@Peter, was sie im Video macht, ist für mich schlichtweg nicht möglich, da ich ihre Fähigkeiten nicht einmal ansatzweise habe. Da helfen weder Notentext noch Kopfhörer, denn was die Hände nicht hergeben, kann man eben nicht einfach mal so in drei Stunden abschrubben. Sie ist eben eine Spielerin, die alles kann, es gibt für sie keine Grenzen. Sie macht den ersten Durchgang in drei Stunden in einer ungeheuerlichen Geschwindigkeit und musikalischen Qualität - die muss ab Tag 2 eigentlich nur noch am Stück "feilen". Wie gesagt, für mich ohnehin nicht machbar.
@elli: Natürlich kenne ich vom hören - noch aus der Zeit, in der ich nicht aktiv spielte, sondern nur CDs hörte - viele Klavierstücke, sowie einige Symphonien und Opern!! Oft höre ich ein Stück nur ein einziges Mal (z. B. im Konzert) und weiß dann schon, dass ich es auch irgendwann werde spielen wollen.
Ansonsten wähle ich häufig "katalogartig": ich weiß, dass mir Musikstücke eines bestimmten Komponisten gefallen haben. Dann schaue ich nach dem Werkeverzeichnis (z. B. bei Wikipedia) und suche etwas heraus, das eine bestimmte Spieldauer hat. Und dann entdecke ich es ganz neu, wenn ich es noch nie gehört habe, wie jetzt gerade R. Schumanns Fantasie Op. 17, die ich vorher noch nie gehört hatte. Ich habe den Anspruch, an jedem Werk etwas Schönes zu finden.
Manchmal wähle ich Stücke auch nach technischen Notwendigkeiten. Das kann ich aus dem Notenbild ersehen, ob es zur Lösung eines bestimmten technischen Problems helfen wird.
Die dritte Variante ist, dass ich meinen Lehrer bitte, mir etwas zu geben, worauf er Lust hat und gleichzeitig meint, dass es mir nicht liegen wird. Ich sehe das durchaus als Herausforderung, auch solche Stücke bestmöglich zu gestalten und es stärkt unsere Verbindung.
Außerdem flattern bei mir zur Zeit von verschiedenen Seiten Geigenstücke rein, die ich in kurzer Zeit lernen und proben muss. Ob die mir gefallen oder nicht - die Frage stelle ich mir eben nicht. Jemand bittet darum und ich erfülle es (wenn ich kann).
Manchmal finde ich auch etwas mir Unbekanntes bei meinem Notenhändler. Ich wollte zum Beispiel mal etwas von Reger spielen und beim Notenhändler lagen so Variationen über ein Thema von Bach rum. Die habe ich dann meinem Lehrer gezeigt mit der Frage, ob er sie kenne. Er machte große Augen, klopfte mir auf die Schulter und sagte, dass sie meinen Notenschrank noch lange Zeit hüten werden. Man kann sich eben auch einmal vertun, wenn man nach Zufallsprinzip kauft.
Du siehst, ich bin eigentlich nicht besonders wählerisch, denn ich finde das Besondere in den meisten Stücken. Da ich Zeit habe bis ich sterbe, werde ich bis dahin so viel lernen und spielen, wie ich kann. So einfach ist das.