von Schumann besessen :)

Für's Klavier hat Mendelssohn - zugegebenermaßen - außer den Variations sérieuses nicht so viel Nennenswertes zuwege gebracht. Die Lieder ohne Worte sind hübsch, allerdings eher dem Genre Hausmusik zuzuordnen.

ABER: Seine Sinfonien schätze ich weit mehr als die von Schumann (mit Ausnahme der letzten, "Rheinischen"), die Oratorien Elias und Paulus übertreffen Schumanns "Paradies und die Peri" um Längen und die Kammermusik von Mendelssohn (Oktett, Klaviertrios, 2. Streichquintett, alle Streichquartette) gehört zum Besten, was dieses Genre überhaupt hervorgebracht hat. Die Klavierkonzerte haben nicht das Niveau des Schumann-Konzerters, aber das Violinkonzert entschädigt dafür grandios.

Nicht vergessen sollte man auch, dass Mendelssohn ca. 8 Jahre weniger Zeit vergönnt war als Schumann.
 
Also, erstmal muss ich sagen, dass ich mich in den Ausführungen von @mick sehr wiederfinde, insbesondere im Vergleich zu Mendelssohn. Schumann hat die stärkeren Klavierwerke, Violinsonaten, Liedzyklen oder auch Klavierkonzert geschrieben, Mendelssohn liegt vorne bei Kammermusik, Oratorien oder auch Sinfonien. Alleine die zweite sucht Ihresgleichen…..

Der erste Klavierabend, den ich besuchte, war einer mit ivo Pogorelich. Er spielte die 4 Scherzi und dann die sinfonischen Etüden, seither haben diese eine besondere Bedeutung für mich. Auch den Carnaval liebe ich, genauso die Fantasie. Mich begeistere die erste Sonate mit Perahia, Kreisleriana wurde eines meiner Lieblingsstücke als ich 2000 den Clara Schumann Wettbewerb in Düsseldorf live verfolgte. Hingegen werde ich mit Humoreske, Davidsbündlertänzen aber auch seinen Sinfonien bis auf die vierte nicht warm. Wenn jemand wie @Carnina „besessen“ ist, so ist das toll, es spricht von einer persönlichen Liebe. Ich selber habe vor einigen Jahren die 1. Violinsonate spielen dürfen, die vor allem im dritten Satz richtig schwer ist. Aber auch ich war besessen davon sie zu lernen. So geht es mir derzeit mit der ersten Sonate. Ich mag sie sehr aber hätte sie mir ohne @Carnina nie vorgenommen. Aber sie hat mich eingeladen sie mit ihr in Wien zu spielen und auch das macht mich besessen. Und meine Geigerin, mit der ich die erste Sonate spielte, möchte nun auch die zweite mit mir machen, heißt bei mir steht derzeit sehr viel Schumann auf dem Programm. Er ist ein Komponist, bei dem man vor allem durch das eigene erlernen von Werken merkt, wie stark er in Wirklichkeit ist. Durch das eine Hören kann man dies eigentlich gar nicht erfassen….
 
Er ist ein Komponist, bei dem man vor allem durch das eigene erlernen von Werken merkt, wie stark er in Wirklichkeit ist. Durch das eine Hören kann man dies eigentlich gar nicht erfassen….
Für mich ist das das erste mal, dass ich durch dei intensive Beschäftigen überhaupt erst so richtig „Bock“ bekommen habe. Mir wird’s normal schnell langweilig, das ist bei diesem Stück das Gegenteil. Je länger ich dran bastel, desto interessanter finde ich es. Während mir was man allgemein als „gefällig“ beschreiben würde, schnell über wird. Es bleibt schön aber es reizt mich nicht mehr mich täglich damit auseinanderzusetzen. Bei Schumann ist das anders. Denn muss man sich echt erarbeiten, dafür bekommt man aber viel zurück.

(Ähnlich gehts mir mit Bach. Bach liebe ich auch sehr und spiele ihn gern. Auch da wird’s nie langweilig)


@Pianojayjay meine Lieblingsaufnahme der 1. Sonate ist mit Bernd Glemser. Hör dir die mal an 🤗
 
Zuletzt bearbeitet:
Launiger Musikerstreit: Wer ist besser? Schumann oder Mendelssohn Bartholdy? Ich bin klar, aber sowas von, bei Schumann und halte Flexer für einen überschätzten Komponisten mit sehr wenigen Ausnahmewerken (Violinkonzert und die bekannteren Jugendwerke... wen's interessiert, der mache einen Mendelssohn-Faden auf, dann schreibe ich ungefragt auch was).

Schumann: sehr unterschiedlich in der geistigen Fallhöhe seiner Werke (diese Beobachtung ist nicht von mir, passt aber auch in meinen Ohren gut).

Was ich dennoch mag, ist seine Fabulierlust, die sich in vielem Umblättern zeigt. Und jawohl: Siebenkäs steht auf meiner ewigen Leseliste.


Was ich sehr verehre: das Spätwerk. Um die "Stücke im Volkston" mit jecello (wieder mal) zu spielen, komme ich auch mit dem ICE.

Wundervoll die Klavierlieder. Mein Klavierschüler kann gut singen, so dass wir bei seinen Partiys einiges aus der Dichterliebe machen. Aus gegebenem Anlass stets der Jüngling, und Ich grolle nicht können mittlerweile alle Partygäste mitgrölengrollen.

Unnötig, irgendwelche Klavierwerke (und Kammermusikwerke) hier panegyrisch hervorzuheben; da bin ich nicht sonderlich originell.

Ich für meinen Teil höre am Scherzo der C-Dur-Sinfonie den eigenbrötlerischen Zug (übrigens auch sehr leipzigersch) heraus. Dieses völlig ungeigerische Thema! Ich sehe Hrn. Schumann förmlich die Lippen wichtig schürzen... (so ähnlich wie bei der Triangelstelle...)
Ich liebe beide, wobei es natürlich von Schumann mehr gute Klaviermusik gibt als von Mendelssohn.
Aber höre dir mal das Streichquartett Op. 80 von Mendelssohn an. Das ist eine unglaublich ergreifende und packende Musik.
 
Schumann ist auch für mich eine merkwürdige Gestalt. Insbesondere die frühen Klavierwerke (bis op. 23) liebe ich fast ohne Ausnahme. Auch die Kammermusik, natürlich das Klavier-Konzert und etliche der Lieder. ABER ich habe nur sehr wenig gespielt und auch keine Pläne in diese Richtung. Eventuell die Papillons, mit ihren extremen schnellen Stimmungswechseln und dem genialen Schluss (ich kann mir nicht helfen, aber das op. 2 erinnert mich an Beethovens WoO 80, wo auch alle paar Sekunden ein neuer [oft exzentrischer!] Gast in der Stube steht).
Ich habe ziemlich viel Schumann mit großer Freude unterrichtet. Aber bei Schumann fallen Hörenwollen und Spielenwollen komplett auseinander und ich habe keine Ahnung, warum das so extrem ausfällt.
Ob Schumann ein sympathischer Zeitgenosse war, oder nicht, ist mir dagegen völlig egal!
 
Früher hat es mir wenig ausgemacht und ich habe Schumann sehr geschätzt, aber je älter ich werde, desto mehr stört mich seine mitunter geradezu manische Hektik.
 
Für's Klavier hat Mendelssohn - zugegebenermaßen - außer den Variations sérieuses nicht so viel Nennenswertes zuwege gebracht. Die Lieder ohne Worte sind hübsch, allerdings eher dem Genre Hausmusik zuzuordnen.
Ich halte die Lieder ohne Worte, immerhin fast 50 durchaus sehr unterschiedliche Stücke in Schwierigkeit, Länge Ausdruck usw., für weitaus mehr als nur "hübsch(e)" "Hausmusik" und für unterschätzt und durchaus auch für den wirkungsvollen öffentlichen Vortag außerhalb des Wohnzimmers geeignet.

Bzw. wie ist das "Genre Hausmusik" definiert?
Zählen dann etwa auch die Kinder- oder Waldszenen von Schumann oder die Intermezzi und andere kürzere und leichter spielbare Klavierstücke von Brahms ganz oder teilweise dazu?
Und was ist mit Mendelssohns op. 35? Er selbst zählte diese Praeludien und Fugen zu seinen besten Werken für Klavier.
 
Ob Schumann ein sympathischer Zeitgenosse war, oder nicht, ist mir dagegen völlig egal!
klar - ob er ein Arsch oder ein Engel war, ändert keine einzige seiner Noten.

Ich hatte eigens in meinem ersten Beitrag, weil es um "besessen von XY" geht, ein paar Sätze zur Biografie eingeflochten. Denn das interessante an der "Besessenheit von" ist, dass die Begeisterung für die Musik eines Komponisten eine weitere Komponente enthalten kann (nicht zwangsläufig muss) : ihn, sein Leben, seinen Charakter, seine Persönlichkeit zu glorifizieren - so als könne "diese wunderbare Musik nur von einem wunderbaren Menschen kommen"... @Carnina möge mir verzeihen: 1-2 deiner Beiträge gehen in diese Richtung.
 
Ich halte die Lieder ohne Worte, immerhin fast 50 durchaus sehr unterschiedliche Stücke in Schwierigkeit, Länge Ausdruck usw., für weitaus mehr als nur "hübsch(e)" "Hausmusik" und für unterschätzt und durchaus auch für den wirkungsvollen öffentlichen Vortag außerhalb des Wohnzimmers geeignet.

Bzw. wie ist das "Genre Hausmusik" definiert?
Zählen dann etwa auch die Kinder- oder Waldszenen von Schumann oder die Intermezzi und andere kürzere und leichter spielbare Klavierstücke von Brahms ganz oder teilweise dazu?
Natürlich ist das Genre "Hausmusik" nicht klar definiert; aber ich halte die Stücke für wenig konzertgeeignet - zum einen, weil der poetische Inhalt sich auf biedermeierliche Idyllik beschränkt und die Stücke der einzelnen Bände weder inhaltlich noch tonartlich zusammengehören.

Das gilt auch in gewissem Sinne auch für Schumanns Miniaturen, aber die Kinder- und Waldszenen sind in sich abgeschlossene Zyklen mit einem klaren dramaturgischen Plan - sie lassen sich deutlicher besser in ein Konzertprogramm integrieren.

Und was ist mit Mendelssohns op. 35? Er selbst zählte diese Praeludien und Fugen zu seinen besten Werken für Klavier.
Tat er das? Warum schrieb er dann das Folgende in einem Brief an Ferdinand Hiller:

"Ich habe heute meine sechs Präludien und Fugen an die Druckerei geschickt, sie werden wenig gespielt werden, fürchte ich, dennoch möchte ich gern, Du sähest sie Dir seiner Zeit mal durch und es gefiele Dir etwas darin und Du sagtest es mir sammt dem vorkommenden Gegentheil."

und weiter:

"Gott lasse mir bald eine recht lustige Clavierpassage einfallen, damit ich den üblen Eindruck verwischen kann."

So ganz überzeugt schien er von den Dingern wohl nicht zu sein...
 

seinen Charakter, seine Persönlichkeit zu glorifizieren - so als könne "diese wunderbare Musik nur von einem wunderbaren Menschen kommen"... @Carnina möge mir verzeihen: 1-2 deiner Beiträge gehen in diese Richtung.
So wollte ich es nicht rüberbringen. Zu sagen „oh wie herrlich, er muss ganz wunderbar gewesen sein!“ ist wirklich so dermaßen platt, dass ich fast beleidigt sein müsste. Aber ich verzeihe alles 😇😁
Dennoch bin ich überzeugt dass charakterliche Tendenzen und Weltanschauungen, ja auch Prinzipien und Überzeugungen erkennbar/zumindest spürbar sind. Beethoven würde auch niemand, obwohl er die Biografie nicht kennt als zittriges,allzeit strukturiertes, kuschendes, braves, introvertiertes „Schniarchterl“ empfinden oder? Und bei Haydns Musik käme niemand auf den Gedanken er habe ein skandalöses Leben geführt oder? Mich würde wirklich (schon länger) interessieren, ob Sympathie und Gefallen an bestimmter Musik sich in Verbindung bringen lässt mit einer Sympathie für den Biografischen Background/ überlieferte Persönlichkeitsmerkmale. Für Musikrichtungen gibt es solche Untersuchungen (Jazz, Rock, etc.) da konnte man Übereinstimmungen zwischen Fans und Künstlern in Bezug auf Persönlichkeitsmerkmale feststellen. Abwegig finde ich das auch garnicht. Wenn Dinge die ich mag und ablehne ein Teil meiner Persönlichkeitsstruktur sind, warum wäre es abwegig zu glauben, dass man gemeinsame Vorlieben nicht eher mit Menschen teilt die ähnliche Merkmale aufweisen? Warum lohnt es sich dann nicht den Umkehrschluss zumindest einmal zu prüfen?

@rolf wenn du der Überzeugung dass das in keinem Zusammenhang steht, dann müsste ein Künstler in der Lage sein Kunst ohne die Beteiligung des eigenen Selbst zu schaffen. Er wäre dann als Künstler in Bezug auf das was er schafft keine voll integrierte Person. Etwas ohne sich auszudrücken wäre dann ziemlich Psycho. Oder nicht?
 
Also, nur so signalhaft hier geschrieben: Mozart und Hildesheimer.

Ich habe das Buch (vor Jahrzehnten) leider nur angelesen, jetzt ist es in irgendeiner Kiste - aber grabe ich mit Sicherheit einmal auch noch aus und lese es zu Ende.

H. steht für eine strikte Trennung von Lebensumstände und Kompositionen. Heiterste Musik geschrieben & zugleich vom Tod der Mutter erfahren. (an mehr erinnere ich mich nicht mehr)
 
Das war nicht nur ein bissl Flirten, und es war auch nicht mit nur einer...
Ok aber abgesehen davon war er schon in allem immer sehr korrekt. Ich hab die Biografischen Nachrichten von Joseph Haydn gelesen. Da entstand schon ein sehr aufgeräumtes Bild. Ich als Chaot vom Dienst hab mich gefragt wie man das ein ganzes Leben so durchziehen kann. Respekt. Mit Ödematösen Beinen würde ich mich nicht mehr in Stiefel zwängen nur weil einer zum Tee kommt.
 

Zurück
Top Bottom