Linkes Pedal beim Klavier

Um nochmal auf das Ausgangsthema des Threads zurückzukommen: beim aufrechten akustischen Klavier, wie nutzt man da üblicherweise das linke Pedal? Eher selten, oder?
Ich kann nur sagen, wie ich das linke Pedal nutze ... ich benutze das, um diese Krawallkästen auf eine erträgliche Lautstärke zu bringen.
Beim Flügel ist das halt vergeblich, denn der wird dadurch nicht sonderlich leiser.
Mein eigenes ist mir so dermaßen zu laut, dass ich es fast nur mit linkem Pedal spielen kann ... alles andere ist mir einfach zu viel Krach.
Da ich Jahrelang nur diesen "Krawallkasten" zur Verfügung hatte, habe ich im Grunde den linken Fuss einfach auf dem linken Pedal abgestellt .. ich hätte auch nen Backstein drauf ablegen können.

Ich habe im Grunde erst durch mein Digi erlebt, dass das linke Pedal am Pianino nicht nur leiser ist, sondern auch die Spielweise verändert.
Erst seit ich das Digi habe, nutze ich das linke Pedal tatsächlich zur Klangmodellage ... zum Beispiel um laute Passagen sanfter klingen zu lassen. oder einfach um mit Motorik noch mehr Abstufungen zur Verfügung zu haben.
Innerhalb einzelner Stücke agiere ich aber "noch" nach dem Motto "ganz oder garnicht" im Bezug auf das l. Pedal. Hätte ich einen Flügel parat, wäre das wohl auch anders (denn da verändert das Pedal den Klang substanziell).

Die Erfahrung der "Schnabelluft" kann ich hingegen nicht bestätigen.
Bei getretenem linkem Pedal ist es eben nicht so, das die Taste anfangs die Mechanik nicht bewegt. Beim Tritt aufs das linke Pedal sackt die gesamte Klaviatur nach. Die Hämmer bewegen sich, sobald die Tasten sich bewegen. Diese liegen nur etwas tiefer im Tastenbett (das habe ich zumindest an meinem beobachtet).
Aber so wie der Weg des Hämmerchens zur Saite dabei verkürzt ist, verkürzt sich eben auch der Weg zwischen "Kontakt zur Taste" (Signal am Finger) und "Ton" (Signal am Ohr).

Ich habe auch das Gefühl (beim spielen), dass das linke Pedal nicht nur die Spielmechanik verändert, sondern auch die Spielhaptik bzw. sogar die gefühlte Gewichtung der Tasten ... kann das überhaupt sein, oder bilde ich mir das nur ein?
Ohne linkes Pedal ist mein Pianino für mich nicht nur akustisch anstrengender. Ich brauche dann tatsächlich mehr Kraft.
Ich finde es faszinierend, dass beim "Concert Grand" Sound meines Digi tatsächlich etwas ähnliches passiert ... eigentlich soll das ja ein Flügel sein ... aber bei u.c. verändert sich die Haptik ja nicht, weil die gesamte Spielmechanik einfach verschoben, und lediglich der Kontaktpunkt zur Saite verändert wird.
Mein Kawai CN290 fühlt sich bei getretenem linken Pedal eher wie ein Pianino an, als wie ein Flügel ... also zusätzlich zu der eher Pianino-ähnlichen Tastatur ... (beim Flügel ist ja doch alles länger).

Noch ein Tipp. Meist kann man beide Pedale bei Pianinos recht easy einstellen (einfach mal die Untere vordere Abdeckung entfernen, und man sieht eigentlich sofort, an welchem Ding man dafür drehen muss).
Ich habe mein linkes Pedal so eingestellt, dass es die Lautstärke des alten Kastens glatt halbiert (weil ich es aber auch ECHT zu laut finde.
Kann man sowas eigentlich leiser bekommen? Hinter der Gußplatte meines Pianinos kommen vor der Rückwand noch gut 20cm Luft ... wird das Ding schon leiser, wenn ich da einfach was rein hänge? Ich frage, weil ich wohl bald wieder mit ihm zusammenwohnen werde.
Ich freue mich, denn dafür hatte ich jetzt knapp 25 Jahre lang keinen Platz :-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Beim Tritt aufs das linke Pedal sackt die gesamte Klaviatur nach
Das wird von den Herstellern unterschiedlich gehandhabt.
Je nachdem wie die Tastenhebel- und Gewichtsverhältnisse sind, muß unterschiedlich ausgebleit werden.
Somit können die Tasten einerseits ohne Mucks liegenbleiben, andererseits den Hebegliedern folgen und 'absacken'.
 
Danke @agraffentoni .
Das erklärt, warum dieses Verhalten nicht bei allen Klavieren auftritt.

Bei meinem kann ich das augeprägt beobachten, bei anderen (oft günstige May-Schullklaviere ... öffentliche Schule ... nicht Musikschule ... im gesamten Bau standen gut 20 Klaviere und 4 Flügel) gab es das aber auch nur bei ungefähr einem Drittel oder maximal der Hälfte der Pianinos.

Ich habe mir schon gedacht, dass das wohl bauartspezifisch sein muss.
Wenn ich meins so einstelle, dass die Tasten sich kaum bis garnicht bewegen, dann passiert auch ungefähr garnix.
 
Interessant ist, dass bei Konzerten - sowohl bei Kammermusik als auch bei Soloevents - es Pianisten gibt (vor allem jüngere), die das linke Pedal in gleicher Frequenz nutzen wie das rechte. Das sieht dann aus wie die Beintätigkeit eines Organisten. Andere Pianisten verwenden es sparsamer. Die Spreizung der Klangwirkung erfolgt dann als Interpretationsmerkmal, nicht als ''con sordino''. Ich mag den Klang meines Klavieres mit Sordinopedal nicht. Daher verwende ich es weniger. Wenn es der Komponist vorschreibt, probiere ich es wenigstens aus. Manche Klaviere klingen ohnehin wie Flügelsound mit Sordinopedal.
 
@DerOlf was für ein Klavier hast du? Ein kleines Euterpe oder Essex oder Young Chang? Oder was altes?

Ich weiß nicht, woran es liegt, aber es gibt tatsächlich Klaviere, bei denen man einen Unterschied mit oder ohne linkem Pedal hört. Aber wie gesagt: bei weit über 95 % aller Klaviere ist es nicht so. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass sich das in einem Doppelblindversuch unter Laborbedingungen auch bestätigen würde. Fast alle Klaviere haben Schnabelluft bei getretenem linken Pedal. Dadurch ändert sich die Spielart dramatisch, von daher kann auch eine andere Klangwahrnehmung resultieren, die real aber gar nicht vorhanden ist. Auch bei Verkürzung der Steighöhe (ohne mehr Schnabelluft) ändert sich die Spielart, aber je nach Instrument bei weitem nicht so dramatisch. Es sei denn, man stellt das linke Pedal so ein, dass die Steighöhe radikal verringert wird. Geht ja auch.
 
@DerOlf was für ein Klavier hast du? Ein kleines Euterpe oder Essex oder Young Chang? Oder was altes?
Was altes.
Mittig auf dem Tastaturdeckel (innen) ist "Wilhelm Hohrath jun. Frankfurt.a.M" eingraviert ... allerdings mit feinen Linien (nur die "outlines" der Buchstaben) und ohne "Hohrath" - Logo wie bei diesem hier:
Kerzenständer und die Verziehrung in der Mittelkasette hat's auch keine aber ansonsten ist die Optik recht ähnlich ... sogar die Schriftart von "Hohrath" ist die Selbe.

Ansonsten befindet sich rechts noch eine Plakette vom Pianohaus Micke in Minden (Westf.) ... der letzte Klavierstimmer sagte, das sei eine "Restaurationsplakette" ... dieses Schild ist von 1936 ... wenn ich mich da richtig erinnere.
Wenn ich mal wieder da bin, kann ich ja mal nach einer Seriennummer suchen ... wo findet man sowas üblicherweise?
 
Seriennummer: tüpischerweise mittig auf der Gussplatte, da, wo das schmuckvolle Logo prankt.
 
Wenn ich mal wieder da bin, kann ich ja mal nach einer Seriennummer suchen ... wo findet man sowas üblicherweise?
Oft innen in der Seitenwand. Manchmal auch darin eingestanzt und zeigt quasi zur Zimmerdecke (nach oben). Oder irgendwo auf dem Resonanzboden oder manchmal auch auf mehrere Hammerköpfe verteilt gestempelt. Aber das Baujahr schätze ich auf 1910 bis 1915.
 

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