Ich soll es interpretieren, nicht auf den Tasten, sondern verbal. Was hat er gemeint, warum hat er es so komponiert, dur moll dur moll dur? Was sagt der Anfang? Und warum sagt er das? Was macht die Träne? usw.
Ich tappe im Dunkeln. Anfang und Ende klingt für mich sehr kirchlich.
Vielleicht hat ja noch einer von Euch eine Idee.
Liebe Fenena,
vielleicht hat dir dein KL diese Aufgabe gestellt, weil es dir schwer fällt, musikalische Entwicklungen, Klänge und Gefühle in Worte zu fassen. Vielleicht möchte er, dass du auf diesem Wege zu einer differenzierteren Wahrnehmung und daher auch Wiedergabe dieses Stücks kommst. Kann das sein?
Wenn es so ist, wäre es ja sehr verfehlt, dir
meine persönliche Auffassung des Stücks wiederzugeben. :p Es kommt darauf an, was es
dir sagt, was
du wahrnimmst.
Gibt es da außer Anfang und Schluss, der tatsächlich choralartig geschrieben ist, nichts?
Wenn man ganz auf dem Schlauch steht, kann man versuchen, zu beschreiben, wie das Stück komponiert ist und entsprechende Stellen herausgreifen. Man schaut also, was alles in den Noten steht.
Schau dir doch mal die Begleitung des g-moll- und G-Dur-Teils an und stelle sie spielend gegenüber. Gibt es Unterschiede? Da stellst du doch dann fest, dass im moll-Teil ein Seufzermotiv in Achteln verarbeitet ist (Bogen) mit anschließendem Akkord (Viertelnote). Im Dur-Teil hingegen bewegt sich die Begleitung sanft in wiegenden Achteln. Wie wirkt das, wenn du mal beide Begleitungen gegenüberstellst? Schließ die Augen, wenn möglich, und hör dir einfach zu.
Dann steht über dem moll-Teil "legato e cantabile", "pp" und "senza sordino" - im Dur Teil "pp" und "
con sordino", also mit 2. Pedal. Wie unterschiedlich klingt das? Was ist expressiver, was verhaltener)? Welchen Klang will Mussorgsky mit dem Gebrauch des 2. Pedals hören?
Beiden Teilen gemeinsam ist ein Quasi-Ostinato auf dem Ton "G" im Bass. Im Dur-Teil ist es im Gegensatz zum moll-Teil sogar durchgehend! Es bleibt! Was bedeutet das für die klangliche Entwicklung? Du kannst es erleben, indem du nur die Melodie und die Basstöne (also die "G"s bzw. im moll-Teil später die anderen Basstöne) spielst. So machst du dir bestimmte Aspekte des Notentextes klanglich erlebbar. Man muss nicht immer alle Stimmen spielen!
Im moll-Teil sind andere dynamische Zeichen (cresc., decresc.) als im Dur-Teil (lange gar nichts und erst am Schluss poco cresc. und ppp). Was bedeutet das für die einzelnen Phrasen? Wo passiert mehr?
Der Notentext sagt dir also eine ganze Menge, du musst nur genau hinschauen und ich habe nur einen Bruchteil hier angesprochen! Und nach dem Schauen klanglich erfahren und erleben, was das bedeutet, dir also die entsprechenden Stellen herausgreifen und gegenüberstellen.
Dann wird dir vielleicht klarer, was es bedeutet, dass nach einem moll-Teil ein Dur-Teil kommt, wie sie sich unterscheiden und was das für die musikalische Aussage bedeutet.
Letztendlich steht alles da. :p Man muss es sehen, evtl. beschreiben und klanglich wahrnehmen.
Eine schöne Entdeckungsreise! :)
chiarina