Bemerkenswert finde ich die Stelle in Takt 6. Dieser chromatische Vorhalt würde man ja "normalerweise" mit Io7 harmonisieren, also a d#' b#', was sich dann nach A Dur auflöst. Mozart geht hier aber einen anderen Weg. Was dabei enharmonisch umgedeutet heraus kommt ist ein A Moll Dreiklang - tp sozusagen, also eine Terzverwandtschaft ersten Grades, die sich in einen Molldreiklang eine kleine Terz tiefer auflöst. Ein für mich eher seltenes Klangerlebnis, das aber seine Wirklung zeigt. Hoch dramatisch - jedenfalls für die damalige Zeit.
hallo Fred,
da haben wir also auch bei Mozart eine ungewöhnliche Notation, denn a-#b-e oder anders geschrieben a-#h-e
klingt isoliert und ohne Kontext wie ein a-Moll Dreiklang. Man könnte fast versucht sein, a-#h-e mit Mollassoziation als Vorwegnahme des Wagnerschen d-#e-a zu hören - und damit würde man fehlgehen.
der wunderschöne Soloeinsatz erhält seine Geschlossenheit trotz der scheinbar weiten Ausflüge in von der Tonika fis-Moll weiter entfernte Akkorde durch mehrere "Maßnahmen":
- das nahezu ununterbrochene rhythmische Modell der Begleitung (Vierte-Achtel)
- das dreimalige Ansetzen derselben rhythmischen und melodischen Geste (punktiertes 8tel, 16tel, 8tel mit Sekundschritt rauf und runter)
- Korrespondenzen (z.B. die schönen Trugschlüsse A - fis und fis - D in den Takten 6 und 8 bzw. 58 und 60)
diese klangliche und gestische Zusammengehörigkeit wird dann zusätzlich durch eine sehr klare formale Struktur verstärkt: genau drei mal vier Takte, und jeder "Viertakter" ist natürlich ein Abschnitt für sich.
Takt 1-4 konstituiert die Tonika mit einer ganz normalen Halbschlußkadenz
Takt 5-8 "modulierend", je zwei schöne Trugschlüsse
Takt 9-12 dann eine Kadenz mit Neapolitaner (G-Dur), welche die Tonika wieder festigt.
Was im mittleren Abschnitt passiert, ist für "Klassik-gewohnte" Ohren nicht ungewöhnlich und auch nicht täuschend: der Klang a-#h-e ist eindeutig ein chromatischer Vorhalt zu A-Dur, und so wundert der Trugschluß von A-Dur nach fis-Moll überhaupt nicht. Das liegt aber daran, dass die Takte 5-6 ganz eindeutig eine neue Tonika anvisieren: A-Dur. In Takt 5-6 werden die "neuen" oder alternativen Funktionen deutlich gemacht: das Thema setzt neu ein, die Begleitung spielt D-Dur - E-Dur7 - A-Dur - Trugschluß fis-Moll - diese Zusammengehörigkeit liegt schlichtweg an der
längst vollzogenen Gewohnheit Kadenzen zu hören, zu erwarten und damit kleine Abweichungen halt einfach als Abweichungen (z.B. Trugschlüsse) wahrzunehmen und nicht als neue oder andere Klänge. Deshalb hört hier das "Klassik-gewohnte" Ohr S-D7-T/Tp - ein normaler Trugschluß.
Unter dieser Voraussetzung ist dann auch Takt 7 nicht mehr abweichend oder gar zu ungewöhnlich: nach dem Trugschluß in Takt 6 wird die Doppeldominante H-Dur-7 eingesetzt, scheinbar um so wieder zurück nach A-Dur kommen zu können,
aber jetzt macht die Dominante der ursprünglichen Tonart fis-Moll sich wieder bemerkbar und pocht auf ihr Recht: in der zweiten Takthälfte erinnert Cis-Dur7 daran, dass wir eben doch in fis-Moll zu Hause sind. Die Trugschlußwendung in Takt 8 mit chromatisch abwärts gleitender Melodie über Quarte, erhöhte (also große) Terz, kleine Terz ist eine von Mozart häufig angewendete Floskel (allerdings bei ihm eine sehr expressive Formel!! Chopin verwendet diese auch gern, z.B. in der Fantasie)
der Verlauf ist also:
traurige Halbschlußkadenz in fis-Moll
das Ausweichen in hellere Dur-Gefilde (A-Dur) klappt nicht so recht (d.h. die Musik bleibt traurig, umso mehr, als das Dur-Paradies eben nicht erreicht werden soll, sondern als irrealer Traum klarmacht,
wie furchtbar traurig es in fis-Moll ist)
konsequent die abschließende Kadenz mit dem Neapolitaner G-Dur, welche fis-Moll nun noch unausweichlicher und trauriger wirken lässt.
Ich kann mir vorstellen, dass Dir Takt 7 wie das Nebeneinander von zwei Septimakkorden vorkommt (H-Dur7 neben Cis-Dur7) - aber hier sind es die eindeutigen Funktionen, die eben Doppeldominante von A-Dur und Dominante von fis-Moll bedeuten (also keinesfalls ist hier das für klassische Kadenzen und Harmonik total ungewöhnliche Modell S mit kleiner Septime D mit kleiner Septime und t gemeint). H-Dur ist hier DD von A-Dur, h-Moll Subdominante von fis-Moll - ganz klassisch funktional gedacht und gemeint. --- Ich finde gerade diese Stelle, also Takt 7, ganz besonders tragisch: hier bricht der schöne A-Dur Traum zusammen, und das ganz plötzlich und gnadenlos, ausweglos. Das macht diese Musik so unendlich traurig.
ich hab das ein bissel ausführlich beschrieben, weil ja schon öfter mal das unterschiedliche Wahrnehmen von Akkorden/Harmonien aus unterschiedlichen Perspektiven ("Klassik" - "Jazz") diskutiert worden ist.
Gruß, Rolf
ist da in der linken Hand im vorletzten Takt kein Druckfehler? ich meine, es müsste dort #c-#c1 und danach #c-h heißen)