Wie lange braucht man ungefähr, um so ein Stück spielen zu könen?

''Ich kenne keinen Kollegen, der überhaupt noch übt...Ich übe noch, weil ich glaube, dass ich das meinem Publikum schuldig bin.'' (Menahem Pressler in einem Interview vor vielen Jahren)
((In demselben Interview überrascht über ein anderes Klaviertrio an einem anderen Tisch in demselben Hotel: ''Die frühstücken noch zusammen.'')) :lol:
 
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Nach zwei Monaten üben schafft man es dann vielleicht noch, es nach drei Jahren zu spielen.
 
(hab's auch erst jetzt verstanden...danke...

...falls auch dann noch nicht klar: 36-2=34)
 
Ich kenne das auch von mir - die Anziehung an ein Stück kann einer echten Verliebtheit gleichkommen
Das kenne ich auch von mir. Allerdings weniger mit Klavierstücken als mit Opernarien. :001:
Da wollte ich bestimmte Arien unbedingt singen, weil ich sie so superschön fand und weil sich so viel Emotion damit verband. Das liegt aber auch daran, dass man beim Singen jeden Ton im Körper spürt. Beim Klavierspielen liegt das Instrument ja außerhalb von einem selbst und der Ton kommt von außen herein, nicht aus dem Inneren aus einem selbst heraus.

Dennoch gibt es bestimmte Stücke, die mir auch sehr gut gefallen. Aber ich wollte vor allen Dingen Klavierspielen lernen, nicht unbedingt bestimmte Stücke. Ich wollte lernen, alles zu spielen, was mir gefällt, nicht nur ein bestimmtes Stück. Die Technik erwerben, um Stücke, die mir gefallen, vom Blatt spielen zu können. Oder auch nach einiger Zeit der Übung. Das macht mir großen Spaß. Mein absoluter Favorit ist und bleibt Bach. Damit beschäftige ich mich jetzt hauptsächlich und finde jedes seiner Stücke - selbst die ganz einfachen - einfach grandios. Aber das ist natürlich Geschmackssache.

Man kann jedes Stück nur einmal einüben und könnte es möglicherweise später bereuen, nicht noch gewartet zu haben.
Das habe ich jetzt nicht so ganz verstanden. Meinst Du, dass man das erste Erlebnis, wenn man ein Stück kennenlernt, nicht wiederholen kann? Das erste Erstaunen oder vielleicht auch den ersten Genuss? Denn üben kann man ein Stück ja sein ganzes Leben lang immer wieder.
 
Ein Stück, was mensch einmal eingeübt hat bis "beinahe sehr gut" - etwa für Schülervorspiele, wo einzelne Fehler noch erlaubt sind -

solche Stücke also lassen sich auch Jahr(zehnt)e später nicht mehr groß verbessern. Irgendwelche Uraltfehler, und seien es auch nur kleine Haltungsfehler, kriegt man nicht mehr weggeübt.

Busoni sagte schon so ähnliches.
 
Das habe ich jetzt nicht so ganz verstanden. Meinst Du, dass man das erste Erlebnis, wenn man ein Stück kennenlernt, nicht wiederholen kann? Das erste Erstaunen oder vielleicht auch den ersten Genuss? Denn üben kann man ein Stück ja sein ganzes Leben lang immer wieder.
Das, was du beschreibst, spielt eine Rolle. Vor allem ist es aber so, dass dein technischer Stand sich im Stück auch bis zu einem gewissen Grad manifestiert (kommt das Wort nicht von "Manus" = "Hand" ?), und du eine spätere, höhere Geschicklichkeit nur teilweise übertragen kannst. Je größer der Lernfortschritt zwischen 1. Mal üben und 2. Mal üben ist, desto mehr kann man ihn vermutlich auch einbringen. Beziehungsweise, je größer der Unterschied im musikalischen Verständnis. Und je größer der zeitliche Abstand.
Ich muss als Beispiel immer an jemanden denken, der mir mal erzählte, er wollte als Kind unbedingt den "Faschwingsschwank" von Schumann spielen und tat dies auch (mehr schlecht als recht). Als Profi hat er es dann mehrfach versucht, das Stück nochmal richtig gut zu spielen, und es ist ihm nicht gelungen, weil die alten Erinnerungen "festhingen".

Was auf den technischen / motorischen Aspekt zutrifft, mag vielleicht auch auf das musikalische Verständnis zutreffen. Wenn man ein Stück geübt hat, kennt man es in und auswendig. Inklusive der Ideen, die man sich dazu gemacht hat. Vielleicht ist es später weniger leicht, es mit unvoreingenommenem, frischen Blick zu betrachten und neue Ideen zu entwickeln?
 
Vielleicht muss man dieses Ersteingeübte wieder etwas relativieren...

Die Erfahrung zeigt, dass alte Stücke nach vielen Jahren plötzlich leicht mit den richtigen musikalischen Gesten gespielt werden. Und ähnlich gelagerte Stücke gehen plötzlich prima vista.

Ich glaube, das sind dann Stücke, die man seinerzeit nicht allzulang am Stück geübt hat (sagen wir, "nur" so 3-4 Klavierunterrichtseinheiten lang).

Ich habe mit meinem ersten Lehrer sehr viele Inventionen und Sinfonien von Bach gemacht. Das ist genügend viele Jahrzehnte her - diese Stücke fühlen sich jetzt längst anders und neu an.
 
Wenn man ein Stück auf seinem Werdegang übt, das eine Etage zu hoch im technischen Anspruch ist, dann kommt man bis zu einem gewissen Grade. Wenn man dann später (vielleicht sogar nach Jahren) das Üben fortsetzt, benötigt man eine gewisse Zeit, mit dem Stück an dem Punkt weiter zu arbeiten, wo man vormals aufgehört hat. Da startet man wieder mit dem Elan vor dem ersten Anlauf. Das hat bei mir so funktioniert beispielsweise mit Ravel's Gaspard. Der Übeaufwand dafür ist beträchtlich und man ist schließlich dankbar für die ''Vorarbeit'' des ersten Anlaufs. Solche Stücke sind wirkliche Motivationstreiber. Das peitscht den technischen Fortschritt voran. Man darf den ersten Anlauf nicht mit der Einstellung beenden, es aufzugeben. Man wartet einfach auf den Zeitpunkt, wo die Motivation zurückkehrt, was ganz automatisch passiert, wenn es das richtige Stück ist. Ein solches Vorgehen setzt die Fähigkeit zur strategisch sinnvoll geplanten, langfristigen Selbstorganisation voraus.
 

Man kann jedes Stück nur einmal einüben und könnte es möglicherweise später bereuen, nicht noch gewartet zu haben.
Einspruch! Was die manuelle Seite angeht, so kann man auf jeder pianistischen Stufe sich einem Stück erneut nähern. Fatal ist es allerdings, wenn man auf früheren Stufen stümperhaft gearbeitet hat (sei es autodidaktisch oder bei einem schlechten Klavierlehrer).

Was indes nur einmal möglich ist: Der Reiz, musikalisches Neuland zu entdecken, erst einmal nicht zu wissen, was mich erwartet. So schön es auch ist, wenn man die Meisterwerke vom Hören her in- und auswendig kennt, so kann ich mich diesen Stücken nicht mehr unvoreingenommen annähern. (Leider sind die meisten unbekannten Stück nicht zu Unrecht unbekannt geblieben, und es lohnt nicht, allzuviel Lebenszeit zu investieren und sich eingehender mit ihnen zu beschäftigen. - Aber das ist ein anderes Thema.)
 
Einspruch.

Ein Meisterwerk kann man nicht in- und auswendig kennen. Es gibt immer noch Neuland zu entdecken.

Das ist nicht pathetisch, das ist so.

Zum Abschluss einer jeden Übesession spiele ich das notorische Präludium in C-Dur und die Fuge.

Das Präludium - längst spiele ich es ohne falsche Tasten - ist gigantisch. Dieser Glockenschlagrhythmus, der in die Akkordbrechung gleitet. Die Veränderung der Harmonien. Der irre Orgelpunkt. Vor zehn Jahren habe ich andere Sachen wahrgenommen (z.B. die Fünfstimmigkeit).
Ich werde nicht fertig. Das ist schön. :blöd:

(...und dann ist es bloß ein Präludium von noch vielen folgenden. :008:)
 
Vielleicht hat @méchant village Lust, sich zu dem Thema mal zu äußern?

Zwei Ebenen;
Der Anschlag von heute ist da. Das macht das Spielen von manchen (!) alten Stücken zu einem meiner Rettungsanker in Frustzeiten.

Ansonsten sitzen leider sämtliche Fehler von früher (vor weit mehr als 50 Jahren) 1A und es hat sich als absolut sinnlos erwiesen, diese Stücke selbst unter bester Anleitung nochmal dranzunehmen.
(Bach gehört in diese zweite Kategorie)

@Stilblüte
Ich denke, darauf wolltest Du hinaus?
 

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