Haben sie die Grobform erfasst, wird die Bewegung immer genauer und meist erst mit Fokus auf nur ein oder zwei Aspekten ausgearbeitet.
Diesen Gedanken finde ich ganz klasse, vielleicht schreibe ich da nochmal extra irgendwann etwas dazu (auch und vor allem im Sinne der Fehlerbehebung bzw. des Findens der "Wurzel des Übel", aus der ein Fehler entsteht - In Kürze: Wenn eine Stelle nicht klappt, lässt man immer mehr weg, bis man den Kern des Problems isoliert hat. Das sind dann meist aber nur noch so wenige Töne, dass man sie leicht üben kann.).
Was du hier schreibst mit dem "Fokus auf einem Aspekt", kann man auch beim Klavierspielen anwenden:
Angenommen, ich kann die Hände meines Laufs einzeln, aber nicht zusammen, spiele ich eben zusammen, lasse sie los, und achte nur auf die rechte. Mein Ziel ist, die rechte gut zu spielen, die linke spielt praktisch nur irgendwas, die kanns ja nicht mit rechts zusammen.
Klappt die rechte, wenn die linke spielt, bis zur automatisierung, kann ich mit der linken widmen - während die rechte ihren Part schon (besser) kann.
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Die inter und intramuskuläre Koordination wird mit der Zeit immer feiner und ich kann den Focus auf andere Bewegungsmuster richten.
Bausteine werden immer dichter, erst muss ich an tausend Sachen gleichzeitig denken, später reichen ein zwei Konzentrationspunkte aus.
...Beim Eislaufen gibt es z.B. Schritte über die ganze Bahn. Wenn man mir sagt, laufe mal Kilian, reicht mir das aus. Der Anfänger muss aber an ganz viele einzelne Schritte denken.
Exakt das meine ich auch, bzw. das ist das Ziel - das erreicht man durch Phrasenspiel, bzw. wenn man dies tut, spielt man phrasiert. Ich denke dann an die Phrase, nicht an die einzelnen Töne ihres Inhaltes.
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Viele sagen, man muß entspannt spielen. Entspannt, relaxed - das bessere Wort ist loslassen, weil es das beschreibt, um in diesen Zustand zu kommen.[/
Entspannung ist eben noch etwas anderes, nämlich weniger, als loslassen. Ich kann auch entspannt sein und trotzdem nicht wirklich loslassen... Beim loslassen gibt man einen Teil des "Sicherheitsverhaltens" im Leben auf, was man normalerweise nie tut. Es klingt vielleicht überzogen - aber ich glaube, selbst wenn es "nur" ums Klavierspielen geht, ist das so.
Das Problem ist, dass die meisten Menschen sich nicht trauen, loszulassen, falls sie jemals auf diese Idee kommen.
In diesem Zustand ist man nämlich sehr verletzlich; wie man es sowieso beim Üben, Spielen und Improvisieren ist. Und je freier, desto offener, desto verletzlicher. Und wer zeigt sich schon freiwillig vor anderen so, nicht wahr.
Was du über Alkohol & Co schreibst, ist sicher wahr, Mindenblues.
Der Zustand, in dem man sich unter diesem Einfluss befindet, kommt dem des Loslassens recht nahe; man erreicht ihn auch durch starke Ausgelassenheit und fortgeschrittene Stunde auf z.B. einem Fest, gänzlich ohne Zusatzmittelchen.
Allerdings ist man eben nicht mehr so konzentrationsfähig, aufmerksam usw., außerdem ist "gekaufte" Lockerheit nie so gut wie echte. Man muss das Gefühl mitüben und kennen, es bringt nicht wirklich große Sicherheit, sich das zur Aufführung anzutrinken.
Das ist wie Abschreiben in der Schule...
Weiterhin, manchmal glaube ich, dass man oft dem Irrtum verfällt, man wäre ja entspannt am ganzen Körper, während man spielt. Um das wohltuende Gefühl des Loslassens zu haben, muß man erstmal spüren, wenn man irgendwo verkrampft ist.
Da sagst du was! Man kann das aber ganz einfach bewusst kontrollieren - z.B. jetzt im Moment, hier vor dem Computer lesend. Spürt mal zu euren Schultern, lasst die Arme am Stuhl herabhängen - verändern sich die Schultern? ;) Vermutlich.
Auch beim spielen: Immer mal wieder "hinfühlen", ob man wirklich entspannt ist. Und achtung - bequem heißt nicht entspannt, man gewöhnt sich schnell an eine leichte Grundspannung!
Muß noch hinzufügen, dass es mir so vorkommt, dass du, Stilblüte, schon ganz schön grade in die richtige Richtung spazierst, geradezu schon außer Sichtweite, so wie ich deine musikalische Entwicklung hier mitverfolgen durfte.
Nun, mir kommt es eher so vor, dass ich wirklich viele Umwege mache, aber die Wegstrecke der Zielgeraden trotzdem immer wieder betrete. Ich habe den Eindruck, dass 80% der Klavierspieler sich über solche Themen gar keine Gedanken machen, zumindest vielleicht nicht in dieser Ausführlichkeit. Das Klavierspielen ist wirklich ein ganz großes, unergründliches Geheimnis, und die meisten kratzen nur an der Oberfläche.
Vielleicht gelingt es mir, langsam ansätzlich zu begreifen, worum es überhaupt geht.
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es sind imho nicht nur die Finger, die in einer absoluten Entspannung über die Tasten fliegen sollen. ...nicht die Finger in einer entspannte Haltung gebracht werden, sondern der ganze Organismus. Dein Körper und Geist sollen gemeinsam entspannt sein ...
Ich finde...man solle sich beim Klavierspielen weit mehr von seinen Fingern lösen. Klavier spielt man mit seinem gesamten Körper und Geist - nicht mit seinen Fingern.
Liebe TiNte, du beschreibst hier recht gut exakt das, was ich meine. Schade, dass man das offenbar in meinem Blog nicht ganz ohne Missverständnisse herauslesen kann. Selbstverständlich sind nicht nur die Finger locker; mit Phrasenspiel meine ich doch auch den größeren Bogen, damit die größere Bewegung und die Gesamtheit und alles Mögliche...
Das ist wirklich ziemlich schwierig zu beschreiben, ich werde das nochmal überarbeiten beizeiten...
Wenn ich schnelle Läufe übe (natürlich vollkommen entspannt ;) ) habe ich das Problem, dass ich nicht mehr entspannt bin bei langsamen Tempo. Kombinier doch mal die schnellen Läufe mit "subito" langsamen Läufen oder ... Beim Umstellen von schnellen Läufen zu vermeintlich einfachen Akkord-Folgen ...
Ich habe die Fortsetzung nach dem Lauf angehängt :D