u.a. Friedrich Gulda, Mauritio Pollini und Claudio Arrau haben demonstriert, dass man das Finale von op.106 in der Nähe des extremen Originaltempos durchaus glasklar, differenziert und überzeugend spielen kann - oder hast du an deren Einspielungen was auszusetzen?
...dass Gulda die Fuge brillant, klar und schnell wie der Teufel live spielen konnte, kann man sogar auf Video sehen und hören!
Es gibt sogar Aufnahmen, in welchen das furios rasche Tempo Beethovens in der Fuge teilweise übersteigert wird: das hatte Edwin Fischer gewagt - zwar gibt es da einige Undeutlichkeiten, aber man muss dazu sagen, dass diese Aufnahme in einer Zeit entstand, als man noch nicht büschelweise Taktgruppen retuschieren konnte: der Fischer hatte sich getraut, in aberwitzigem Tempo in einem Rutsch aufzunehmen!
Des weiteren kann man Artur Kolischs verdienstvolle Forschungsarbeit zu den Beethoventempi nachlesen, und da kann man feststellen, dass Czerny und Moscheles (die mit dem alten Beethoven zu tun hatten) Tempi mitteilen, die sich großenteils mit den wenigen*) von Beethoven fixierten Tempi decken!
Sicher: es ist sauschwierig in manchen Teilstücken, die fixierten Beethoventempi sowie die höchstwahrscheinlich authentischen Czerny-, Moscheles- und Kolischtempi zu realisieren - aber unmöglich ist es nicht**)!!
Fazit: man sollte nicht unreflektiert die Beethoventempi ablehnen bzw. für nicht ausführbar erklären.
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...aber Beethoven ist hier nicht das Thema
(Beethovens Vorhaben, sein Werk zu metronomisieren, ist der Anfang der musikgeschichtlichen Metronomisierung)
Hier geht es um Schumann und dessen Metronomangaben
Zu Schumanns Lebzeiten war das Metronom schon in gewohntem Gebrauch, man verwendete es zur Tempokontrolle in der Praxis und man verwendete es zur Darstellung / Fassbarmachung eines relativ fixierten Tempos. Betrachtet man, wie die Generation der um 1810 geborenen romantischen Komponisten***) Metronomangaben in ihren Werken einsetzten, dann kann man interessantes feststellen (und was das ist, das verrate ich nicht - ätschi)
Und nachdem man das gemacht hat, wird man sich schämen, wenn man Unsinn zu den Tempovorgaben der Komponisten herausposaunt hat ------ jetzt stellt sich die Frage, was es zu bemerken gibt, wenn man die Metronomisierungen der Romantiker in Augenschein nimmt
viel Spaß dabei!
@Ludwig ja, das hast du treffend bemerkt (oder eventuell aus paar Jahre alten Beiträgen abgeschrieben?)
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*) der grimme Ludwig hatte geplant, sein gesamtes Oeuvre nachträglich zu metronomisieren, aber er hatte dieses Vorhaben nicht ausgeführt.
**) Czerny und Moscheles geben für den 2. Satz aus op.111 Taktdrittel = 60 an (Kolisch ist da vorsichtiger...) - bon, die 3.Variation wird in diesem Tempo zum ultravirtuosen Kracher, was nur wenige so spielen - aber es ist spielbar und überzeugt auch.
***) Mendelssohn, Schumann, Chopin, Liszt, Wagner, Verdi