Mazeppa nach 3 Jahren - Wo stehe ich?

Zu dem konkreten Stück kann ich gar nichts sagen, außer, dass ich es unglaublich finde, wie man sowas überhaupt spielen kann, egal nach wie vielen Jahren. Als Ausführende bin ich von solcher Virtuosität unendlich weit entfernt.
Ich kann aber mein Empfinden als Zuhörende äußern. Mich irritiert es, wenn es in der Musik nur um schneller, höher, weiter geht. Ich sehe immer wieder brilliante Techniker (egal welches Instrument), die üben bis zum Umfallen und schier unfassbare Leistungen erbringen, deren Spiel aber irgendwie leer, uninspiriert, unmusikalisch ist. Ich habe vor vielen Jahren mal eine Dire-Straits-Coverband gesehen. Sie haben absolut perfekt gespielt, jedes Knopfler-Solo detailgetreu dargeboten. Aber das Ganze war sowas von emotions- und leblos, dass ich in der Pause gegangen bin, obwohl (oder vielleicht weil) ich großer Dire-Straits-Fan war.
Der entscheidende Punkt ist für mich, dass Technik/Virtuosität nicht zum Selbstzweck werden darf. Technik sollte nur der Werkzeugkasten sein. Je besser die Technik, desto mehr Werkzeuge hat man zur Verfügung. Von daher ist Technik durchaus wichtig und sinnvoll, aber nicht um ihrer selbst willen. Im Vordergrund sollten die Musikalität stehen, der Ausdruck, die Geschichte, die erzählt werden soll.

Mal ein Beispiel aus einem Genre, mit dem ich mich besser auskenne als mit Klassik. Die vier hier finde ich z.B. sehr virtuos (technisch so perfekt, dass es total locker und einfach aussieht), aber zugleich unglaublich musikalisch (ich liebe das Klarinetten-Solo am Schluss). Davon bekomme ich Gänsehaut:
 
@rolf Dieses Nocturne habe ich mir gestern Abend auch ausgesucht auf der Suche nach einem geeigneten Stück. In die Variationen und den Scherzosatz werde ich auch reinhören. Danke!

Mit Improvisation werde ich mich ggf. auch beschäftigen, vor allem will ich mir viel genauer zuhören.

Nachtrag:

Übermorgen ist die erste Stunde bei dem Pianisten. Da er Mazeppa etc. auch auf internationalen Wettbewerben erfolgreich ausgeführt hat, ist er hoffentlich der richtige Ansprechpartner für mich.

@Araponga Das Video ist in der Tat beeindruckend, besonders die Leichtigkeit, mit der gespielt wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
@rolf Banjo gefällt mir tatsächlich recht gut, danke! Dieses Stück wird offenbar neu aufgearbeitet in Hamelins Toccata Grotesca:

Ich denke, es ist häufig schwer, zu beurteilen, ob ein Komponist eine bestimmte Passage virtuos gestaltet hat, einfach, damit sie schwierig ist und eindrucksvoll aussieht, oder, ob er tatsächlich genau den Klang haben wollte, den er mit der Virtuosität erzeugt. Sicherlich kann man aber für sich selbst entscheiden, warum einem selbst eine gewisse Stelle von dieser Art denn gut gefällt (wenn sie es denn tut): Weil sie sich genau so anhört, wie sie es tut, oder weil man es einfach toll findet, einem Pianisten dabei zuzusehen, wie er diese Herausforderungen bewältigt? (Das zweite ist sozusagen der Selbstzweck.)

Für mich persönlich sind an Mazeppa diese beiden Punkte erfüllt, und genau diese Stücke sind es, die ich langfristig spielen möchte. Allein schon, weil man sich dann notwendigerweise sehr viel mit der Bewältigung der technischen Schwierigkeiten beschäftigen muss, wird man weniger Zeit haben, sich mit harmonischen und melodischen Genialitäten einer großen Anzahl an Stücken zu beschäftigen - da die einzelnen Stücke dann sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, muss man sich auf eine geringere Zahl beschränken. Ich werde damit zufrieden sein, wenn ich irgendwann einmal Mazeppa auf eine Weise spielen kann, dass es viel weniger daran auszusetzen gibt, auch wenn dass dann noch hunderte Stunden in Anspruch nimmt und ich insgesamt nicht so viele verschiedene Stücke gespielt habe wie andere.

Warum ich Virtuosität so toll finde, dass ich bereit bin, diesen Handel einzugehen, kann ich nicht rational begründen. Jedenfalls reißt mich ein Video, wo ein Profi ein absurd schweres Stück spielt, häufig direkt mit, dafür habe ich das bei einer Nocturne viel seltener. Bei anderen ist das eben umgekehrt.

Das kommt mit dem Alter... 😂
Als "Kind" schüttet man auch noch in Cola, Fanta, langweilt sich in den halsbrecherischsten Achterbahnmaneuvern, ertrinkt in Reizüberflutung und fährt auf System Ovetload ab, ist dauernd auf Trip und ständig underwhelmed und unterfordert.

Irgendwann freut man sich übers aufwachen, ein gut gemachtes schlichtes (Guten Morgen) Getränk und extrahiert aus den simplizistischten Momenten, (nach Schnee riechender Luft) eben jene "Befriedigung", mit der man sich zuvor (in jungen Jahren) hat einprügeln lassen, auf das man ja nur auch was empfand von alledem Sinn.
 

Zurück
Top Bottom