Ach ich mach das jetzt einfach mal und schreibe was von Brahms her. :D
Brahms spricht über das Geheimnis seines Schaffens
Eines Abends saßen Johannes Brahms, Joseph Joachim und ich im Arbeitszimmer des Wiener Heims des berühmten Komponisten und sprachen über die Inspirationsquelle großer schöpferischer Geister. Es war im Spätherbst 1896, und die Begegnung war von dem berühmten Violinisten Joseph Joachim als eine besondere Gunstbezeugung für mich vereinbart worden, da er so großes Interesse an meinem Plan zeigte, ein Buch über Genius und Inspiration zu schreiben.
Verzaubert saß ich da und hörte zu, denn das Thema hatte mich schon immer fasziniert, und der Rahmen war so ideal, da die Unterhaltung im gleichen Zimmer vor sich ging, das die Geburt vieler unsterblicher Werke von Brahms erlebt hatte. Ohne Joachims tätige Mitarbeit wäre es mir nie gelungen, Brahms zu überreden, das Geheimnis preiszugeben, wie er beim Komponieren zu Werke ging, bewegt von den Seelenkräften in ihm und vom Geist des Allmächtigen selbst erleuchtet.
Bei wiederholten, aber fruchtlosen Bemühungen, ihn darüber auszufragen, hatte ich herausgefunden, dass ihm dies ein heiliges Thema war, worüber er nur mit größtem Widerstreben sprechen wollte. Tatsächlich sagte Brahms gleich zu Beginn der Unterhaltung an jenem Abend, zu Joachim gewandt:
"Joseph, ich erinnere mich gut, dass du und Klara Schumann mich oft das gleiche fragten, womit Mr. Abell mich schon seit vielen Jahren belästigt, und dass ich mich immer weigerte, euch meine inneren Erlebnisse beim Komponieren zu enthüllen. Ich war immer äusserst abgeneigt über dieses Thema zu sprechen, aber seit Klaras Tod im vergangenen Mai beginne ich, die Dinge in einem neuen Licht zu sehen. Ausserdem spüre ich, dass das Ende meines irdischen Lebens rasch näher kommt. Schliesslich mag es für die Nachwelt interessant sein, etwas darüber zu erfahren, wie der Geist spricht, wenn mich der schöpferische Drang überkommt. Ich werde euch deshalb jetzt meine gedanklichen, psychischen und geistigen Vorgänge während des Komponierens bekanntgeben. Beethoven erklärte, seine Ideen kämen von Gott, und ich kann das gleiche behaupten."
Wie Brahms mit Gott in Verbindung trat
"Dr. Brahms", fragte ich, "wie treten Sie mit der Allmacht in Verbindung? Die meisten Menschen finden ihn sehr fern."
"Das ist die große Frage", antwortete Brahms. "Es geschieht nicht durch die Willenskraft über das bewusste Denken, das ein Entwicklungsprodukt des physischen Bereiches ist und mit dem Körper stirbt. Es kann nur durch die inneren Seelenkräfte geschehen - durch das wirkliche Ich, das den Tod körperlich überlebt. Diese Kräfte ruhen für das bewusste Denken, wenn sie nicht vom Geist erleuchtet werden. Jesus lehrt uns, dass Gott Geist ist, und er sagte: 'Ich und der Vater sind eins' (Joh. 10,30).
Wie Beethoven zu erkennen, dass wir eins sind mit dem Schöpfer, ist ein wunderbares, ehrfurchtgebietendes Erlebnis. Sehr wenige Menschen gelangen zu dieser Erkenntnis, weshalb es so wenige große Komponisten oder schöpferische Geister auf allen Gebieten menschlichen Bemühens gibt. Über dies alles denke ich immer nach, bevor ich zu komponieren anfange. Dies ist der erste Schritt. Wenn ich den Drang in mir spüre, wende ich mich zunächst direkt an meinen Schöpfer und stelle ihm die drei in unserem Leben auf dieser Welt wichtigsten Fragen - woher, warum, wohin?
Ich spüre unmittelbar danach Schwingungen, die mich ganz durchdringen. Sie sind der Geist, der die inneren Seelenkräfte erleuchtet, und in diesem Zustand der Verzückung sehe ich klar, was bei meiner üblichen Gemütslage dunkel ist; dann fühle ich mich fähig, mich wie Beethoven von oben inspirieren zu lassen. Vor allem wird mir in solchen Augenblicken die ungeheure Bedeutung der höchsten Offenbarung Jesu bewusst: 'Ich und der Vater sind eins.' Diese Schwingungen nehmen die Form bestimmter geistiger Bilder an, nachdem ich meinen Wunsch und Entschluss bezüglich dessen, was ich möchte, formuliert habe, nämlich inspiriert zu werden, um etwas zu komponieren, was die Menschheit aufrichtet und fördert - etwas von dauerhaftem Wert.
Sofort strömen die Ideen auf mich ein, direkt von Gott; ich sehe nicht nur bestimmte Themen vor meinem geistigen Auge, sondern auch die richtige Form, in die sie gekleidet sind, die Harmonien und die Orchestrierung. Takt für Takt wird mir das fertige Werk offenbart, wenn ich mich in dieser seltenen, inspirierten Gefühlslage befinde, wie es auch bei Tartini der Fall war, als er sein größtes Werk komponierte - Die Teufelstriller-Sonate. Ich muss mich im Zustand der Halbtrance befinden, um solche Ergebnisse zu erzielen - ein Zustand, in welchem das bewusste Denken vorübergehend herrenlos ist, und das Unterbewusstsein herrscht, denn durch dieses, als einem Teil der Allmacht, geschieht die Inspiration. Ich muss jedoch darauf achten, dass ich das Bewusstsein nicht verliere, sonst entschwinden die Ideen."