Familien ist auffällig. Da ich schon sehr früh als Kind tonal abhängig musiziert habe, hätte ich es als kleines Kind lernen bzw. behalten müssen - habe ich aber nicht. Mein sehr musikalischer Bruder hat auch keines, meine Eltern ebenfalls nicht.
Soweit ich weiß haben auch nicht alle Chinesen ein absolutes Gehör, aber mehr als z.B. Europäer. Spricht ebenfalls für meine These, dass es um eine Mischung aus vererbt und in früher Kindheit "kultiviert" geht.
 

ALLES "verblasst", was nicht benutzt wird.

Ihr Lieben,

Gerald Moore, der berühmte Liedbegleiter, schreibt in seiner Biographie, dass er das absolute Gehör mal hatte, dann wieder nicht, dann doch .... . Er hat die ganze Zeit über musiziert, es kann also zumindest bei ihm nicht von der Übung abhängen. Er präferiert übrigens ein sehr gutes relatives Gehör (er erzählt lustige Anekdoten über das Transponieren etc., das mit absolutem Gehört deutlich schwieriger ist).

Es gibt auch Musiker, die nur auf ihrem Instrument absolut hören. Ich sehe einen weiten Anteil dieser Fähigkeit bei der Vererbung.

Liebe Grüße

chiarina
 
Da ich schon sehr früh als Kind tonal abhängig musiziert habe
Das tonale Musizieren legt den Schwerpunkt auf relative Beziehungen, vermutlich hast Du Dir damit das absolute Hören (wie die meisten hier in Europa) völlig versaut. Wenn ich aus "Neurowissenschaften und Musikpädagogik: Klärungsversuche und Praxisbezüge" von Ludger Kowal-Summek zitieren darf:
gehör.jpg
 
Das tonale Musizieren legt den Schwerpunkt auf relative Beziehungen, vermutlich hast Du Dir damit das absolute Hören (wie die meisten hier in Europa) völlig versaut. Wenn ich aus "Neurowissenschaften und Musikpädagogik: Klärungsversuche und Praxisbezüge" von Ludger Kowal-Summek zitieren darf:
Den Anhang 29457 betrachten
Die Stichprobe war ja nicht gerade groß.
Im Übrigen halte ich das absolute Gehör für eine maßlos überschätzte und kaum brauchbare Fähigkeit.
An manchen Musikhochschulen wird bei der Aufnahmsprüfung das Melodiediktat transponiert vorgespielt. In dieser Hinsicht ungeübte Absoluthörer scheitern daran mit hoher Eleganz.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das tonale Musizieren legt den Schwerpunkt auf relative Beziehungen, vermutlich hast Du Dir damit das absolute Hören (wie die meisten hier in Europa) völlig versaut. Wenn ich aus "Neurowissenschaften und Musikpädagogik: Klärungsversuche und Praxisbezüge" von Ludger Kowal-Summek zitieren darf:
Den Anhang 29457 betrachten

Lieber virtualcai,

leider kann ich über die Studie im Netzt nichts Weiteres finden. Ich bin bei Studien immer skeptisch - wir wissen nicht, wie die genetische Disposition ausgeschlossen wurde, ob die Studie mit gleichem Ergebnis wiederholt wurde, ob wissenschaftliche Kriterien eingehalten wurde etc. Die Teilnehmerzahl finde ich sehr klein.

Ich halte mich da lieber an diese Artikel https://www.br.de/themen/wissen/absolutes-gehoer-musik-hoeren-100.html und https://www.wissenschaft.de/gesellschaft-psychologie/dem-absoluten-gehoer-auf-der-spur-2/ . Eindeutig ist da gar nichts.

Mein Bruder hat absolutes Gehör, ich nicht. Wir sind sehr ähnlich aufgewachsen. Man "versaut" sich nicht durch (tonale) Musik sein absolutes Gehör.

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich kenne auch eineiige Zwillinge, von denen eine mit einem Mann und eine mit einer Frau zusammen ist. Gleich aufwachsen ist kein Garant für etwas.:005:
 

Soweit ich weiß haben auch nicht alle Chinesen ein absolutes Gehör, aber mehr als z.B. Europäer.
Um Chinesisch zu lernen, nützt ein absolutes Gehör auch nichts, denn die Tonhöhen sind relativ.

"Für die genetische Komponente spricht auch, dass absolutes Gehör in Japan, China, Korea und Vietnam weitaus häufiger auftritt als bei kaukasischen Volksgruppen. Dabei ist es nur von untergeordneter Bedeutung, ob es sich bei den Landessprachen um tonale Sprachen handelt, bei denen Tonhöhen Wortbedeutungen kodieren, wie dies im Chinesischen der Fall ist. So sind Japanisch und Koreanisch keine tonalen Sprachen, und auch bei englischsprachig aufgewachsenen Chinesen findet sich ein höherer Anteil von Absoluthörern."
https://books.google.de/books?id=EtVKl4OpRbYC&pg=PA88&lpg=PA88&dq=absolutes+gehör+japan+china+korea+vietnam&source=bl&ots=B2Ncb7o57F&sig=ACfU3U0w2AS7A-jeSlOXYUObtQkwQ-22Cg&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwis3MWHucTmAhWlqHEKHchRBekQ6AEwAXoECAoQAg#v=onepage&q=absolutes gehör japan china korea vietnam&f=false


Übrigens gibt es Tonsprachen auch in Europa. Der "Singsang" im Schwedischen oder in rheinländischen Mundarten kommt ja nicht von ungefähr. Im nördlichen Moselfränkischen bedeutet "reif" je nach Tonakzent "Reibe" oder "reif"; "dauf" bedeutet je nach Tonakzent "Taube" oder "Taufe".
https://books.google.de/books?id=KqeH_ihO8q4C&pg=PA265&lpg=PA265&dq=mittelfränkische+tonakzente&source=bl&ots=IB8KeBCp1z&sig=ACfU3U0sFbrVpVzOHuM1-ksoAloR8R_60Q&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwj-tt-7u8TmAhWD2qQKHRmYA0QQ6AEwBHoECAsQAg#v=onepage&q=mittelfränkische tonakzente&f=false
 
Daß Musik und Sprache miteinander verwoben sind, liegt auf der Hand, ist doch Musik ebenfalls eine Sprache.
Vor Kurzem habe ich im WDR einen Beitrag gehört, der sich ebenfalls mit absolutem Gehör beschäftigte. Auch dort wurde gesagt, daß das a. Gehör sich in der Prägephase für Sprache ausbildet.
Wenn ein Kind recht früh ein Instrument lernt (so zwischen 3 und 4) ist die Wahrscheinlichkeit, ein absolutes Gehör zu entwickeln deutlich höher, als wenn das Instrument erst später gelernt wird.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß das System auch andersherum funktioniert.
Mir fällt es sehr viel leichter, Sprachen nachzusprechen, als vielen anderen Menschen. Mir liegt die Sprachmelodie und ich kopiere sie sofort, wenn ich sie höre. Fahre ich nach Bayern, dann muß ich sehr aufpassen, daß ich nicht nach drei Tagen bayrisch rede...In Norddeutschland verändere ich den Klang meiner Sprache auch sofort, wenn ich die Menschen dort höre.
Daran spüre ich selbst die enge Verbindung zwischen Musik und Sprache.
 
Wenn ich mit einem Inder englisch rede, kann ich plötzlich kein Englisch mehr (vorgestern passiert) :008:
 
Mir fällt es sehr viel leichter, Sprachen nachzusprechen, als vielen anderen Menschen. Mir liegt die Sprachmelodie und ich kopiere sie sofort, wenn ich sie höre. Fahre ich nach Bayern, dann muß ich sehr aufpassen, daß ich nicht nach drei Tagen bayrisch rede...In Norddeutschland verändere ich den Klang meiner Sprache auch sofort, wenn ich die Menschen dort höre.

Oder andersrum: Viele meiner sehr guten Abiturientinnen (ja, häufig Mädchen, aber nicht ausschließlich) in den Fremdsprachen haben gleichzeitig ein Instrument auf mindestens ordentlichem Niveau gespielt. Und selbst im Anfangsunterricht ist festzustellen, dass die, die Musik machen, sich mit den Fremdsprachen leichter tun.

Lustig, ich selbst habe dasselbe in allen den Jahren festgestellt, was die Dialekte betrifft. Mir hat das auch regelrecht Spaß gemacht, Dialekte zu imitieren, schon in der Kindheit in Südtirol.
 
@Tastatula : kannst Du in Bayern „rauchende Schwefelsäure“ akzentfrei aussprechen?
(Vitrioiey)
 

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