3 wichtige Klavier Übe-Tipps

Blöd formuliert vielleicht. Ich meine, die Finger könnten schneller, wenn man denn die Noten schneller erfassen könnte. Das Problem erledigt sich, wenn man einen großen Teil im Gedächtnis hat, oder gleich komplett auswendig spielt. Dann erst wird die Fingerfertigkeit zum limitierenden Faktor.
 
Mit der Zeit hat man immer mehr Patterns (Muster) im Kopf wie Skalen mit verschiedenstesn Vorzeichen,Dreiklänge, Akkorde und Akkordbrechungen, z.B. Quartsextakkorde, Dominantseptakkorde, Akkordumkehrungen, rhythmische Patterns, Albertifiguren und allmählich viele viele andere mehr.
Das braucht aber Zeit und ggf. Unterricht.
Dann wird das Aufnehmen und Umsetzen des Notentextes immer schneller.
Mein KL ist Korrepetitor an der Uni. Was da im Tempo neu vom Blatt gespielt wird ist einfach unglaublich. :-)
 
@hasenbein Der Anfänger hat meist nicht viel andere Möglichkeiten als zu "buchstabieren". Ich bin schlicht nicht in der Lage, Phrasen als ganzes zu erfassen und da schon vor dem ersten Spiel einen Klangwillen zu bilden. Das spielen auf Tempo geht zwangsweise erst dann, wenn der Notentext soweit sicher sitzt, dass das Auge oder das Gedächtnis mit den Fingern mithalten kann. Das erkennen von Akkorden, von Phrasen erfordert viel Übung, das kommt erst ganz langsam. Insofern finde ich Deine Wertung "dummes" üben ein bisschen fehl am Platz.
Wenn das Stück ausreichend geübt ist, dann kann man das auch in musikalisch sinnvollen Einheiten spielen und das Ohr als Kontrollinstanz fungieren lassen.
Die Übergänge vom Anfänger zum Profi sind fließend. Ich erkenne nach zwei Jahren inzwischen reichlich Akkorde und Muster auf einen Blick, aber es gibt noch genug, wo ich "buchstabieren" muss. Geht dann leider gar nicht anders.

Hasenbein meint vermutlich, dass man so früh wie möglich in musikalischen Sinneinheiten üben soll. Natürlich muss man gerade als Anfänger zunächst „buchstabieren“. Aber von diesem Stadium sollte man sich so schnell wie möglich verabschieden oder es sogar überspringen. Nimm z.B. eine für dich relativ einfache Phrase. Stelle dir den Klang (und wenn möglich auch die Fingerbewegungen) zunächst „nur“ im Kopf vor. Dann spiele real, möglichst entsprechend deiner Klangvorstellung.
Viel wichtiger als Fingerbewegungen ist die musikalische Gestaltung. Wenn man die nicht früh genug durch Training der Vorstellungskraft entwickelt, bleibt es bei reiner Finger-Choreographie. Dann meint man zwar, man könne Klavier spielen, aber Musik ist das noch lange nicht.
 
Ist die musikalische Vorstellung unterschiedlich, so ist unweigerlich auch die Bewegung anders. Mal mehr, mal weniger.

Aus den Notwendigkeiten eines bestimmten Klangwillens ergeben sich bestimmte Bewegungen, die der Körper automatisch durchführt, um den Klangwillen in eine reale Schallwelle umzusetzen.

Bewegungen entkoppelt von der Führung durch einen möglichst konkreten Klangwillen einzuüben (und danach das Ohr lediglich nachkontrollieren zu lassen, ob die Bewegungschoreographie zu einem hinreichenden Ergebnis geführt hat) macht keinerlei Sinn.

Ein musikalischer Klangwille KANN NUR ein Klangwille sein, der sich auf Klangverbindungen und Rhythmen bezieht. Ein Einzelklang IST KEINE MUSIK. Daher macht es keinerlei Sinn, Einzelklänge hintereinander "korrekt" oder "schön klingend" zu spielen. Man schafft es vielleicht, sich irgendwie so zu dressieren, dass man "das Stück hinkriegt" aber es ist so, als wenn man nach Phonetik (und vielleicht mit einem Aussprache-Assistenten) ein chinesisches Gedicht vortragen lernte, dessen Inhalt und Emotion einem unbekannt ist. Daher fühlt man sich weiterhin "unverbunden" mit dem Stück, und es ist nur das "Als ob" ("ich spiele hier dieses bekannte Stück, das eigentlich ja sehr schön ist"), nicht aber das, was man beim Spielen an realen Klängen erlebt, was einen bei der Stange hält und - ja, man muss es so sagen - in einem die Illusion des Musikmachens aufrechterhält. Diese innerliche Verfasstheit führt dann zu diesem typischen unzulänglichen, verschämten Amateur-Gefühl, und man glaubt, man könne es halt nicht besser, weil man schon so alt sei, nicht genug Zeit habe, blabla. In Wirklichkeit hat einem niemand gezeigt (bzw. man hat es nicht auf eigene Faust entdeckt), wie man MUSIKALISCHE Schallwellen erzeugt.
 
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Es grämt mich nicht, da ich keine Etüden spielen muss.:012:
Das ist herrlich, es gibt nämlich so viele gute Stücke (=Musik) die ein Leben lang reichen.

Zum einen ist die Akkordetüde von Debussy tolle Musik (wie viele andere Etüden auch) und zum anderen wirst du viele der guten Stücke niemals spielen können, wenn du dich nicht auch mit Etüden auseinandersetzt, die spezifische manuelle oder musikalische Schwierigkeiten fokussieren.

Aber vielleicht bist du ja schon so alt, dass die verbleibenden Stücke dennoch dein Restleben lang reichen. :007:
 
….ach so... hm... unter diesen Voraussetzungen habe ich an dich keine Frage mehr dazu...

Hast du einen Einspruch zu @chiarina Statement ?
...sagen wir so: das hier:
Wenn ein Stück zwei Stimmen hat, dann sagst du dass man die Melodie einzeln und auch den Bass einzeln üben soll.
hat @chiarina weder irgendwo in diesem Sinn noch mit der absurden Prämisse jemals gesagt oder geschrieben...

...speziell für dich: es gibt auch außerhalb von den dir verhassten Etüden (oohh...sindse dir nicht zugänglich? wie gemein...) Klavierstücke, die überwiegend akkordisch gesetzt und flott sind.
 
Tja, unter den Amateuren scheinen insbesondere 2 Verhaltensweisen sehr verbreitet zu sein.

Entweder auf der einen Seite die, die nach dem Motto arbeiten "XY hat doch gesagt, man macht das so und so, und deswegen sollte man das doch befolgen, oder?"

Oder auf der anderen Seite diejenigen, die sagen "was interessiert mich was XY oder YZ sagen; ich mache es nach meiner Art, und für mich funktioniert das toll so, basta." (Steigerung: Diejenigen, die das auch noch anderen anempfehlen, siehe ein berüchtigter User dieses Forums).

Zum verständigen, rationalen, zweckmäßigen, ausbalancierten Vorgehen sind offenbar immer weniger in der Lage. Erfordert zu viel Denken, Konzentration und Ego-Beiseiteschieben.

Vielleicht muss man es auch noch unbarmherziger formulieren:
Erfordert zu viel Intelligenz.
 
@rolf: Etüden müssen nur diejenigen spielen, die ...

- entweder Klavier studieren (sinnvoll)
- oder sich selbst oder anderen etwas beweisen müssen (armselig)
- oder Etüden schöner finden als die viele Klaviermusik, die nicht den Titel „Etüde“ trägt.

Ich habe genug Etüden gespielt, um für mich zu beurteilen, dass mich andere Klaviermusik wesentlich mehr reizt, bis auf sehr wenige Ausnahmen.
 

Dann meint man zwar, man könne Klavier spielen, aber Musik ist das noch lange nicht


Das hört (oder liest) man immer wieder.
Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Wie kann man denn ein (bekanntes) Stück derart versemmeln, dass man es als solches gar nicht mehr erkennen kann?

... (und vielleicht mit einem Aussprache-Assistenten) ein chinesisches Gedicht vortragen lernte

Wobei ich mir so etwas sehr gut vorstellen kann.

Gibt es ein Beispiel für derart schlechte Interpretationen?
 
Dann hast du sicher die ganzen Bewegungsmuster inhaliert, die für ein erfolgreiches Fortkommen nützlich sind...
Wieso muss ich denn jedes Bewegungsmuster inhaliert haben? Jeder entscheidet doch selbst, wie weit man in den verschiedenen Bereichen des Klavierspielens kommen will.
Ein Beispiel: Terzparallelen auf dem Niveau der Terzenetüde von Chopin zu spielen finde ich für mich nicht so wichtig wie das einwandfreie Beherrschen von Arpeggien. Deswegen habe ich op. 10,1 und op. 25,12 sehr intensiv geübt, das hat mir im Studium auch etwas fürs Leben mitgegeben. Aber ich sagte ja, es gibt so viel andere, für mich bedeutsamere Musik, warum sollte ich dann etwas üben, wenn es mir nichts gibt, weder musikalisch noch technisch?
 
Ein Stück ist ja auch dann schon keine interessante Musik mehr, wenn man einfach generisch spielt. Da muss man es gar nicht bis zur Unkenntlichkeit versemmeln.
 
Das hört (oder liest) man immer wieder.
Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Wie kann man denn ein (bekanntes) Stück derart versemmeln, dass man es als solches gar nicht mehr erkennen kann?



Wobei ich mir so etwas sehr gut vorstellen kann.

Gibt es ein Beispiel für derart schlechte Interpretationen?

Die innere Beteiligung, das Mit-Erleben fehlt dann, es berührt nicht.
 
@Tastimo unter der Prämisse, dass der Begriff "Etüde" in der Klaviermusik eine mechanische öde Fingerübung bedeutet, würde ich dir evtl. teilweise zustimmen - aber die Prämisse taugt nichts... die Etüden von Chopin bis Ligeti sollten dir als Musik bekannt sein.
 
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Das trifft doch auf wahrscheinlich 80% aller auf YouTube veröffentlichten Aufnahmen von Amateuren zu.
 
@Tastimo unter der Prämisse, dass der Begriff "Etüde" in der Klaviermusik eine mechanische öde Fingerübung bedeutet, würde ich dir evtl. teilweise zustimmen - aber die Prämisse taugt nichts... die Etüden von Chopin bis Ligeti sollten dir als Musik bekannt sein.
Natürlich sind sie das. Aber sie sind mir, und ich spreche nur von mir, zu einförmig im VERGLEICH mit der vielen anderen Klaviermusik. Moszkowski, Liszt, Chopin, Debussy-Etüden. Wobei ich zugegebenermaßen die Etüden von Ligeti nicht so richtig kenne. Dies ist aber mal ein guter Anlass, das zu tun.

Jedenfalls - wenn jemand sagt, er müsse etwas Bestimmtes nicht spielen, wie der User playitagain (?) es tat, hat das nicht unbedingt etwas mit Können, sondern mit der Einstellung aufgrund eines zeitlich begrenzten Lebens zu tun. Z.B. Brendel hat ja auch eine klare Auswahl getroffen und zumindest öffentlich z.B. Prokofieff nicht gespielt.
 

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