Da das eigentliche Thema ja weitgehend abgeschlossen ist, können wir gerne den Exkurs bzgl. Klangqualität machen. Obwohl das natürlich ein großes Fass ist.
Der kleine Schimmel ist ein lauter, anstrengender und wenig musikalischer Flügel. Irgendwann ging er dann im Januar für 3500€ über den Tisch. Für das Geld würde ich definitiv was anderes kaufen, Blüthner Modell 6 z.B. in gutem Zustand, oder wenn Geld da ist nen Yamaha C3 nach 1993, neue Serie.
Es kommt ganz drauf an, was du mit dem Instrument vorhast, deshalb will ich dem nicht ganz widersprechen.
Für klassische Stücke von Chopin oder Mendelssohn in brillanter Qualität sind einige Schimmel-Instrumente nur bedingt geeignet, da sie einen gewissen Nachhall haben.
Hall ist aber nicht gleich Hall, es gibt meiner Meinung nach guten und schlechten. Man kann es tatsächlich vergleichen mit Schimmel, allerdings nicht mit der Klaviermarke, sondern dem auf dem Essen. Verschimmeltes Brot ißt garantiert niemand, aber Edel-Schimmelkäse wird in den besten Gourmet-Restaurants serviert.
Beispiel für schlechten Hall sind etliche Billigpianos aus dem Fernen Osten.
Ich schaue immer mal wieder nach Instrumenten, was so auf dem Markt ist, da begegnete mir in den Annoncen u.a. ein "Truxa"-Klavier. Nie gehört.
Das war eine Exportmarke von Samick, die eigentlich Gitarren herstellen und sich mal an Klavieren versuchten.
Da kriegste Ohrenkrebs von, wenn man nur die Tonleiter einmal runter sich anhört.
Es gibt aber auch zahlreiche billige Yamaha-Klaviere, die ähnlich nervigen Hall bzw. Zitteraal-Effekt haben.
Dem gegenüber stehen Steinway, Steingraeber, usw. deren moderne Varianten so gut wie gar keinen Hall aufweisen und deren Flügel mit einem ruhigen, klaren Klang sich prima für Klassikaufnahmen und -konzerte eignen. Ältere Modelle dieser Hersteller vor 100 Jahren hingegen können einen Hall aufweisen. Bei manchen klingt es dann angenehm, bei manchen nervig.
Mit manchen handwerklichen Tricks kann man den Ton aber auch "glätten", ob man das will, ist Geschmackssache.
Viele Schimmel-Pianos haben traditionell einen gewissen Hall drin, das sind nicht nur die kleinen.
Das bekannte Udo-Jürgens-Schimmel-Modell CC213G weist teilweise einen extremen Hall auf und kann - wie du es beschreibst - auch ein bisschen anstrengend, laut wirken:
Wenn man sich mal z.B. bei Zeitpunkt 00:00:16 anhört:
dann brummt der Bass ziemlich tief und stark nach.
Für Chopin-Aufnahmen bei Philipps Classics oder so denkbar ungeeignet. Dabei kostet das Instrument weit über 200.000 € .
Bei Zeitstempel 00:00:44-00:00:49 hingegen merkt man hingegen diesen "edlen" Effekt, dieses unglaublich schöne Zusammenspiel zwischen Bass und Höhen:
Wie Farben, die ineinander verlaufen.
Schimmel-Flügel eignen sich daher sehr für "populäre" Musik, Schlager, moderne Stücke, Easy Listening, vor allem aber auch Gesangsbegleitung und -untermalung.
Wenn Instrument, das passende Stück und ein sehr guter Spieler zusammenkommen, dann kann man auch aus einem normalen modernen Schimmel-Klavier Gold rausholen:
Hier passt alles, die abgestimmten Höhen des Instruments geben die Stimmung des Stücks perfekt wieder.
Von dem Stück gibt es etliche Cover, aber kein Wunder, dass das Video über 2 Mio. Aufrufe hat.
Auch bei Zeitmarke 00:01:33 - 00:01:47 merkt man meiner Meinung nach die Stärken des Flügels:
https://www.youtube.com/watch?v=fdGyXsqXdng&t=93s
Für Pianisten, die vor allem klassische Stücke interpretieren, ist das eher nichts.
Wenn man aber darauf eingestellt ist bzw. den entsprechenden Anwendungsbereich hat, ist das Instrument hingegen Gold.
Der kleine 150T weist diese Nuancen, wie sie vor allem der große CC213 ausspielt, in gewisser Weise auch auf.
Als wir den Flügel, den ich jetzt gekauft habe, getestet haben, dachte ich schon bei den ersten Klängen: Wow!
Er hat diesen typischen "Schimmel-Effekt", den ich sehr mag.
Mir ist klar, dass es Bechsteins, Blüthners, vor allem auch Steingraebers usw. gibt, die eine größere sagen wir "Reinheit" des Klangs aufweisen.
Aber für mich ist es so wie es ist gut - der Klang ist für mich wunderbar.