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Ja, dieser Hypermoralismus ist ein schlechter Religionsersatz.
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Umgekehrt wird ein Schuh draus: Kreativität und kriminelle Neigung hängen zusammen wie ein Schoppen Rotz. Das eine ist ohne das andere nicht haben, bei Mann und Frau – eine Feststellung, die weder gute noch schlecht Taten rechtfertigt.
allerdings kein kleines bisschen. Hat er halt Pech gehabt... .
Ist das traumatisierte männliche Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls weniger wert als eine sexuell bedrängte Frau?
Radiosender diskutieren darüber, Michael-Jackson-Songs aus dem Programm zu nehmen.
Keine Ahnung. Mir sagt es der "gesunde Menschenverstand". Vielleicht schließe ich unzulässigerweise von mir auf andere? Ich habe wohl ein pessimistischeres Menschenbild als Du.Vor allem frage ich mich, woher deine obige These ("Feststellung") stammt? Ist sie wissenschaftlich bewiesen?
Sagen wir mal so: (Sexuelle) Devianz und künstlerische Begabung hängen bei Künstlern oft zusammen. Kausalkette: Devianz isoliert einen Menschen. Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.Und gilt sie auch umgekehrt? Wer kriminell oder pädophil ist, ist auch sehr kreativ?
Ja, eben!Das Werk oder die künstlerische Begabung hat mit den menschlichen oder sozialen Fähigkeiten m.E. nichts zu tun, der große Künstler kann ein Arschloch sein, ein empathischer und freundlicher Mensch oder was dazwischen.
Dann wird der aktuelle Straftäter für die Empathielosigkeit früherer Zeiten mitbestraft. Das ist ungerecht.Es kann sein und ist wahrscheinlich, dass in der Zukunft diese Trennung (auch bei Mauser) vorgenommen wird. Warum das im Moment nicht geschieht, liegt m.E. am Umgang mit diesem Thema in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten.
Ohne Mitgefühl für Siegfried Mauser oder Wei Tsin Fu zu empfinden: Die böse Tat traumatisiert nicht nur das Opfer. Sie neurotisiert auch den Täter (damit muß er sich dann halt ein Leben lang rumschlagen). Frag mich nicht, welcher Wissenschaftler das sagt. Mir reicht die Lebenserfahrung - und Autoren wie Poe oder Dostojewski.Aus meiner Sicht gibt es außerdem eine krasse Diskrepanz zwischen Wirkung der Taten auf das Opfer (oft lebenslange Folgen) und der Strafe für solche Verbrechen (ein paar Jahre).
Und es ist genauso falsch, verurteilte Menschen zu diskriminieren. Der Begriff "vorbestraft" mag für die Polizeiarbeit und die Rechtsprechung sinnvoll sein. Für die moderne abendländische Strafidee ist er nicht zu rechtfertigen. Einem Straftäter nach Ableistung seiner Buße die Straftat weiter vorzuhalten, ist völlig unethisch.Ich finde es nicht richtig, wenn nicht verurteilte Menschen diskriminiert werden.
Er wurde nicht nur nicht verurteilt. Er ist vermutlich unschuldig. Aber seine Karriere und sein Ruf wurden zerstört. Statt sich als Arbeitgeber loyal vor ihn zu stellen, hat sein Haussender ihn aus Angst vor dem Shitstorm sofort rausgeschmissen.Anders sieht es mit nicht verurteilten Angeklagten aus. Es gab ja auch [...] Kachelmann, der nicht verurteilt wurde und danach beruflich und privat große Schwierigkeiten bekommen hat.
Sieh Dir den öffentlichen Diskurs an, der von den Universitäten über die Medien bis zu den sozialen Netzwerken reicht. Es gibt Opferhierarchien, und alle drängeln sich um die besten Plätze. Was mich am meisten bekümmert: Anteilnahme ist wohlfeil geworden. Dafür reicht ein Mausklick des gelangweilten users, der morgen nicht mehr weiß, worüber er sich gestern empört hat: Daumen nach oben oder unten? Anteilnahme als Gefühlsregung ist bei Angehörigen und Freunden eines Tatopfers plausibel. Beim digitalen Rest artet sie in Gemenschel aus, noch schlimmer: Sie wird zu einem Instrument der sozialen Kontrolle. Wer nicht schnell genug in das "Me too"-Geheul miteinstimmt, gilt als Sexist*in. Darüber wird in Frankreich jetzt sogar in feministischen Kreisen diskutiert.Hast du denn den Eindruck, dass das so ist?
...was hatten erfolgreiche, gesellige Leute (z.B. Komponisten, da u.v.a. Rossini, Verdi, Puccini, Richard Strauß, Igor Strawinski, Rachmaninov, Saint-Saens) zu kompensieren? Als allgemeine Regel scheint mir dieser Satz nicht besonders tauglich, mag es auch eventuell irgendwas kompensierende Einzelfälle unter den Künstlern geben.Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.
Huch! Name dropping! Und Saint-Saens, der vom Ehebett hinweg zu Muttern zurückgezogen ist? Der depressive, dies-irae-verliebte Rachmaninow? Strauss und seine Domina Pauline? Puccini, bei dem Frauen bevorzugt in der Opferrolle zu finden sind, im Leben wie auf der Bühne? Strawinski, für den Gefühlskundgabe geradezu ein Sakrileg war? (Du weißt, daß ich ihre Musik liebe)....was hatten erfolgreiche, gesellige Leute (z.B. Komponisten, da u.v.a. Rossini, Verdi, Puccini, Richard Strauß, Igor Strawinski, Rachmaninov, Saint-Saens) zu kompensieren?
Lies die Tagebücher eines Deiner Lieblingsautoren, Thomas Mann, und Du hast das klassische Modell vor Augen.Als allgemeine Regel scheint mir dieser Satz nicht besonders tauglich, mag es auch eventuell irgendwas kompensierende Einzelfälle unter den Künstlern geben.
...na ok, der "kompensierte" mittels einer Villa in Beverly Hills, der arme russische Schlucker mit der Sträflingsfrisur , und vermutlich weinte er rund um die Uhr ----- a prospos Ehebett: da hätte ich von dir eher erwartet, dass du Tschaikowski nennst dessen Briefe dir sicher bekannt sind (speziell hierzu...der hatte in der Tat was zu kompensieren)Der depressive, dies-irae-verliebte Rachmaninow?
Musikalisch viel zu oft.und vermutlich weinte er rund um die Uhr
Kurzversion meiner Antwort: Ich stimme Dir größtenteils zu.
Sagen wir mal so: (Sexuelle) Devianz und künstlerische Begabung hängen bei Künstlern oft zusammen. Kausalkette: Devianz isoliert einen Menschen. Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.
Dann wird der aktuelle Straftäter für die Empathielosigkeit früherer Zeiten mitbestraft. Das ist ungerecht.
Ohne Mitgefühl für Siegfried Mauser oder Wei Tsin Fu zu empfinden: Die böse Tat traumatisiert nicht nur das Opfer. Sie neurotisiert auch den Täter (damit muß er sich dann halt ein Leben lang rumschlagen). Frag mich nicht, welcher Wissenschaftler das sagt. Mir reicht die Lebenserfahrung - und Autoren wie Poe oder Dostojewski.
Und es ist genauso falsch, verurteilte Menschen zu diskriminieren. Der Begriff "vorbestraft" mag für die Polizeiarbeit und die Rechtsprechung sinnvoll sein. Für die moderne abendländische Strafidee ist er nicht zu rechtfertigen. Einem Straftäter nach Ableistung seiner Buße die Straftat weiter vorzuhalten, ist völlig unethisch.
Sieh Dir den öffentlichen Diskurs an, der von den Universitäten über die Medien bis zu den sozialen Netzwerken reicht. Es gibt Opferhierarchien, und alle drängeln sich um die besten Plätze. Was mich am meisten bekümmert: Anteilnahme ist wohlfeil geworden. Dafür reicht ein Mausklick des gelangweilten users, der morgen nicht mehr weiß, worüber er sich gestern empört hat: Daumen nach oben oder unten? Anteilnahme als Gefühlsregung ist bei Angehörigen und Freunden eines Tatopfers plausibel. Beim digitalen Rest artet sie in Gemenschel aus, noch schlimmer: Sie wird zu einem Instrument der sozialen Kontrolle. Wer nicht schnell genug in das "Me too"-Geheul miteinstimmt, gilt als Sexist*in. Darüber wird in Frankreich jetzt sogar in feministischen Kreisen diskutiert.
Kreativität und kriminelle Neigung hängen zusammen wie ein Schoppen Rotz.
"Wie ein Schoppen Rotz" heißt: Man kann's nur schwer auseinanderhalten. Das Wörtchen "oft" ist meine salvatorische Klausel im zweiten Zitat. Ich habe kein allgemeingültiges Gesetz formuliert. Das geschah vielmehr in Freuds Kochstudio: Die Sexualität hat bei jedem Menschen etwas Abgründiges, egal wie er disponiert ist - was nicht heißt, daß man diese Abgründigkeit ausleben muß. Man könnte aber so ehrlich sein, es sich im stillen Kämmerlein einzugestehen. Und die meisten Künstler haben eine gewaltigen Sprung in der Schüssel (inklusive meiner Wenigkeit), und das gehört wohl zur künstlerischen Entwicklung dazu.(Sexuelle) Devianz und künstlerische Begabung hängen bei Künstlern oft zusammen. Kausalkette: Devianz isoliert einen Menschen. Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.
Darauf wollte ich gar nicht hinaus: daß Menschen für ihre pädophile Neigung nichts können, nur für deren Ausleben. Ich meinte: Jede Straftat neurotisiert den Täter. Jeder Lügner weiß, daß er lügt, und jede weitere, immer dreistere Lüge verändert ihn. Jeder Grapscher und Vergewaltiger weiß, daß er Körperkontakt erzwingt. Die Folgen der Tabuüberschreitung verspürt er an sich selbst. Wilde hat das im "Dorian Gray" mit der zunehmenden Entstellung des Portraits (=Dorians Seele/sein schlechtes Gewissen) wunderbar beschrieben.Pädophile wie Wei Tsin Fu müssen sich das ganze Leben mit ihrer Pädophilie rumschlagen.
1.) klassischer Fall von Schuldabwehr (sagt der Küchenpsycholge), die im Glücksfall der zunehmenden Schulderkenntnis vorausgeht.Ich vermisse bei Mauser, bei Wei Tsin Fu und bei vielen anderen sexuellen Straftätern (Weinstein.....) diese Qual. Ich merke nichts von Zerrissenheit, im Gegenteil scheinen diese Leute völlig unbewegt und unerschütterlich.
Sie werden noch viel tiefer. In der französischen "Me too"-Debatte wurde das von Anfang an mitdiskutiert. Introvertierte kontaktscheue junge Männer sind zwar nicht der Traum eines jungen Mädchens - aber das männliche Begehren steht jetzt unter Generalverdacht: Jeder Blick kann als zudringlich, jedes Streicheln durchs Haar, jede Annäherung, wie für einen schüchternen Kuß erforderlich, als unzulässige Grenzüberschreitung denunziert werden. Da bin ich froh, nicht mehr jung zu sein.Ich finde es sehr schade, dass die Gräben durch solche, auch von dir beschriebenen Situationen noch tiefer werden.
Ich habe kein allgemeingültiges Gesetz formuliert.
…"die meisten" ist sicher auch so´n salvatorisches boah-wie-raffiniert-Dings wie "oft"... wer nun Muße für maxesche Ausmaße hat, kann sicherlich unschwer belegen, dass dem nicht nur oft, sondern auch bei den meisten so ist.Und die meisten Künstler haben eine gewaltigen Sprung in der Schüssel (inklusive meiner Wenigkeit), und das gehört wohl zur künstlerischen Entwicklung dazu.
...wie tragisch... so man ihn erwischt, sollte das sein geringstes Problem sein. (du hast Dostojewski erwähnt, ist Stawrogins Beichte neurotisch?)Ich meinte: Jede Straftat neurotisiert den Täter.
Und da könnte Deine verzweifelt witzelnde Besserwisserei mal ein Ende finden. Es gibt genügend Leute, die sich in der Haft - oder sogar noch danach - umbringen....wie tragisch... so man ihn erwischt, sollte das sein geringstes Problem sein.
aha - ja und? ...es gibt auch genügend Leute, die mehrmals (und nicht grundlos) inhaftiert wurden (da gibt´s sogar ein Worte dafür: Wiederholungstäter, rückfällig) und es gibt genügend Leute, die sich weder in der Haft noch danach umbringen.Es gibt genügend Leute, die sich in der Haft - oder sogar noch danach - umbringen.
(2)mein Schwerpunkt bleibt die Täterperspektive
(1) hat mit (2) nicht sonderlich viel zu tun - aber der unterstrichene Satz könnte in Richtung Etym-Theorie gedeutet werdenaber das männliche Begehren steht jetzt unter Generalverdacht: Jeder Blick kann als zudringlich, jedes Streicheln durchs Haar, jede Annäherung, wie für einen schüchternen Kuß erforderlich, als unzulässige Grenzüberschreitung denunziert werden. Da bin ich froh, nicht mehr jung zu sein.
wozu soll ich mir während der coronigen Zwangspause Arbeit aufhalsen, indem ich unhandliche sentimentale Sachen von einem "depressiven" "der einen Sprung in der Schüssel hat" durchspiele? Werd´ noch älter, @Gomez de Riquet , dann verschwindet evtl auch das zänkische Gehabe...Wenn sich Dir die Stringenz (in Wechselrede mit Chiarina) nicht erschließt, dann spiel Rachmaninow.
...dazu kamen ganz kurz paar Sätze zu Kachelmann - - aber ansonsten durfte man über solche Tiraden staunen:Mein Thema in diesem Thread war/ist die Vorverurteilung Verdächtiger oder Angeklagter vor ihrer rechtskräftigen Verurteilung und die Nachverurteilung rechtskräftig Verurteilter, Freigesprochener oder gerichtlich nie Belangter - jeweils vor dem Gerichtsaal, also in der Öffentlichkeit (zu der u.a. "Me too" gehört).
Introvertierte kontaktscheue junge Männer sind zwar nicht der Traum eines jungen Mädchens - aber das männliche Begehren steht jetzt unter Generalverdacht: Jeder Blick kann als zudringlich, jedes Streicheln durchs Haar, jede Annäherung, wie für einen schüchternen Kuß erforderlich, als unzulässige Grenzüberschreitung denunziert werden. Da bin ich froh, nicht mehr jung zu sein.
Ich meinte: Jede Straftat neurotisiert den Täter. Jeder Lügner weiß, daß er lügt, und jede weitere, immer dreistere Lüge verändert ihn. Jeder Grapscher und Vergewaltiger weiß, daß er Körperkontakt erzwingt. Die Folgen der Tabuüberschreitung verspürt er an sich selbst.
...ich traue dir zu, erkennen zu können, dass die drei Zitate ziemlich wenig mit dem zu tun haben, was du nun als dein eigentliches Thema nennst.Sagen wir mal so: (Sexuelle) Devianz und künstlerische Begabung hängen bei Künstlern oft zusammen. Kausalkette: Devianz isoliert einen Menschen. Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.
Ist das traumatisierte männliche Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls weniger wert als eine sexuell bedrängte Frau?
Um die Frage ging es mir u.a. - mit dem vom obigen Forumsnutzer als so anstößig empfundenen Beispiel. Ich habe es mit Bedacht gewählt. Ein ehemaliger Arbeitskollege von mir wurde in seinem früheren Job (Tankstelle) Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls. Er mußte sich hinter dem Tresen bäuchlings auf den Boden legen. Über ihm stand einer der Typen mit entsicherter durchgeladener Knarre. Mein Ex-Kollege kann seitdem nicht mehr schlafen - nur noch mit Hilfe starker Narkotika.Im selben Sinne würde ich es aber auch als wahrscheinlich ansehen, dass ein Opfer durch Missachtung seiner sexuellen Selbstbestimmung sehr viel stärker traumatisiert wird als bei anderen Arten der Selbstbestimmung [Meintest Du an dieser Stelle vielleicht: Fremdbestimmung? G.d.R.] Vielleicht haben sich ja schon ein paar clevere Psychologen Gedanken darüber gemacht, ob man das irgendwie messen könnte?