Hallo HbMuth,
Ich richte mich zwar ganz konkret an dich, aber es ist auch für alle, die es lesen wollen. Ich denke nun, in meinem ersten Beitrag wäre es besser gewesen so genau wie möglich zu sagen, was ich will. Das hole ich jetzt nach. Bei allem, was folgt, bedenke bitte, Deutsch ist schon lange nicht mehr meine Alltagssprache, sondern „Kultursprache“, um es so zu nennen. Meine Nachbarn sind Indianer und es ist hier normal in Gummistiefeln und mit Machete herumzulaufen. Das Märchen ist von ihnen.
Was auch passierte in meinem Leben, es gab es immer Halt und Hilfe, auch daher, dass ich immer ein Klavier (Keyboard) hatte, wo ich eben in meine „eigne Welt“ abtauchen konnte. Ich kann Dich versichern, dass ich niemanden über Gebühr damit behelligte. Später kam dann die Kalligrafie dazu. Zu Beginn der Pandemie hatte ich die Idee, ein Notenblatt zu gestalten, so wie man z.B. es in alten Messbüchern sieht. Aber was soll genau drauf? Ich entschied mich, dafür ein kleines Stück zu erfinden, das der Einfachheit halber nur die weißen Tasten bedient. Du kannst Dir das Resultat ansehen. Es ist das Blatt das wie ein abgemalter Lochstreifen aussieht. Für mich war es kognitive Schwerstarbeit. Ich hatte die naive Vorstellung, dass ich ja nur die die Noten, die auf dem blauen Display angezeigt werden, übertragen muss. Das wird schnell so, wie auf dem Autorücksitz lesen, aber ich habe es geschafft. Allerdings, mit Tonart, Notenwerten und Taktstrichen wäre ich anfangs völlig überfordert gewesen.
Das andere Notenblatt ist etwa ein halbes Jahr später entstanden. Es ist der Stand meiner jetzigen Notierungskünste. Jede Linie ist mit rotem Stift und Lineal gezeichnet, das was und wie musste ich auf dem Handy recherchieren. Ich hatte schnell bemerkt, dass Notieren eine Mühe ist, die sich unbedingt lohnt. Ich kann Töne wiederfinden. Ja, ich fange anders an, über meine Stücke ganz anders zu denken, sie besser zu überschauen, es ist so als ob man eine Speicherplatzerweiterung bekommt. Ich bin froh, auch für später damit eine Beschäftigung gefunden zu haben, die vielleicht einen einsamen Lebensabend in irgendeiner Fremde mit guten Stunden bereichern kann, oder von irgendwas nicht so Schönem ablenkt.
Ich stelle mir vor, wie du es nanntest, „Gesamtkunstwerke“ zu schaffen, im Prinzip so, wie ich es präsentiert habe, worin Kalligrafie und Musik sind - aber eben besser. Ich glaube nicht, dass dabei etwas Großartiges herauskommt, wo dann Fachkreise anerkennend nicken, Verlage händeringend um Nachschub bitten, aber ich bin zuversichtlich, dass, wenn ich meine Mühe jetzt in die richtige Richtung lenke, ich etwas Ordentliches schaffen kann.
Soviel Text. Ich hoffe Du verstehst mich, wenn ich Dir sage, dass ich mich in sehr vielen Beiträgen, worin von meiner Person die Rede ist, so überhaupt nicht wiederfinde. Projektionen sind normal, aber eine private Angelegenheit. Man sollte sehr zurückhaltend sein, andere anhand einiger Zeilen zu beurteilen.
Ich bitte Dich sehr, mit zu ermöglichen, dass ich mich auf die Antworten der vier Personen, die mir sehr helfen, mal meine Musik anders zu „sehen“, konzentrieren kann.
Vielen Dank
Jan S