Zu kleine Hände - BWV 535

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Hallo ihr Lieben,

…ich hoffe, es geht euch allen gut :-)

Ich bin immer noch fleißig am Orgel spielen/lernen und nehme auch noch Unterricht an der Musikschule in meiner Stadt. Seit Kurzem haben wir eine neue Orgel von Glauco Ghilardi nach Norddeutschem Vorbild bekommen. Das Instrument klingt wunderschön und es ist toll, darauf spielen zu dürfen.

Vor Kurzem habe ich den Orgelchoral „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ aus dem Orgelbüchlein und die Ciacona in d von Pachelbel abgeschlossen. An den Feinheiten wie Registrierung arbeite ich aber noch. Vor einer Woche habe ich im Unterricht mit BWV 535 begonnen. Allerdings nur mit dem Präludium, die Fuge ist noch zu schwer. Ich komme gut weiter damit, dh die ersten drei Seiten stehen in mäßigem Tempo. Seit gestern arbeite ich mich langsam durch die letzte Seite, da wird es dann etwas komplexer, aber mit Fleiß und Übung hoffentlich machbar.

Kopfzerbrechen bereitet mir aber Takt 40/41 im letzten System. Ich verlinke euch weiter unten das Foto.

Ich befürchte, dass meine Hand für diesen „Griff“ zu klein ist. Ich muss dazu sagen, dass mein Lehrer sehr große Hände hat und einiges erstaunlich gut greifen kann, ohne an Sauberkeit oder „Anschlag“ zu verlieren.

Habe vor neun Jahren, also erst im Alter von 30 Jahren, angefangen, Orgel zu spielen, vorher keine Tastenerfahrung, nur Violine als Kind, und ich befürchte, meine Probleme kommen vielleicht daher? Dass sich meine Hand, weil ich so spät mit Orgel angefangen habe, einfach nicht mehr „weiter aufspannen“ lässt, egal wieviel ich übe?

Um es für euch anschaulicher zu machen: An das c komme ich mit dem zweiten Finger kaum heran, wenn überhaupt, dann nur im „Schneckentempo“ - der kleine Finger, der das a weiter halten muss, knickt ein, oder ich komm an eine anderen Taste …wenn ich gut übe, möchte ich das Präludium gerne in "zackigem" Tempo spielen, manche Stellen funktionieren auch schon, aber hier, also bei diesen zwei Takten, befürchte ich, dass ich das mit diesem Fingersatz nicht umsetzen kann... ich bin deshalb am überlegen, das a im Bass (linke Hand) zu streichen, weil es im Sopran schon vorkommt, um die Sechzentelnoten dann in die linke Hand nehmen zu können, in der Hoffnung, dass es dann besser klappt… aber ich weiß nicht, ob das musikalisch sinnvoll ist? Auch beim zweiten Takt hab ich das Problem, ich kann „a und b“ nicht mit fünf und vier anschlagen, ich muss den kleinen Finger für beide Noten nehmen, was dann aber dazu führt, dass es sich nicht gut anhört (unsauber, verwaschen, ich verlier an Tempo).

Wie würdet ihr in so einem Fall vorgehen? Einfach Noten streichen? Liegt es vielleicht doch an einer „falschen“ Handhaltung oder ist die Stelle wirklich „tricky“? Könnt ihr diese Stelle "locker" greifen? Ich kann das als Laie einfach nicht beurteilen… im Moment haben wir Ferien, ich werd meinen Lehrer nachher natürlich drauf ansprechen. Aber vielleicht habt ihr ja ein paar Ideen, wie ihr zB mit solchen Stellen umgeht oder umgegangen seid, falls ihr auch, wie ich, schon mal in so einer Situation wart.

Werde mir auch die Noten von BWV 535a besorgen, also der Frühfassung des Präludiums, weil ich den Vergleich super interessant finde und auch, um besser sehen zu können, wie Bach das Stück im Anschluss weiter ausgebaut hat. Alles in Allem ein wirklich wunderschönes Werk, Präludium mit Fuge eingeschlossen.

Ich schick euch liebe Grüße und hoffe, meine Frage ist okay,
Danke im Vorraus,
Deva
 

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Also ich habe selbst keine besonders großen Hände, an dieser Stelle finde ich es tatsächlich noch nicht problematisch. Das würde ich bewegungstechnisch mal gerne sehen, ob da noch Verbesserungspotenzial ist.

A weglassen: eher nicht, das ist ja linear gedacht, anders als bei Reger, wo man ohne großen Schaden pfuschen kann.

Du kannst versuchen, auf 4+ das a im Alt mit links zu nehmen, dann bleibt dir rechts die Oktave erspart. Ebenso könnte man mit dem h auf der nächsten 1 verfahren. Dann hast du die Oktave zwar links, aber da ist weniger los. Muss man halt sehr gut üben, dass man die Verteilung nicht hört.

Der Fingersatz rechts auf der 1 ist ein Schreibfehler? 5-4-5 kann ich auch nicht spielen, ich würde 4-5-4 nehmen.
 
Hast natürlich recht...Das erklärt auf eine gewisse Weise 5-4-5, angenehm finde ich es trotzdem nicht. Dann eher mit links, wie oben beschrieben.
 
Hallo in die Runde,

…vielen Dank und macht überhaupt nix, war ja auch zum Teil mein „Fehler“, weil ich die Notenstelle schlecht (also ohne entsprechende Vorzeichen) abfotografiert habe.

Für einen besseren Eindruck hab ich heute versucht, meine rechte Hand mit dem Handy einzufangen. War zugegeben nicht ganz einfach…also links zu filmen und gleichzeitig zu spielen. Das Video verlinke ich euch unten, lösch es aber bald wieder.

Mittlerweile ist es so, dass ich den ersten Teil einigermaßen greifen kann, was bedeutet, dass es zwar deutlich im Unterarmmuskel spannt und ich vom Körpergefühl sehr genau Acht geben muss, jeden kleinsten Milimeter der Klaviatur richtig zu treffen, die Stelle aber langsam gespielt einigermaßen klappt, ganz vorsichtig ausgedrückt. Allerdings bin ich immer noch am zweifeln, ob das schneller gespielt dann noch funktioniert.

Die zweite Stelle ist allerdings, so mein Bauchgefühl, für mich und meine Hand nicht machbar, also die Stelle mit 5-4-5… da werd ich das Tempo ganz bestimmt nicht halten können. Mit 4-5-4 hab ich es auch probiert, aber dann komm ich nicht mehr gut mit dem fünften Finger auf das g, muss zu sehr innehalten, weil ich beim Wechsel mit dem kleinen Finger fast an den Vorkanten der schwarzen Tasten hängenbleibe, sodass das g eine viel zu starke Betonung/Gewichtung bekommt, als es eigentlich sollte.

Ich werd also doch versuchen, es mit einer anderen Verteilung zu probieren, wie Axel vorgeschlagen hat, in der Hoffnung, dass ich das dann besser (schneller und präziser in der Artikulation) umsetzen und die Stelle dann in demselben Tempo spielen kann, wie das restliche Präludium.

Vielen Dank noch mal,
lg,
Deva

Link:
 
Ich finde a-b-a mit 5-4-5 unnötig. Wenn man so dicke Finger hat, dass man den 4. nicht zwischen die scharzen Tasten bekommt, mag das sinnvoll sein. Ich würde hier 4-5-4 nehmen.

c-d-c-b geht bei dir nicht mit 1-3-2-1? Das würde den etwas ungünstigen Daumen-Sprung c-b vermeiden.
 
Für kleinere Hände - habe ich auch - funktioniert der eingetragene Fingersatz gut, wenn man kein legato anstrebt, sondern wie es sich gehört leicht abgesetzt spielt.

Die Orgel von 1731, an der ich zur Zeit spiele, wurde vor ein paar Jahren in ihren Urzustand zurück restauriert. Dabei hat es sich gezeigt, dass die Tastenabstände ursprünglich größer waren. Man hat der Orgel neue Manuale verpasst, die tatsächlich den Abstand einer Oktave um fast einen Centimeter größer machten, als es beim Klavier üblich ist. Für mich immer wieder eine unangenehme Herausforderung.
 
Hallo in die Runde,

…hab heute morgen die neuen Fingersätze ausprobiert. Machbar sind sie, vor allem der Satz 1-3-2-1, aber es ist immer noch recht schwierig für mich, den gesamten Ablauf fließend zu greifen.

Ich werd mich also bis nächste Woche (da gehts dann wieder weiter mit dem Unterricht) einfach mit beiden Fingersätzen (Lehrer und euren) auseinandersetzen, genau und sauber üben und beobachten, ob es vielleicht doch an einer falschen (oder zu angespannten) Handhaltung liegt - und hoffen, dass ich irgendwann mit einem der beiden Fingersätze „warm“ werde.

@Monte: toll, dass du die Stelle mit kleiner Hand und dem Fingersatz hinbekommst, das macht mir Mut und Hoffnung. Dann wird es bei mir wohl an einer falschen Haltung liegen.

Von meinem Lehrer hab ich letzte Stunde nur den Fingersatz und die Noten bekommen. Nächste Woche spiel ich dann die ersten drei Seiten vor, das wär die Aufgabe. Über Artikulation haben wir noch nicht gesprochen, deswegen hab ich in der Zwischenzeit versucht, mich da erstmal selbst ein wenig „durchzubeißen“ und bin bemüht, mich schrittweise an eine „authentische“ Interpretation heranzutasten.

Dh. du würdest bei der Stelle jede Sechzehntelnote einzeln anschlagen und gar kein legato verwenden?

Ich hätte es sonst wie folgt gemacht: das c nach dem gebundenen c (einzeln, kurz, anschlagen), dc, bc, (Zweierbindung mit Absetzer zwischen dc und bc) und a und c wieder einzeln angeschlagen, wobei ich das c kürzer genommen hätte, als das a davor, sprich: a im "portato" gespielt, dann Miniabsetzer und das c dann kürzer artikuliert, um auf das nachfolgende b „vorzubereiten“. Und noch etwas "größer" gedacht: hätte ich die erste Note bei Takt 40, also das g, etwas länger gedehnt, weiter gespielt, mit entsprechender Artikulation, um dann im Takt 42 das g im Sopran kurz vor Schluss wieder etwas deutlicher zu dehnen, es also schön anzuspielen, um Bewegung reinzubekommen und nicht zu kleintaktig zu "fühlen" - so in etwa waren meine Gedanken dazu - kann aber auch gut sein, dass ich diesbezüglich einen ganz falschen Weg ein- und angeschlagen habe ;-)

Vielen Dank noch mal für eure Hilfe, ich werde dran bleiben :-)

Lg,
Deva
 

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Ich würde mir zuerst die Artikulation überlegen und dann den dazu passenden Fingersatz, anders herum macht es viel mehr unnötigen Aufwand. Stimmt, ich würde gar kein Legato nehmen, da, wo Du Bögen eingezeichnet hast, würde ich dicht spielen, aber dennoch leicht getrennt, da wo keine Bögen stehen noch mehr getrennt - und das im ganzen Stück gleich behandeln.
 
…ok, dann werde ich mich nächste Woche zusammen mit meinem Lehrer zuerst für einen passenden Fingersatz entscheiden (auf diese Stelle bezogen, der Rest passt mir nämlich gut) und im Anschluss dann an der Artikulation arbeiten.

Die Sechszehntel-Noten zB am Anfang des Präludiums hätte ich auch abgetrennt gespielt, nur hier, kurz vor Ende, wo es „dichter“ wird und man so wunderbar zum Schluss hingeführt wird (für mich als Laie gesprochen), hätten mir ein paar kleinere Legato-Bögen tatsächlich gut gefallen.

Auch bei den 32-tel Noten im Stück gibt es Stellen, die ich teils gebunden spiele, zB dort, wo die „gebrochenen Akkorde“ vorkommen oder auf diese wunderschönen, für mich „toccatenähnlichen“ Läufe bezogen.

Freu mich jedenfalls schon sehr, wenn ich die nächste Woche anfangen kann mit meinem Lehrer an dem Stück zu arbeiten und werde euch noch ein kleines Update geben, ob es mit der für mich schwierigen Stelle dann geklappt hat. Ich hoffe, dass zumindest ein Fingersatz - von den bereits genannten - mit guter Übung für mich umsetzbar sein wird.

Danke noch mal für die Hilfe,

Lg,
Deva

Ps. Falls ich falsche, musikalische Begrifflichkeiten verwendet habe, bitte ich das zu entschuldigen ;-)
 
…ok, dann werde ich mich nächste Woche zusammen mit meinem Lehrer zuerst für einen passenden Fingersatz entscheiden (auf diese Stelle bezogen, der Rest passt mir nämlich gut) und im Anschluss dann an der Artikulation arbeiten.
Hm, anders herum wird ein Schuh draus ;-)
So bestimmt ja schon der Fingersatz die Artikulation.
Die Sechszehntel-Noten zB am Anfang des Präludiums hätte ich auch abgetrennt gespielt, nur hier, kurz vor Ende, wo es „dichter“ wird und man so wunderbar zum Schluss hingeführt wird (für mich als Laie gesprochen), hätten mir ein paar kleinere Legato-Bögen tatsächlich gut gefallen.
Je "dichter" das Stück wird, desto durchsichtiger sollte man spielen - also eher weniger "dicht".
 

Es ist auf dem Video nicht so sehr gut zu sehen, aber ich habe den Verdacht, dass du das Handgelenk relativ hoch hälst. Vielleicht einen Versuch wert.
 
Hm, anders herum wird ein Schuh draus ;-)
So bestimmt ja schon der Fingersatz die Artikulation.

Je "dichter" das Stück wird, desto durchsichtiger sollte man spielen - also eher weniger "dicht".

Hach nee, eigentlich nicht. Ich bin als Cembalist eher ein Fan davon, dass man gebrochene Dreiklänge zusammenfasst, statt Einzeltöne zu spielen. Bei gerade diesem Stück ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten dazu. S. dazu auch: https://www.breitkopf.com/work/20015
 
Cembalo und Orgel sind aber zwei Paar Stiefel ...
Der Anfang von beispielsweise BWV 541 (Pr.+F. G-Dur) geht mit einem gebrochenen G-Dur-Dreiklang los. Den würdest Du tatsächlich in Richtung legato spielen?

Für mich gibt es mehrere Grundregeln für das Spiel von Barockmusik auf der Orgel, u.a.:
- Sekundschritte dicht nehmen, Chromatik noch dichter
- Sprünge ab der Terz kürzer nehmen, je größer der Sprung ist, desto größer die Lücke zwischen den beiden Tönen
- Töne auf der betontenderen Zeit breiter nehmen als die Töne auf der unbetontenderen Zeit (diese sind also deutlich zu kürzen)
- die Note vor einer betonten Note verkürzen
- Verzierungen werden so dicht wie möglich gespielt, also im Prinzip legato
und noch einige mehr

Wenn man sich zunächst mal daran hält, kommt schon was ganz nettes dabei heraus. Natürlich kommen Abweichungen von dem Schema zahlreich vor und müssen beachtet und umgesetzt werden (also indem man gegen die Grundregeln verstösst). Diese Abweichungen sind dann das Salz in der Suppe.

Wenn man eine Sechzehntelkette leicht abgesetzt spielt, heißt es meiner Meinung nach noch lange nicht, dass man dann Einzeltöne spielt. Wenn wir mal bei dem Beispiel BWV 541 bleiben, dann sieht man, dass die schwerste der ersten 4 16tel die 4. Note ist, diese wird also am breitesten genommen (wenn wir noch das Thema Egalität mit hineinnehmen würden, dann würde dieses 4. 16tel auch die meiste Zeit für sich einnehmen - aber das führt jetzt vielleicht ein wenig zu weit). Die nächst schwerere Note ist die 2., die wird nicht so breit wie die 4. gespielt, aber immer noch breiter als die 1. und die 3. 16tel. Und die 3. ist dann noch etwas weniger breit zu spielen als die 1. Wenn man so spielt, dann wird die metrische Position der 16tel hörbar gemacht. Wenn man alle 4 16tel gleich spielt, denkt man als Hörer doch, dass das Stück auf der 1 losgehen würde - eine Karikatur. Als Jugendlicher habe ich mich in die Orgel verliebt und habe zig Orgelkonzerte besucht. Es war für mich immer wieder spannend, wenn in einer Fuge das Thema zunächst nicht klar metrisch hörend erfasst werden konnte. Die wirkliche Metrik wurde mir oft erst nach ein paar Takten ganz klar. Aber das kann ja wohl kaum der Sinn der Sache sein.
 
Sind Cembalo und Orgel zwei Paar Stiefel? Die Jungs haben mit Sicherheit viel zuhause auf dem Cembalo geübt. Sollten sie da alles anders gemacht haben? Gewisse Grundideen und Spielreflexe wird man so schnell nicht los.

Und ja, ich spiele 541 genau so. Ich buchstabiere den Dreiklang nicht, sondern spiele eine zusammenfassende Geste auf den Spitzenton hin. Wie brauchen nicht grundsätzlich über die Gewichtung von guten und schlechten Noten zu diskutieren, aber dein 4. Sechzehntel ist in meinen Noten deshalb so lang, weil es ein Achtel ist. Und dann mal Hand auf's Herz: Kannst Du die von Dir natürlich richtig beschriebene Gewichtung in einem vernünftigen Tempo spielen?

Für mich gibt es mehrere Grundregeln für das Spiel von Barockmusik auf der Orgel, u.a.:
- Sekundschritte dicht nehmen, Chromatik noch dichter
- Sprünge ab der Terz kürzer nehmen, je größer der Sprung ist, desto größer die Lücke zwischen den beiden Tönen
- Töne auf der betontenderen Zeit breiter nehmen als die Töne auf der unbetontenderen Zeit (diese sind also deutlich zu kürzen)
- die Note vor einer betonten Note verkürzen
- Verzierungen werden so dicht wie möglich gespielt, also im Prinzip legato
und noch einige mehr
Auf was stützen sich diese Regeln denn? Ich sehe aus dem Gedächtnis keine Quelle, die besagt, dass Sprünge umso mehr abgesetzt sind, je größer sie sind. Warum sind Sekunden dicht? Bei Chromatik liegen die Verhältnisse anders, okay, aber sonst?
Verzierungen werden natürlich aufgrund des Tempos irgendwie "dicht". Mir har vor vielen Jahren mal Harald Vogel auf einem Kurs gesagt: Ihr müsst unbedingt die Verzierungen non legato denken, sonst werden sie schmierig und klingen nach Amateur.
 
Sorry für den Fauxpas mit der 4. Note von BWV 541 - keine Ahnung, wo ich da meinen Kopf hatte ... *schäm*

Ich glaube schon, dass die "Jungs" auf den beiden Instrumenten unterschiedlich gespielt haben. Gustav Leonhard macht es auf diversen Aufnahmen vor. Sein "Überlegato" z.B. verwendet er nur auf dem Cembalo.

Die "Regeln" habe ich für mich aus praktischen Gründen so aufgestellt, da sind aus diversen Quellen viele Ideen eingeflossen. Ganz wichtig war für mich Harnoncourt mit seiner "Klangrede". Natürlich muss ich am konkreten Stück viele Anpassungen vornehmen, aber ich habe eine für mich gute Startbasis. Ein passendes Regelwerk für sämtliche Barockwerke zu definieren ist natürlich unmöglich. Ich mag aber die Idee, dass die Abstände der Töne zueinander hörbar gemacht werden können. Wenn auf dem Cello ein tiefer Ton zu einem hohen Ton geht, dann hört man diesen Abstand eben auch ziemlich deutlich, da wird "geackert". Das gilt wohl für die meisten Instrumente. Wenn man sich mit alten Fingersätzen beschäftigt, dann passiert dieses deutliche Absetzen ganz natürlich.

Triosonate Es-Dur Anfang: Es-G-B spielst Du vermutlich auch sehr dicht? Wäre mir extrem fremd. Violinkonzert E-Dur: für mich nicht vorstellbar, wenn das Orchester das Dreiklangsmotiv legato nähme.
 
Ich stimme in vielen Punkten zu. Harnoncourt ist auf jeden Fall lesenswert, gibt aber konkret nicht so viel zu Tastenmusik her. Ich finde auch durchaus die Idee charmant, bei der Artikulation die Intervalle im Auge zu haben. Der einzige Punkt, wo wir uns unterscheiden: Ich würde durchaus in Betracht ziehen, auch große Intervalle dicht zu spielen. Das geht mit historischen Intervallfingersätzen nämlich auch problemlos. Carl Philipp erklärt das "ordentliche Fortgehen" eben gerade auch an einer Tonleiter und nicht an großen Intervallen.

Gustav Leonhardt hat viel für die Cembalowelt geleistet. An der Orgel habe ich ihn ein Mal gehört und fand es merkwürdig. Die Aufnahmen sind teilweise interessanter.

Es-Dur Triosonate haben ich tatsächlich nie öffentlich gespielt, aber aus dem Ärmel: Nein, nicht gebunden, da hier motivisch. In 541 ist das kein Motiv, sondern einfach nur G-Dur. Beim Anfang von 533 verfahre ich ähnlich, das ist einfach e-moll.
 
Ich werde diesen Aspekt (große Intervalle dicht spielen) in der nächsten Zeit mal beim Üben in den Fokus bringen. Man wird ja leicht betriebsblind im Laufe seines Lebens ...

Gustav Leonhardt habe ich sehr viel zu verdanken, vor allem seine Art, Bach zu spielen, hat mich geprägt. Ich habe ihn früher oft live gehört, ich erinnere mich noch gut an einen Orgelabend in der Ludgerikirche in Norden wenige Jahre vor seinem Tod. Die Kirche war brechend voll und er spielte umwerfend, Gänsehaut pur. Er war ein häufiger Gast in Ostfriesland, meistens als Cembalist, oft aber auch an besonders interessanten historischen Orgeln in uralten kleinen Dorfkirchen, viele der Orgeln von Ahrend restauriert. Generell hast Du aber Recht, auf dem Cembalo war er noch besser als an der Orgel. Sein Orgelspiel hatte sowas leicht unterkühltes an sich, da hätte man sich manchmal mehr Emotionen gewünscht. Aber das ist Jammern auf unverschämt hohem Niveau.

Und noch viele Jahre zuvor tingelte er mit verschiedenen Kammermusikensembles durchs Land. Öfter gehört habe ich die Besetzung Blockflöte (Frans Brüggen), Anner Bylsma (Cello) und seine Wenigkeit am Cembalo, z.B. im großen Saal der Bremer Glocke. Hach, dort habe ich auch Emma Kirkby erlebt ... Entschuldigung, ich fange an zu labern ...:007:
 
Hallo in die Runde,

…da ist ja in der Zwischenzeit eine richtig interessante Diskussion entstanden. Bei sowas könnt ich glaube ich ewig zuhören und mir würde nie langweilig werden. Super spannend und lehrreich zugleich. Deswegen „danke“, an dieser Stelle von mir.

Ich persönlich handhabe es auch so, Noten, die betont werden sollen, zu dehnen, und jene, die keine oder wenig Gewichtung haben, kürzer anzuschlagen und auch abhängig der musikalischen Phrase differenziert zu artikulieren, also das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren, weil es mir sonst tatsächlich zu „nähmaschinenhaft“ vorkommt. Wichtig ist für mich auch die jeweilige Kirchenakustik. Bei trockener Akustik spiele ich sehr dicht, bei uns im Dom aber, wo wir einiges an Nachhall haben, würde ich weniger dicht spielen und sogar etwas das Tempo rausnehmen, grade bei den Fugen. Sonst entsteht unten im Kirchenschiff nur noch ein einzigen Notengulasch.

Inegal spiele ich auch, bzw bin ich fleißig am Üben. Eine schöne Inegalität inzubekommen, ohne, dass es zu forciert und immer noch im natürlichen Fluss (wie eine schön ausgeführte Bogenbewegung an der Violine, von der ich ursprünglich komme) klingt. Gar nicht mal so einfach umzusetzen. Zumindest für mich als Laie.

Manchmal spiele ich aber auch nach Bauchgefühl, auch mit dem Risiko und Bewusstsein, manche Stellen dann unauthentisch zu interpretieren. Wie zB bei diesem Präludium: da setze ich soweit überall ab, mal mehr, mal weniger, aber bei den 32tel-Noten binde ich auch. Nicht alle Noten, aber einige. Immer kurz vor Taktende setze ich dann wieder ein paar Noten ab, die letzte Note nehm ich am Kürzesten und versuche, auch da Inegalität reinzubekommen - auf die Phrase bezogen.

Einen Meisterkurs mit Harald Vogel habe ich vor Jahren mal besucht und es war MEGA! Erinnere mich immer wieder liebend gerne daran zurück.

Und weil die Ludgerikirche genannt wurde: da steht eine meiner Lieblingsorgeln. Irgendwann erfülle ich mir den Traum und reise hoch und hör mir das wunderbare Instrument live an. Noch schöner ist die Orgel von Hinsz in Groningen. Einfach nur WOW.

Könnt ihr mir eventuell eine gelungene Interpretation auf YouTube von BWV 535 empfehlen? Habt ihr da eine im Kopf, die euch gefällt?

Ich mag diese hier sehr gerne:



Die hier mag ich nur teilweise, aus den unterschiedlichsten Gründen, aber da sie an das Tempo rankommt, welches ich spielen kann, versuche ich damit ein wenig mental zu üben:



Lg,
Deva
 

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