Die meisten Komponisten schrieben ja keine Artikulationszeichen in ihre Noten. Eine Ausnahme ist Bach, der uns wie gesagt, sehr viele genau bezeichnete Werke hinterlassen hat. In der Instrumentalstimme der Baß- Arie der Kantate
47 zum Beispiel artikuliert er eine Gruppe von 4 Noten, indem er auf die erste einen Punkt setzt und die drei anderen bindet. Doch in derselben Kantate kommt genau die gleiche Figur gesungen vor, mit dem Text: >Jesu, beuge doch mein Herze<, und da werden je zwei Noten miteinander verbunden...Dieses Beispiel ist mir persönlich sehr wichtig, denn Bach sagt damit: es gibt nicht nur eine richtige Artikulation für eine musikalische Figur, sondern mehrere; hier sogar zugleich! ... Es fällt uns sehr schwer, die Vielschichtigkeit, das Gleichzeitige von Verschiedenem zu begreifen und zu akzeptieren; wir wollen Ordnung der einfachsten
Art haben. Im 18. Jahrhundert aber wollte man die Fülle, das Übermaß, wo immer man hinhört, bekommt man eine Information, nichts ist gleichgeschaltet. Man schaut die Dinge von allen Seiten an, zugleich! Eine artikulationsmäßige Synchronität des Collaparte gibt es nicht. Das Orchester artikuliert anders als der Chor. Damit aber sind auch die >Barockspezialisten< nicht vertraut, sie wollen immer nivellieren, möglichst alles gleichhaben und in schönen, geraden Klangsäulen hören, aber nicht in Vielfältigkeit"