Orgelspielen ohne Kirchenzugehörigkeit?

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walter1304

Guest
Ich war in den 80ern Organist und generell in der Kirche sehr aktiv, habe damals eine D-Prüfung bei der EKD abgelegt und hatte ein paar Jahre eine fest Organistenstelle. Das ist nun alles furchtbar lange her.
Ich habe dann viele Jahre sehr wenig bis gar nichts musikalisch gemacht, habe Anfang 2014 wieder das Klavierspielen entdeckt und spiele hin und wieder hier im Dorf in unserer Kirche auf einer ziemlich grenzwertigen digitalen Orgel - nur zum Spaß- für mich, weil ich den Küster gut kenne und er der Meinung ist, dass ich das gut kann (hier entscheidet noch der Küster wer an die Orgel darf und wer nicht) :-D

Ich bin mittlerweile seit 14 Jahren aus Überzeugung kein Mitglied einer Kirche mehr - also ausgetreten. Dazu stehe ich auch. Gestern saßen wir beim Tag der offenen Kirchen in Koblenz bei einem Orgelkonzert eines sehr guten Organisten, und ich erzählte meiner Lebensgefährtin, dass ich ihn vor 2 Jahren mal gefragt hatte, ob er mir Orgelunterricht erteilen könne. Weil ich eine ehrliche Haut bin, habe ich ihn aber gleich über meine Konfessionslosigkeit informiert, woraufhin er mit eine klare Absage erteilte.
Meine Frage, wie und wo man denn als Nicht-Kirchenmitglied überhaupt Orgelunterricht nehmen könne, konnte er mir nicht beantworten. Im Grunde genommen fand ich seine Einstellung ok. Ich bin nicht Mitglied in diesem Verein, warum sollte er mir seine Zeit und sein Instrument zur Verfügung stellen.

Meine Freundin sah das allerdings etwas anders. Hat man als Angestellter bei der Kirche (Kantor, Organist, was auch immer) nicht auch eine Art "Missionsverpflichtung"? Wenn da schon jemand kommt, der einen gewissen Bezug zur Kirche hat - und sei es nur durch das Instrument oder seine Vorgeschichte - hätte man den nicht sofort vereinnahmen müssen, nach dem Motto, das könnte wieder ein aktives Mitglied der Kirche werden, da bleib ich jetzt dran..?
Er hat das weniger als Chance verstanden, sondern mir aufgrund der fehlenden Mitgliedschaft die rote Karte gezeigt und den Kontakt abgebrochen. Da kamen dann doch so einige Fragen auf... Wie seht Ihr das als aktive Organisten? Würdet Ihr einen "Ausgetretenen" unterrichten?
Dürfte jemand der nicht Kirchenmitglied ist, an Eurer Orgel spielen? Gibt es einen nachvollziehbare Gründe, warum man das nicht zulässt?

Freue mich auf Eure Einschätzungen.
 
Gibt es einen nachvollziehbare Gründe, warum man das nicht zulässt?

Nunja, so ist es in diesem bigotten Verein: Steuergeld von Nicht-Mitgliedern kassieren ist ok, sonntags mit lautem Gebimmel Nicht-Mitgliedern auf die Nerven zu gehen ist ok, Nicht-Mitgliedern Verhaltensregeln aufzuerlegen ("Tanzverbot" etc.) ist ok. Aber Nicht-Mitglieder auf der Orgel spielen zu lassen? Das ist dann doch zu viel verlangt.
 
Die Kirchenmusik ist die Verehrung und der Lobpreis Gottes. Wenn ein Nichtgläubiger sich darin betätigt ist das nichts anderes als Heuchelei.
Mir ging es um "Ogelspielen". Die technischen und musikalischen Fertigkeiten dazu zu erlernen bzw. auszubauen. Nicht mehr und nicht weniger. Von Kirchenmusik war nicht die Rede, schon gar nicht von der Lobpreisung Gottes. Das muss man schon etwas differenzierter sehen lieber @Digedag.
 
@walter1304

Da sind zwei Ehrliche aufeinander getroffen. Viele Kirchenmusiker haben in ihrem Deputat die Verpflichtung zum Orgelunterricht, in erster Linie sind das die Bezirkskantoren. Daraus ergibt sich, dass die Schüler im betreffenden Bezirk ansässig sind, und das bist du als Nichtmitglied nicht.
Es wird zum Beispiel in kirchlichen Kantoreien nicht gefragt, ob die Sänger der Kirche angehören, im Gegenteil freut man sich über jeden, der mitmacht, solange er singen kann. Aber dass man bei einer so kostenintensiven Sache wie dem Orgel-Einzelunterricht fragt, wer kommt da in den Genuss, finde ich schon nachzuvollziehen. Wer kostenlosen Orgelunterricht erhält, meist über einige Jahre, von dem wird erwartet, dass er sich zu Orgelvertretungen im Gottesdienst zur Verfügung stellt; das passt ja dann bei jemand, der sich von der Kirche verabschiedet hat, ganz schlecht. Zu welchen Gelegenheiten würdest du denn Orgel spielen wollen?
 

@walter1304

mitmacht, solange er singen kann. Aber dass man bei einer so kostenintensiven Sache wie dem Orgel-Einzelunterricht fragt, wer kommt da in den Genuss, finde ich schon nachzuvollziehen. Wer kostenlosen Orgelunterricht erhält,

Von "kostenlos" war aber nie die Rede. Das wäre in der Tat nicht ok. Natürlich hätte ich - genau wie beim Klavierunterricht auch - meinen Beitrag geleistet -das ist doch klar.
 
Abgesehen davon, dass die Kirchensteuersätze sehr gering sind, wird die Kirchensteuert meist nur als Vorwand genutzt, die wahre Gründe sind meist vielfältiger.
Ach so. Kann sein, dass eine generelle Entfremdung da ist, und das Geld kommt dann noch dazu. Ich finde überhaupt, dass die Erwartungshaltung, die viele Leute der Institution gegenüber haben, enorm gestiegen ist, so ähnlich wie bei der Schule auch. Grade kirchenferne Menschen kommen oft schon zur Tür herein mit der Frage, was kann man hier für mich tun, ihr seid schließlich die Kirche und müsst barmherzig sein:-D
 
Von "kostenlos" war aber nie die Rede. Das wäre in der Tat nicht ok. Natürlich hätte ich - genau wie beim Klavierunterricht auch - meinen Beitrag geleistet -das ist doch klar.
Vielleicht hat der Organist, den du angefragt hast, das aber so aufgefasst. Weil es nämlich die Regel ist, dass er es in seinem Dienstauftrag drin hat, also direkt gar nichts dafür bekommt. Und für die "normalen" Schüler kostet der Unterricht extrem wenig, weil das von der Kirche stark subventioniert wird. Vielleicht liegt hier ein Missverständnis, und du redest noch mal mit ihm?
 
Wer aus der Kirche ausgetreten ist, zahlt keine Kirchensteuer.
Das ist ein beliebter Grund für den Austritt.
:-D
Er wollte sicherlich darauf hinaus, dass die Pfarrer eben nicht von der Kirchensteuer, sondern von der normalen Steuer bezahlt werden. Aus der Verpflichtung kommt man ja bekanntlich nicht so einfach heraus. Aber der Thread läuft irgendwie in die falsche Richtung. Ich wollte hier keinen Glaubensauseinandersetzung anzetteln, sondern hätte nur gerne auf die Fragen in meinem ersten Post ein paar Einschätzungen von Organisten und Verantwortlichen, die es ja auch hier im Forum gibt.
 
Wer aus der Kirche ausgetreten ist, zahlt keine Kirchensteuer.
Das ist ein beliebter Grund für den Austritt.
:-D

Das ist richtig, aber die christlichen Kirchen erhalten auch direkt oder indirekt hohe steuerliche Zuwendungen aus dem allgemeinen Haushalt, bezahlt von allen Steuerzahlern. Bischofsgehälter, Religions"unterricht", Steuerbefreiungen, Theologenausbildung, ...
 
Er wollte sicherlich darauf hinaus, dass die Pfarrer eben nicht von der Kirchensteuer, sondern von der normalen Steuer bezahlt werden. Aus der Verpflichtung kommt man ja bekanntlich nicht so einfach heraus. Aber der Thread läuft irgendwie in die falsche Richtung. Ich wollte hier keinen Glaubensauseinandersetzung anzetteln, sondern hätte nur gerne auf die Fragen in meinem ersten Post ein paar Einschätzungen von Organisten und Verantwortlichen, die es ja auch hier im Forum gibt.

Die Bischöfe werden doch vom Staat bezahlt und nicht die Pfarrer
 
@walter1304

das passt ja dann bei jemand, der sich von der Kirche verabschiedet hat, ganz schlecht. Zu welchen Gelegenheiten würdest du denn Orgel spielen wollen?
Ich würde Orgel spielen wollen, weil mir das Spaß macht. Ich habe keine Ambitionen, das mit irgendwelchen konkreten Anlässen zu verbinden. Wenn Du damit Vertretungen meinst. Selbst das würde ich aus "Liebe zum Instrument" nicht ausschließen wollen. Hier würde sich dann aber in der Tat ein nachvollziehbarer Konflikt für die Kirche ergeben. Wie gesagt, es geht mir darum, das Instrument zu spielen. An der o.a. Digi-Orgel in unserem Dorf sitze ich machmal stundenlang und übe die alten Bach-Sachen - ohne mich zu fragen, wofür ich das eigentlich übe.
 

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