Und ich glaube ,dass blockiert dann auch .
Liebe Monique,
das ist so etwas von richtig!!! Vielleicht tröstet es dich, dass du mit dieser Einstellung ganz und gar nicht allein bist. Wenn ich ganz ehrlich sein darf, bin ich oft richtiggehend bekümmert über diese verbreitete Einstellung. Sie führt nämlich dazu, dass Menschen keine Geduld mit sich haben, sogar sehr gnadenlos über sich urteilen und wenig Verständnis für sich aufbringen. Und damit leider genau dem Lernerfolg entgegenstehen! Wer sich zu sehr unter (Zeit-)Druck setzt, verspannt eher - Druck ist das Gegenteil von Freiheit. Und es ist wunderbar, frei zu sein, den Klängen nachspüren zu dürfen, experimentieren zu können, die Fortschritte zu spüren, die man macht. Wenn man aber dauernd auf etwas anderes schaut, merkt man die eigenen Fortschritte nicht mehr - man nimmt sich selbst nicht mehr gut wahr.
Die eigene Wahrnehmung bzw. die Schärfung derselben ist aber eines der wesentlichen Dingen zum Lernerfolg! Sich selbst spüren, sich selbst zuhören, Blockaden bei sich aufspüren kann man nur, wenn sich annimmt, wie man ist, mit allem, was dazu gehört, mit allen Stärken und Schwächen. Und erst dann kann man auch wirklich an sich arbeiten.
Versuche doch, deine Kritik an deinem Spiel in etwas Positives umzuwandeln. Grundsätzlich ist es ja eine Stärke, dass man erkennt, was noch zu tun ist. Es gibt auch Menschen, die mit jedem und allem zufrieden sind. :p Du bist noch nicht zufrieden und möchtest noch gerne besser werden, was grundsätzlich positiv ist. Auch dass man sich an anderen misst, muss nicht schlecht sein. Diese Stärke von dir wird nur in dem Moment kontraproduktiv, wenn du (fast) nur auf die Leistungen anderer, die dann auch oft noch Profis sind, schaust. Vielen Menschen ist dabei nicht klar, wie viel und wie intensiv Profis üben mussten/müssen, um dieses Ziel eines lebendigen Klavierspiels zu erreichen. Es sieht alles so leicht aus, aber wie viel Arbeit steckt dahinter! Da musst du noch eine Menge üben, bis du allein von der Quantität dahin kommst! :D Auch wenn andere sagen, WAS sie spielen, sagt das nicht das Geringste über die musikalische und klangliche Qualität dessen aus, WIE sie spielen! Wenn du lieber auf dich schaust, auf deine Leistungen, auf deinen Fortschritt, wenn du darauf schaust, wie du vor einem Jahr gespielt hast und wie du jetzt spielst, dann rückst du deine Selbstwahrnehmung in den Vordergrund und der Abgleich mit anderen Interpretationen, der generell nichts Schlechtes ist, wird dort platziert, wo er hingehört: als Fernziel in den Hintergrund.
Die Musik im Hier und Jetzt wahrzunehmen, sich an ihr zu erfreuen, die eigene Wahrnehmung in den Vordergrund zu stellen und sich dabei mit Liebe zu betrachten, hilft vielleicht, sich von der Einstellung "welche Leistung bringe ich", "wie stehe ich im Vergleich mit anderen da" mehr und mehr zu lösen. Das führt zu einem besseren Klavierspiel. :)
Abseits dieser Betrachtungen: es differiert manchmal unglaublich, wie weit eine Schülerin nach zwei Jahren ist. Ich habe zwei 8jährige Schülerinnen, die gleichzeitig angefangen haben. Die eine spielt nach 1,5 Jahren Sonatinen, Wilder Reiter von Schumann, Präludien von Bach, Bartok .... die andere spielt noch im Wesentlichen im 5-Ton-Raum. Wer hat nun mehr geleistet? Berücksichtigt man, dass die eine sehr begabt und lernwillig ist, die andere ebenso lernwillig, aber Lernbehinderungen hat, kann man die Frage kaum mehr beantworten. Ich bin stolz auf beide!
Liebe Grüße
chiarina