Highest-End-Kopfhörer-Klavier

Vorausgesetzt, dass man ein akustisches Instrument inkl. Tastatur zur Verfügung hat, ist nach meiner Erfahrung eine sehr gute Digi-Tastatur mit ebenfalls bestmöglicher (#1) MIDI-Implementierung plus (#2) gute Klangerzeugung (intern oder über PC) in der Summe das bessere Kopfhörer-Klavier.

Ein Silent-Klavier mit sowohl #1 und #2 habe ich noch nicht angetroffen. Ich war immer grenzwertig enttäuscht von Spiel-Erlebnis über Kopfhörer am Silent, trotz Tastatur. Wenn mein Tasteninput holprig und undifferenziert in Klang übersetzt wird (MIDI-Implementierung) macht das nur eingeschränkt Spaß. Das ist Meckern auf hohem Niveau aber für mich hat es einen relevanten Unterschied gemacht.

Aber ich bin auch nicht auf aktuellem Stand, die aktuellen Modelle von Y und K habe ich nicht getestet.

Deswegen spricht mitunter trotzdem viel für das Gesamtpaket Silent-Klavier... Ist nur meine persönliche Bilanz.
 
Also Deine konkrete Erfahrung ist VPC1+Software (pianoteq?) ist für Kopfhörerhörer besser als ein Silent-Klavier?
 
Mein MIDI-Misstrauen in die Yamaha Silent hat folgenden Grund:

Zumindest bis zur SH-Serie gabe es die Information, dass nur 100 anstatt der standardmäßigen 127 Velocity-Werte generiert und umgesetzt werden. Das bringt natürlich Einschränkungen in Dynamikumfang und Responsivität. In den User-Manuals (SG-Serie) stand das damals nicht explizit drin, ich hatte die Information von einem Yamaha-Techniker bekommen. In den Manuals ab der SH-Serie steht "MIDI-Auflösung 127", also sollte zumindest das inzwischen keine Einschränkung mehr sein.

Ansonsten finde ich persönlich den Preis sehr hoch: ca. 2500 Aufpreis für Silent im Yamaha-Klavier, ca. 4500 im Flügel. Zum Vergleich bekommt man für ca. 1500 eine Top-MIDI-Tastatur (VPC1 als Goldstandard) und eine hochwertige Piano-Software. Wenn man dann isoliert die Gesamtqualität des Silent-Modus mit der Digi+Software-Option vergleicht, gewinnt wahrscheinlich immer noch letztere und sie kostet deutlich weniger.

Allerdings sitzt man dann eben auch vor einem Bastler-Setup und nicht an einem schicken Klavier oder Flügel und man muss den Standort wechseln um in den akustisch Modus zu switchen.

Es kommt ja immer auf die individuellen Bedürfnisse, die Prioritäten und auf das Gesamtpaket an.

Silent ist super, wenn man ein (a) Instrument findet, dessen akustischer Modus keine Fragen offen lässt, (b) man mit dem Silent-Modus gut klar kommt bzw. keinen besseren gewohnt ist und (c) wenn man mit dem Aufpreis für Silent leben kann.

Nachtrag: (d) ...wenn man einfach Bock auf das innovative, alltagstaugliche, schicke und zugegebenermaßen auch für mich heute noch sehr coole Gesamtpaket hat.
 
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nur 100 anstatt der standardmäßigen 127 Velocity-Werte generiert und umgesetzt
Ich weiß nicht, ob zwischen 100 und 127 ein so großer Unterschied ist. Eventuell gibt es in der weiterverarbeitenden Software Probleme, wenn die starr auf 128 Werte ausgelegt ist und die 100 dann unschön zurechtbiegen muss.

Was mich aber mehr wundert: Seit Januar 2020(!) gibt es den MIDI 2.0 Standard. Anstatt 7 bit (128 Werte) hat man damit 32 bit (>4 Mia Werte) zur Verfügung. Man muss die ja nicht komplett ausnützen, aber eine feinere Auflösung auf ~500 bis 1000 wäre doch drin. Warum hört man nichts von einer Entwicklung in die Richtung?
 
Zumindest bis zur SH-Serie gabe es die Information, dass nur 100 anstatt der standardmäßigen 127 Velocity-Werte generiert und umgesetzt werden.
Diesen Unsinn hatten sie damals beim DX7 FM-Synth auch schon gemacht. Über die Gründe wurde natürlich Stillschweigen bewahrt.

Ich weiß nicht, ob zwischen 100 und 127 ein so großer Unterschied ist.
Wenn man den Klangerzeuger nur mit maximaler Vel=100 ansteuert, dann macht das einen erheblichen Unterschied. Auf jeden Fall sollte man dann die Anschlagssensitivität entsprechend anpassen, so etwa:

1730282304500.png

Ob der Verlust an Dynamikstufen einen großen Unterschied macht, da habe ich auch meine Zweifel. MIDI 1.0 ist einer der IT-Standards, die sich am längsten unverändert gehalten hat. Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass ich im Laufe meines Restlebens mein komplettes Equipment auf MIDI 2.0 umstellen werde.
 
Es gibt ja auch High-Resolution-Midi und weiß der Teufel was alles...

Ich meine auch, dass man die Unterschiede (z.B. zwischen 100 und 127 Werten) nur unter Laborbedingungen merkt. Andererseits machen solche subtilen Unterschiede in der Responsivität manchmal den schmalen Grat aus zwischen ""nichts-zu-meckern" und "Wow-das-macht-ja-richtig-Spaß-zu-spielen".

Ich spiele viel über Kopfhörer auch Übungsmaterial für Improvisation wo Phrasierung und Akzentuierung wichtig sind, und je länger ich das mache desto mehr feine Unterschiede nehme ich wahr.

Deshalb fand ich diesen Kontroller mit sehr langen Tasten und differenzierter MIDI-Abnahme interessant...

Wenn man den Kopfhörer-Modus "nur" braucht um zu Ruhezeiten Technik zu üben, also Etüden oder schwiergige Stellen zu beackern, dann sind vielleicht die Ansprüche nicht allzu hoch. Damit will ich natürlich niemandem Unkenntnis, mangelnde Hörfähigkeit oder undifferenzierte Finger-Ohr-Verbindungen unterstellen, wie gesagt, alle haben individuelle Prioitäten.
 
Kommt drauf an, manche Limitationen bei der MIDI-Ausgabe merkt man schon.

Das Kawai MP11 SE, mit hervorragender Tastatur und Sound-Engine gesegnet, hat keine so gut MIDI-Implementation. So kann es nicht zuverlässig MIDI Werte unter 30 rausgeben. Wenn man nun ein Akkord mit pp-Dynamik spielt und dabei versucht, einen Ton dabei zu akzentuieren (Gymnopédie No. 1 bspw.), klappt das nicht so richtig, weil die Töne, die man leiser ansteuert, genauso laut gespielt werden (weil statt MIDI-Wert 15 eben 30 rauskommt), wie der Ton, den man lauter ansteuert. Spielt man insgesamt kräftiger, kann man zwar den einen Ton im Akkord betonen, es ist aber insgesamt zu laut und die Dynamik und Tonfarbe stimmt nicht. Mit der internen Sound-Engine ist das kein Problem.
 

Nur weil ich es interessant und lesenswert finde, eine doch sehr differenzierte Rezension zum MP11SE von der Thomann-Seite:


"Eines vielleicht vorneweg: ich bin Tonmeister für klassische Musik und habe beruflich viel mit sehr guten Steinwayflügeln in Konzertsälen zu tun, an denen teilweise wirklich gute Klaviertechniker werkeln. Deshalb mag man es mir verzeihen, dass ich von der Qualität der Klaviersamples doch ganz schön, wie man so schön sagt, "underwhelmed" war. Zum Teil ist das sicherlich Geschmackssache (für meinen Geschmack sind die Samples zu mittig abgestimmt, haben teilweise einen zu hellen, scharfen attack und dann wieder zu wenig und zu dunklen sustain, und ich finde manche Töne im Vergleich zum Steinway zu näselig -- aber das liegt vielleicht auch an den mittelprächtigen gesampelten Originalinstrumenten, die in etwa wie ein mittelmäßiger Blüthner klingen).
Was aber keine Geschmackssache ist, ist die offenkundig schlechte Intonierung der gesampelten Flügel, die alle unterschiedlich unregelmäßig intoniert sind. Der Standard-Konzertflügel hat zum Beispiel ein Problem um das eingestrichene fis', das viel zu leicht anfängt zu "kreischen". Fast alle hier gesampelten Instrumente haben einen ziemlich eindeutigen Bruch zum Diskant hin. Zum Glück gibt es sehr umfangreiche klangliche Einstellungsmöglichkeiten (Voicing und Lautstärke) pro Taste, so dass sich diese Unregelmäßigkeiten überwiegend ausgleichen lassen. Man muss meines Erachtens aber zunächst einen ganzen Abend damit verbringen, an diesen Einstellungen rumzuschrauben, bevor beim Spielen nichts mehr ganz vordergründig nervt. Warum die gesampelten Instrumente nicht besser aufbereitet wurden, finde ich schon sehr verwunderlich. Auch etwas störend ist, dass man auf den Samples teilweise dezent einen kleinen Aufnahmeraum (also irgendwelche frühen Reflexionen) raushört, der einen den Bereich um 300 Hz etwas zumatscht. Beim Spielen über Kopfhörer lässt das den Klang zugegebenermaßen verblüffend realistisch wirken, in einem Mix würde es mich aber stören, dass diese enge Räumlichkeit dabei ist.
Davon abgesehen ist die Tastatur erfreulich gut (außer, dass sie etwas langsam repetiert und sich im Vergleich zu echten Flügeln etwas wattig anfühlt). Positiv fällt mir auf, dass das Spielgeräusch im Vergleich zu anderen Masterkeyboards, die ich in der Vergangenheit besessen habe, recht leise ist.
Fazit: zum nächtlichen Üben und Komponieren sicherlich ausreichend, für Produktionen muss jeder selbst entscheiden, ob eine gute Samplelibrary nicht vielleicht ein besseres Ergebnis liefert."
 
Auch da hilft die Anpassung der Anschlagskurve, so etwa:

Den Anhang 72472 betrachten

Jeder gute Tonerzeuger bietet heute die Möglichkeit, das an die verwendete Tastatur anzupassen.
Nope, eben nicht. Weil das dazu führt, das alle drei Tone den MIDI-Wert 30 haben. Sie werden zwar insgesamt leiser, aber eine Akzentuierung innerhalb des Akkords bleibt nach wie vor unmöglich.

Bei guter MIDI-Aufgabe (in Klammern die MIDI-Werte des Akkords mit drei Tönen):
Input: 15-15-25
Output: 15-15-25

Beim MP 11 SE:
Input: 15-15-25
Output: 30-30-30

Beim MP11 SE mit deiner Anpassung:
Input: 15-15-25
Output (vom MP11 SE): 30-30-30
Output (von Pianoteq, dass ja den Output vom Kawai bekommt): 10-10-10, oder 20-20-20, oder 30-30-30, was auch immer - aber die Differenzierung fehlt halt.
 
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Beim MP 11 SE:
Input: 15-15-25
Output: 30-30-30
Denkfehler. Du kannst nach eigener Angabe ja keinen solchen Input (15-15-25) erzeugen. Du spielst stattdessen sagen wir 30-30-40, und der Tonerzeuger generiert daraus 15-15-25. Die genannten Werte sind natürlich symbolisch, die genauen Werte ergeben sich aus der eingestellten Velocity-Kurve.
 
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@Bassplayer : Gefühlt warst du länger abwesend... Welcome Back!
Vielen Dank! Einige Jahre habe ich fast gar kein Klavier gespielt und mich dafür mit anderen Instrumenten beschäftigt. Aber seit rund einem Jahr spiele ich auch wieder regelmäßig auf dem Digitalpiano und denke tatsächlich gerade auch über eine Neuanschaffung nach. Darum bin ich bei Themen wie diesem Faden natürlich interessiert.
 
Denkfehler. Du kannst nach eigener Angabe ja keinen solchen Input (15-15-25) erzeugen. Du spielst stattdessen sagen wir 30-30-40, und der Tonerzeuger generiert daraus 15-15-25. Die genannten Werte sind natürlich symbolisch, die genauen Werte ergeben sich aus der eingestellten Velocity-Kurve.
Denkfehler. Ich spiele halt 30-30-30, WEIL das MP11SE zwischen sehr leichtem Anschlag und leichtem Anschlag bei der MIDI-Ausgabe nicht unterscheidet und eben 30-30-30 rausgibt, obwohl es eigentlich 15-15-25 (oder 20-20-30 oder whatever) rausgeben müsste. Und wo MP11 SE schon bei der Ausgabe nicht unterscheidet und die MIDI-Werte dann leider gleich sind, kann man so viel an der Velocity-Kurve rumändern wie man will, es kann keine Differenziertheit da herstellen, wo keine sind. Ich habe es hier und Pianoteq auch, ich weiß wovon ich rede.
 
Du kannst die Kurve so einstellen, dass es bei 30 ppp, bei 40 pp, bei 50 p ist, etc.
So ist die Differenzierung schon möglich.

Nur wirst du dir dann einen für ein akustisches Instrument zu harten Anschlag für pp antrainieren.
 
Dann müsste MIDI-Aufnahme des MP11 anders klingen, als das live gespielte, das wäre mir noch nie aufgefallen.
 
Du kannst die Kurve so einstellen, dass es bei 30 ppp, bei 40 pp, bei 50 p ist, etc.
So ist die Differenzierung schon möglich.

Nur wirst du dir dann einen für ein akustisches Instrument zu harten Anschlag für pp antrainieren.
Eben! Und deswegen ist das MP11 SE mMn ungeeignet als MIDI Controller. Und das war mein Reden, dass eben schon einen Unterschied macht, ob ein MIDI-Keyboards eine Range von 1-127 hat und überall gleich gut differenziert oder eben nur 30-110 - das differenziert dann nicht genug in den Extremen und das kann man nicht wirklich ausgleichen mithilfe eines Velocity-Editors.

Dann müsste MIDI-Aufnahme des MP11 anders klingen, als das live gespielte, das wäre mir noch nie aufgefallen.
Ich weiß nicht genau, was du meinst, aber mit den internen Samples gibt es das Problem auf jeden Fall nicht - da differenziert es sehr sehr genau.
 

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