Ein paar Tage wird das Instrument nun schon bespielt, von klassischer bis romantischer Komposition. Erste kleinere Enttäuschungen stellen sich, eine differenzierte Wahrnehmung bildet sich langsam heraus.
Ich sitze auf der Couch und genieße einfach …
Erstaunlich ist das ausgeprägte Mitschwingen der Saiten im Instrument: Es genügt schon, vor dem Instrument zu husten oder sich laut zu räuspern, und man hört die Saiten im Instrument klar nachklingen. Das ist manchmal schon fast aufdringlich, das Instrument "redet immer mit"! Dasselbe gilt auch beim Spiel über das TA3-System, wenngleich es dann mehr maskiert und sicher auch etwas gewollt ist. (Und ja, die Dämpfer arbeiten, mit Pedal ist das noch ganz etwas anderes …)
Klar ist schon, dass das System "TransAcoustic 3" erstaunlich potent ist, auch wenn die Qualität dem akustischen Instrument eindeutig nicht das Wasser reichen kann.
Man fühlt sich mit TA3 schon "mitten im Instrument", der Ton kommt aus der richtigen Richtung, das Instrumentengehäuse vibriert, es kann auch richtig laut. Aber ausgerechnet die hochwertigen Samples "CFX" und "Bösendorfer" gefallen nicht immer. Es lohnt sich auch die anderen Varianten zu versuchen!
Ganz untenrum fehlt den Transducern auch einfach die Macht, die schiere Energie des akustischen Instruments, die Bässe klingen matt, die Mitten spielen sich etwas in den Vordergrund. Dafür bekommt man halt auch Klangfarben, die in der "Drahtkommode" einfach nicht drin sind, sogar Elektronisches in appetitlicher Qualität.
Und die Lautstärke. Das akustische Instrument ist schon richtig laut. Die Tochter meinte schon: "Ich habe Angst um mein Gehör!" Wenn man fürs Üben viele Stunden spielen muss, dann kann das also auch ganz ohne Nachbarn ein Argument für die Elektronik im Klavier sein.
Mit Kopfhörern, also im Silent-Modus, ist die Sache wieder etwas anders. Der "binaurale" Klang kommt recht gut, die Tochter meinte nur: "Ist einfach Bombe!". Ich hab nur einmal mit Kopfhörern lauschen dürfen, während meine Frau "gehörlos" am Instrument spielte. Ja, das klang sehr gut, für meinen Geschmack mit den mitgelieferten Kopfhörern vielleicht ein Tacken zu stumpf. Ich bin sowieso nicht so der Kopfhörer-Typ.
Geräuschlos ist ist Klaviatur übrigens im stummgeschalteten Modus gar nicht. Es klappert zwar nicht hell, aber das dumpfe "Trommeln" der Hämmer am Stopper ist beim Spiel mit Kopfhörern für Außenstehende doch recht deutlich zu hören!
Wenn dann nach einiger Zeit wieder das akustische Instrument liefern darf, beginne ich wieder innerlich zu lächeln. Man kann den Klang mögen oder nicht, es mag etwas laut sein, es hat auch nur diesen einen Klang zu bieten — aber es klingt vollständig und einfach "richtig": druckvoll, harmonisch, komplex und gleichzeitig rund.
Auch die Klaviatur verlangt im akustischen Betrieb von meinen Damen ein wenig Umgewöhnung von den elektronischen Instrumenten, das ppp will offenbar nicht so leicht verlässlich gelingen wie im Modus "Stromklavier". Geschätzt wird die Gleichmäßigkeit der Klaviatur und generell die große mögliche Dynamik, die leichte Spielweise.
Und der Staub! Das Instrument wirkt unheimlich anziehend auf Staub, es liebt den Staub! Diese großen schwarzen Flächen … das spricht doch sehr für ein weißes Instrument. Oder man muss irgendwo ein Erdungskabel anschließen.
Inzwischen kämpft die Gattin mit einem Stück von J. S. Bach, das sie vor 40 Jahren sehr gut konnte — und kann es nicht und nicht verstehen, warum das nimmer flüssig aus den Fingern kommen will …
Und ich sitze da und genieße, während ich diese Zeilen schreibe. Wunderbar.