wenn die Sprecher mit ihrem Latein am Ende sind. Tja, und dann muss der neugewählte Präsident Schwalkahbarnojsztk aus Frulstrakscharmaileoiuin so locker über die Lippen kommen als ob man ihn schon Jahre lang kennt...
:D klasse Vergleich!!!
((für mich ein wenig wie beim prima vists spielen von 12-Ton Stücken))
was man übrigens auch nicht ganz außer acht lassen darf:
wir haben heute ja die Möglichkeit, nahezu alles erst mal anhören zu können - das ist sehr sehr hilfreich
leicht
-- leichte noch nicht schnelle Stücke (z.B. Abschwiedswalzer) in gängiger braock-klassisch-spätromantischer Art:
kann ich gleich vom Blatt spielen
-- leichte noch nicht schnelle Stücke komplizierter Art (frei atonal, 12-Ton Musik)
lese ich erst mal durch, dann kann ich sie auch "beim zweiten lesen" abspielen
-- leichte schnelle Stücke "gängig"
erst einmal lesen, dann gehts
-- leichte schnelle Stücke "weniger gängig"
erst lesen, etwas überlegen, dann gleich spielen
mittel
-- mittlere Stücke langsam "gängig" (z.B. der langsame Satz aus Brahms f-Moll Sonate)
gleich gespielt, nach zwei-dreimal durchspielen sitzt´s (und ist dann allerdings auch auswendig vorhanden)
-- mittlere Stücke "weniger gängig"
erst lesen, etwas überlegen, dann 2-3mal durchspielen (allerdings sind die dann noch nicht völlig auswendig)
schwerig
-- schwierig "gängiger" Machart
abgesehen von komplizierten Passagen gleich vom Blatt, aber langsamer als vorgeschrieben
-- schwierig "nicht gängiger Art"
erst mal lesen, dann langsamer als vorgeschrieben vom Blatt
sehr schwierig
-- sehr schwierig "gängiger" Machart (z.B. Wagner/Liszt Sachen)
erst lesen und überlegen, dann im halben Tempo vom Blatt
-- sehr schwierig "gängiger" Art, aber in komplexer Struktur (Fuge aus op.106)
erst lesen, einzelnes probieren, dann maximal im halben Tempo von Blatt, wobei gut ein Drittel nochmal verlangsamt sein muss
-- sehr schwierig "modernerer" Art (z.B. Villa-Lobos, Rudepoema; Strawinski chez Petrouchka)
erst lesen, dann ca 50% im halben Tempo vom Blatt - der Rest (alles, was sich widerborstig in jeder Hinsicht gibt, besonders poyrhythmische und polymetrische Abschnitte) muss minutiös geübt werden
-- sehr schwierig atonal & 12-Ton Musik (z.B. "Kreuze" aus Schönbergs Pierrot Lunaire)
ultralangsam vom Blatt, dann ein paar Tage mit Noten immer wieder (peu a peu schneller)
Fazit: schwierig & sehr schwierig geht vieles im halben Tempo vom Blatt, gekonnt ist es damit aber noch lange nicht - dann fängt erst das üben an.
Ausnahmen:
im Unterricht muss ich gelegentlich Passagen demonstrieren aus Stücken, die ich nicht selber spiele: kurze Abschnitte (paar Takte) kann ich da im Tempo sofort spielen.
mein persönlicher Eindruck: befindet sich das, was ich vom Blatt spiele, in einer mir vertrauten musikalischen Sprache (barock bis spätromantisch/frühmodern), dann fällt mir das vom Blatt spielen nicht schwer (freilich bzgl. des Tempos in Maßen!) - - je schlichter oder besser gesagt überschaubarer die harmonische und satztechnische Struktur, umso leichter geht es, fast gleich im Tempo vom Blatt zu spielen (
wobei von Vorteil ist, wenn man das Stück vom hören schon kennt): z.B. der erste Satz der Appassionata, den hatte ich bis auf ein paar Takte gleich im Tempo beim ersten lesen/spielen // das funktioniert so beim dritten Satz nicht mehr, der war anfangs im halben Tempo!
korrepetieren / aus Klavierauszügen vom Blatt spielen (klassisch-romantische Lieder, Opern, Kirchenmusik)
da hilft das gehört haben sehr - ich spiele gerne Opern & Lieder vom Blatt
abschließend:
ich attestiere mir, recht gut vom Blatt spielen zu können -
aber ich käme nie auf den Gedanken, irgendwas beim ersten mal sehen/lesen gleich "können" zu wollen oder sowas demonstrieren zu wollen: das macht für mich keinen Sinn (ich habe lediglich als Selbsttest ausprobiert, ob ich durch lediglich lesen und innerlich hören ein Stück lernen kann, sodass ich es dann gleich anständig zu spielen in der Lage bin: das hatte ich mit dem Ständchen (Schubert/Liszt) und er Widmung (Schumann/Liszt) so gemacht ---- aber allein beim lesen "spielen lernen" ohne Tasten ist meiner Ansicht nach was anderes, als prima vista spielen)
eine Sonate von Boulez muss ich mir freilich auch erst zurechtbuchstabieren!!!
vom Blatt spielen ist für das üben hilfreich, je besser es geht, umso eher kann man auf die Noten verzichten und schwierige Passagen üben
soweit meine persönliche Erfahrung mit dem vom Blatt spielen.
Gruß, Rolf