Lieber Schliedücker, ich muss Dir nochmals einen eigen Post widmen. Nimm es nicht als Angriff, bitte! Aber die Sache liegt mir am Herzen und vielleicht gebe ich dem einen oder anderen auch einen Denkanstoß, daher mach ich das nicht per PN.
Nicht kaufen. Wenn keiner mehr Tropenholz kauft, bleiben die Regenwälder stehen.
Genau das ist falsch! Vollkommen eindimensional und ohne die beschriebenen Ketten- und Wechselwirkungen zu beachten. Jetzt mach ich erst mal die fiese Methode und frage, worauf Du im Garten/Balkon sitzt? Stahl oder Plaste? Ökobilanz katastrophal? Holz? Aus den hehren deutschen Waldfabriken? Die so bewirtschaftet sind, dass die Artenvielfalt den Bach runtergeht? Aber das ist die blöde und irgendwie fiese Methode, weil man damit eigentliches alles plattmachen kann.
Dabei ist der Begriff Tropenholz schon mal völlig daneben. Er ist nicht definiert - hat nur (heute) eine negative Aura. Und ihn mit Regenwäldern zu verbinden ist erst recht daneben, weil gerade die besonders harten Hölzer aus niederschlagsarmen Gebieten kommen. Aber lassen wir mal das Bild von den bösen Stühlchen aus Tropenholz stehen. Woher wissen wir denn, ob dies über Raubbau erzeugt wird und nicht Aufforstungsprogrammen und Entwicklungshilfe zugute kommt? Zertifikate? Können wir denen trauen?
Regenwald: Lassen wir auch dieses Bild mal stehen und auch das böse Tropenholz von dort herkommen. Was ist für den Wald am besten? Wenn einzelne, wertvolle Bäume ausgeschlagen und für tolle Flügel verwendet werden? Wenn vernünftiges Bauholz "geerntet" wird? Wenn die Vollernter der Papierindustrie zuschlagen? Wenn gar nichts geschlagen wird, sondern mittels Brandrodung Weideflächen für die Rinderherden (der katholischen Kirche - sorry ,-)) geschaffen werden?
Wir machen uns einen Kopf um Plantagen-Eukalyptus und an der Pazifik-Westküste vor Vancouver streckt die Papier(!!!)industrie die gierigen Finger nach den letzten verbliebenen (kleinen!!!) Regenwäldern aus - Bush sei Dank.
Was können wir tun? Auf jeden Fall nicht Stammtischparolen nachplappern. Überführte Übeltäter an den Pranger stellen, sie
dauerhaft boykottieren (no mercy!!!) und dies dann aber auch den Unternehmen / Personen mitteilen! Gute, nachvollziehbare Aktionen unterstützen, ja, auch mit Schotter! Wir müssen weg von Kurzlebigkeit, weg von Moden - hin zur Nachhaltigkeit in dem Bereich, DEN WIR SELBST überblicken können. Es ist definitiv besser, ich kaufe mir einen Stuhl aus Mahagoni (Reizwort) und benutze diesen ein Leben lang als während meines Lebens 10x Billigware von IKEA zum letztendlich gleichen Preis zu kaufen. Rechne ich nun noch meine Wege und meine Zeit mit ein, wird es noch klarer. Jetzt hab ich aber - pfui! - Tropenholz gekauft.
Tropenholz, Regenwald, Elefanten, Nashörner, Wale - das sind die großen Totschlagwörter. Und wehe, man tut da nicht mit. Unter den Freundinnen meiner Töchter kommen nicht wenige aus "Bio-Öko-Haushalten". Kratzige Kleider vom Schäfer um die Ecke, Birkenstocks an den Füssen, leben im Holzhaus mit Wärmepumpe und Solar und fahren auf dem Kleinwagen den Atomkraft-Nein-Danke-Sticker spazieren. Und dann stehen die Mädels am Herd und kommen aus dem Staunen nicht heraus, dass man ja Tomatensauce selbst machen kann...
Die Geburt eines Kälbchens, eines Fohlens miterleben. Selbst Apfelsaft oder Holundersirup machen (und wenns nur eine Flasche ist). Einen gegen die Scheibe geflogenen Vogel aufpäppeln. Igel überwintern. Selber Pflanzen hegen und ernten. Ein Fisch fangen, töten, ausnehmen und aufessen. Erklären, warum das gut ist und weshalb anderes schlecht. Einen Schweinetransporter mit dem Abschuss eines Wildschweins vergleichen. Wieso so viele Greifvögel im Winter an den Strassen sitzen. Dass Regenwürmer nicht eklig sind. Kröten sammeln.
Auch die harten Dinge nicht auslassen (altersabhängig): Wer beim Schlachten eines Schweins nicht zusehen kann, hat kein Fleisch verdient. Fleisch kommt nicht vom Supermarkt - es kommt vom Tier! Wer das nicht sehen und anfassen will, der kriegt keines. Wasser kommt nicht aus der Leitung oder Flasche, sondern vom Fluss. Pflanzen haben Läuse und Raupen. Die muss man eben vorher wegmachen. Und das Blut muss aus dem Schwein oder dem Fisch laufen.
Das ist es, was wir den Kindern mitgeben müssen. Zusammenhänge!!! Da liegt die Wurzel zum Verstehen (und Verändern) - nicht in der Tropenholzverweigerung. Tropenholz, das ist weit weg. Der Wal auch. Die Mühlkoppe, die ist hier. Manchmal noch. Außerdem kann man die auch mal mit der Hand fangen, was beim Wal schwierig wird.
Änderungen beginnen hier!!!!
Sorry für "Mein Wort zum Sonntag" - im nächsten Leben werde ich Prediger.
...und "saufe Wein" ;)