Liebe Marlene,
Ich hatte es ironisch gemeint, weil Dreiklang ja immer beteuert, dass bei ihm nur die allerbesten Einspielungen, jene, die ihn völlig überzeugen, den Weg in seine Datenträgersammlung finden.
dem ist auch so, nach wie vor. Die musikalische Urteilskraft meines ganzen Lebens steckt in dieser Auswahl - und mir ist es herzlich egal, von welchem Künstler (Komponisten, Pianisten, Orchester, oder Dirigenten) etwas ist, das ich für mich als "fehlerlos", als wirklich schön, bzw. "perfekt gelungen" klassifiziere. Es gibt auch Dinge von Lang Lang, die nicht in diese Sammlung kommen, und wo er anderen Pianisten den Vortritt lassen muß - das ist mir dann auch recht
Nur, manche Dinge erinnern mich schon an Horowitz: Lang Lang faßt ein Stück ernsthaft an - und von dem Zeitpunkt an ist es ziemlich egal, welcher Pianist sich vorher mit diesem Stück oder Konzert befaßte, oder welcher sich noch damit befassen wird: die Sache ist geklärt bzw. abgehakt...
Und zweitens ist da noch Lang Lang's hochfeine Spieltechnik am Instrument, über die kein anderer zeitgenössischer Pianist verfügt (und auch die wenigsten Verblichenen) - und das macht es erheblich schwerer, ihn zu "schlagen" - obwohl, möglich ist es dennoch. Und, man braucht auch kein gottgleiches Technikarsenal, um Einspielungen zu erzeugen, die alles fortpusten (ich kann auch genau erklären, warum, und wie, auch wenn ein Pianist grundsätzlich weniger Technik zur Verfügung hat).
Die dritte Chopin-Sonate hatte ich mir von einer ganzen Latte von Pianisten zu Gemüte geführt:
Zitat von 3K:
Zu Chopins Sonate Op. 58:
Da waren neben Lang Lang auch Gould, Perahia, Cortot, Rubinstein, Gilels, Kissin, Arrau, Kempff, Lugansky, Ax, Perlemuter, Askenase, Michelangeli, Ashkenazy, Pollack, und Bozhanov im Rennen.
Unter diesen stechen wiederum drei Einspielungen hervor: Lang Lang, Perlemuter und Bozhanov. (...)
Im Regelfall kann ich mir diese Mühe sparen, bzw. große Überraschungen passieren mir nur selten: ich habe inzwischen eine gute persönliche Einschätzung gewonnen, was Weltklassepianisten üblicherweise auf die Beine zu stellen in der Lage sind bzw. waren, und was eben nicht.
Klingt reichlich vermessen, oder...?
Denk' Dir das Peter-Lustig-Zitat ("Klingt komisch - ist aber so.")
Um so mehr genieße ich diese Überraschungen - wenn sie denn stattfinden. Sokolov's Petrouchka, insbesondere auch Teil zwei und drei, waren z.B. eine solche. Daß jemand in der Lage ist, diese durchaus sperrigen Kompositionen in
so einer Art und Weise musikalisch aufzuschließen, ist für mich höchst beeindruckend - damit war sogar
ich zufrieden.
Daß Konzertpianisten in Live-Konzerten offenbar die reinsten Wunder vollbringen, während unzählige Aufzeichnungen ihres Könnens ebendiese göttlichen Wunder
nicht offenbaren, daran habe ich mich inzwischen gewöhnt...
(Und an das nicht selten proklamierte Gegenteil auch.)
Vielleicht spielen Leute wie Schiff oder Sokolov ja mit vollster Absicht auf allen Aufnahmen etwas schlechter, bzw. mit absichtlich vergröberter Spieltechnik, um den 3K zu foppen, der nicht so gern in Konzerte geht - und dann lesen sie nach Feierabend diesen Faden und beeumeln sich königlich über dieses Endloskarussell hier...
lohnen vom Unterhaltungswert her würde sich das allemal...
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Das einzige, was gegen Musikstreite hilft, ist:
Humor...
(und das wichtigste: die "Bonmot-Sammlung" will schließlich gefüllt sein - wir hatten uns da doch ein mehrbändiges Werk vorgenommen...
)