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Unter Bezeichnungen wie "Oper am Klavier" gibt es solche Projekte an vielen Häusern. Damit lassen sich auch weniger bekannte und fast vergessene Sachen wiederbeleben, für die man nicht den kompletten "Apparat" des Hauses aktivieren kann und/oder will. Da muss der pianistische Part schon konzertanten Ansprüchen genügen, während im Probenbetrieb etliche pianistische Details auf der Strecke bleiben können - klare Impulse und abnehmbare Einsatztöne für Solisten, Ensembles und Chor haben zunächst Vorrang.Eine möglichst genaue Wiedergabe des Klavierauszugs braucht man eigentlich nur, wenn man Oper vor Publikum am Klavier aufführt. Wenn man zu sowas verpflichtet wird, dann hat man als Pianist allerdings richtig Stress.
"Selber singen" kann durchaus "stimmlich markieren" bedeuten, da nur wenige Kapellmeister eine podiumstaugliche Solistenstimme besitzen. Die zu singenden Töne werden zum großen Teil jenseits des eigenen Stimmfachs liegen - bei Bedarf oktavieren ist notwendig. Die Töne werden folgerichtig nicht immer klangschön sein, müssen aber in der Höhe erkennbar stimmen. Wie soll man sonst ein Solistenensemble einstudieren, dessen Akteure vielfach nicht komplett bei der Probe anwesend sein können?Als Korrepetitor muss man als erstes die Singstimmen sehr genau kennen - dazu sollte man alle (!) Partien selber singen können. Bei Einzelproben mit Sängern muss man später die Anschlüsse sicher hineinsingen können.
Es gilt schon der Grundsatz: Lieber ein dünneres Satzbild mit richtigen Tönen als ein zu dichter Klaviersatz mit falschen, weil der Spieler manuell überfordert ist. Allerdings soll das auf dem Klavier erzeugte Klangbild schon den Orchesterapparat erahnen lassen, sonst kann man sich den Job eigentlich ganz sparen.Wenn es zu schwierig wird, muss man halt Sachen weglassen oder im Notfall auch mal nur die Singstimme und den Bass bzw. Harmonien spielen. Wer als Repetitor rhythmisch "ohne Knochen" spielt, der übersteht ziemlich sicher seine erste Spielzeit am Opernhaus nicht.
Vor die erste Spielzeit am Opernhaus haben einflussreiche Kreise ein Kapellmeisterstudium an einer Musikhochschule gestellt - mancherorts kann man das Fach "Korrepetition" als eigenständiges Studienfach belegen. Da in den meisten Fällen für den Kapellmeister-Nachwuchs die "Ochsentour" ansteht und mehr pianistische als dirigentische Aufgaben anliegen, funktioniert ohne ein sehr gutes Können am Klavier in diesem Beruf praktisch nichts. Wer sich ein wenig mit dieser Materie beschäftigt, wird sehr schnell erkennen, dass auf den Einsteiger eine Menge Arbeit wartet. Bis zur ersten Position am Haus "mit Dirigierverpflichtung" ist eine beachtliche Wegstrecke zurückzulegen - so viel zum Thema "Ochsentour".
LG von Rheinkultur