da hängt viel vom jeweiligen Programm ab!
mein Lieblingsprogramm seit Jahren ist:
Beethoven op.111
Liszt Sonate h-Moll (passen beide in 45min hineien)
----Pause----
Mussorgski Bilder einer Ausstellung (26-27min maximal)
Wagner/Liszt Tannhäuser Ouvertüre (z.Z. 14 1/2 min)
nach op.111 bleibe ich eine Minute lang sitzen und schaue auf die Klaviatur, egal was sich im Publikum regt. nach der Schweigeminute für Beethovens Abschied verbeuge ich mich nur einmal und gehe raus ---- also sehr ernst alles, passend zu op.111
nach der Lisztsonate bin ich emotional wirklich geschafft, erschüttert, also bleibe ich eine Weile sitzen (dabei setzt dann meist Applaus ein), muss mir mit einem Handtuch das Gesicht trocken wischen, dann aufstehen, drei Verbeugungen (links, mitte, rechts), rausgehen, wieder herein kommen, noch mal drei Verbeugungen, dabei ins Publikum lächeln
im zweiten Teil wirds dann lockerer, d.h. die Musik ist ja jetzt weniger todernst - also reinkommen, alles anlächeln, sich verbeugen, hinsetzen und gleich mit etwas "show" voll hinein in die Promenade (sichtbar lautlos lachen, den homophonen Anfang mit beiden Zeigefingern spielen!) - dann mit der Musik mitgehen, im Ballett, Marktplatz, Baba Yaga & Kiewer Tor mit Freude daran auch Technik und Virtuosität demonstrieren. Noch während am Ende das Pedal den Es-Dur Bombast hält aufstehen. In aller Regel ist es dann laut (ich glaube, dass diese Musik die emotionale Spannung aus dem ersten Teil abbaut), jetzt alle anschauen, mehrmals verbeugen, lächeln, zunicken usw.
(-----klar: der "ernste" Interpret hat sich quasi vermenschlicht, hat die bunten Bilder mit Effekt rausgebracht, da ist "endlich" keine Andacht mehr, wenn man so sagen kann)
dann kommt (für mich) die schlimmste Anstrengung, weil die Tannhäuser Ouvertüre hör- und sichtbar ultraschwierig daherkommt und das auch soll (extrem gute Musik in extrem virtuosem Gewand), und da werden dann (meine) letzten Reserven mobilisiert, und da ich darauf trainiert bin, funktioniert das auch. Der Effekt nach der Akkord- und Oktavenschlägerei am Ende ist immer vorhersehbar: wenn das geklappt hat, dann ist der Beifall wirklich heftig! Dann habe ich keine Scheu, zu zeigen, dass mich das alles sehr angestrengt hat (sich trocken wischen, durchatmen usw.), und dann geht der übliche Tanz vor den Zugaben los (man bekommt Blumen, mehrmals raus gehen und wieder zurück kommen, immer lächeln und sich beim Publikum bedanken)
--- Schubert/Liszt Ständchen oder Schumann/Liszt Widmung als erste Zugabe, dann eine Chopin-Etüde, zuletzt Prokovevs suggestion diabolique
und ein Geständnis: wenn ich Ondine, Liebestod, Träumerei, Abendstern-Transkription oder sogar den langen Mephistowalzer zugebe, dann bin ich davon überzeugt (und vor Freude randvoll), dass ich wirklich gut gespielt habe.
und noch was, wie ich finde sehr wichtiges: wenn alles dann aufbricht, sollte man nicht unnahbar verschwinden! ich bin nach Auftritten immer für alle zu sprechen, es kommt immer vor, dass "Kultur-Honoratioren", Veranstalter, aber auch Leute aus dem Publikum Fragen haben - da bin ich gerne bereit, wenn auch erschöpft, Auskunft zu geben.
--- übrigens das "Deckel zuklappen" habe ich auch oft praktizieren müssen (irgendwann kann man einfach nicht mehr, man hat furchtbar Durst - und ich Sünder will dann endlich eine rauchen!)