Ich finde, dass die Aussage im Zeitunsartikel ("Klang wie Donnerhall") gerade auf diesen Flügel nicht zutrifft (im positiven Sinn).
Der Autor hat den Flügel sicher gar nicht gehört, denn der Artikel im Zürcher Tagesanzeiger
(
http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/klassik/Hitlers-Superfluegel/story/18546349) ist
komplett aus einem Artikel in der "Zeit" abgeschrieben
(
http://www.zeit.de/2010/28/Sommertipp-Piano-Salon-Christophori). Dort werden
auch die Spekulationen über einen politischen Hintergrund des Projekts
angestellt ("Warum aber durfte ein sächsischer Betrieb in dieser Zeit
einen Konzertflügel bauen? Und noch dazu so einen?") und nach dem
Motto "Nazism sells" die Nazi-Assoziationen aufgebaut, ohne daß sie belegt würden ("hat einen
Klang wie Donnerhall"; "Zeugnis nationalsozialistischen Größenwahns
und hat seine Existenz
vermutlich der Tatsache zu verdanken, dass der
Traum von der Hauptstadt Germania auch kurz
vor dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs noch nicht ganz ausgeträumt war.").
Immerhin verbirgt der Autor, wie u.a. das von mir hervorgehobene "vermutlich" zeigt,
den spekulativen Charakter seines Textes nicht. Der naive
Ansatzpunkt seiner Überlegungen ist einfach "1. Steinway war und ist der
Maßsstab im Klavierbau, 2. Steinway ist eine amerikanische Firma, war also
Feind". Daß ersteres vor dem Krieg so nicht stimmte, weiß er
einfach nicht, und daß auch im totalitären Nazi-Staat Firmen ihre
Produkte einfach aus schierem Interesse (und Notwendigkeit)
an einer guten Position im Wettbewerb weiterentwickelten, kann er sich offenbar nicht
vorstellen.
Der nächste Schritt der "Berichterstattung" ist die
Übernahme in den Zürcher Tagesspiegel: dort kürzt man den Artikel,
beseitigt die Marker der Spekulation und bastelt eine fetzige
Überschrift dazu: "Hitlers Flügel" - fertig ist die Sensation und macht ihre Runde im Internet.
Was also ist der Befund? Ein Zeit-Redakteur macht es sich bequem und ersetzt die notwendige Recherche durch gesinnungsstarke Spekulationen. Ein Kollege von ihm in Zürich greift die Geschichte auf, und präsentiert die Spekulationen als Tatsachen.
Nun, wenn jemand in meinem Fach einen solch fahrlässigen und denunziatorischen Text abliefern würde, wäre er auf alle Zeiten erledigt.
Friedrich