Lieber FrankList,
das hat mit deinem Alter nichts zu tun, sondern ist schlichtweg völlig normal! Nach mehrmaliger Wiederholung ist eine Stelle gerade mal im Kurzzeitgedächtnis gelandet. Da ist es auch schnell wieder weg. Damit Informationen wirklich gespeichert werden, müssen sie über Tage oder Wochen (fast) täglich wiederholt werden.
Wie Alter Tastendrücker schon andeutete, könnte dir aber eine Umstellung deiner Übeweise helfen. Dazu müsste man aber sehr viel genauer wissen, wie du übst. Die Qualität des Übens ist oft wichtiger als die Quantität des Übens.
Dazu zählen (kleine Auswahl):
1) Abschnittsweise üben (musikalisch sinnvolle Abschnitte oder einen winzigen Ausschnitt eines technischen Problems wählen, dabei immer den Übergang zum nächsten Abschnitt miteinbeziehen) und diese Abschnitte wiederholen.
2) Diese Abschnitte 20 Mal hintereinander auf die gleiche Weise zu spielen, ist nicht sinnvoll, denn die Aufmerksamkeit geht verloren, Fehler können sich unbemerkt einschleichen und dem Kurzzeitgedächtnis hilft das nicht weiter.
Besser ist es, solche Stellen ein paar Mal zu wiederholen, dann etwas anderes zu spielen, und dann die Stelle noch einmal zu wiederholen. Das bringt sehr viel.
3) Kleine Abschnitte in einen größeren Kontext stellen, d.h. von weiter vorne anfangen. Ich nenne es "rückwärts üben", wobei man natürlich nicht tatsächlich rückwärts spielt, sondern stückchenweise immer weiter von vorn anfängt bzw. auch die nachfolgenden Töne mit einbezieht.
4) Variieren. Immer auf die gleiche Art zu üben, ermüdet. Töne weglassen (guck mal
in diesen Faden), mit Tempo, Lautstärke, Artikulation, Phrasierung experimentieren etc. macht dir bewusst, was klingt und verhindert, ausschließlich das motorische, umgangssprachlich "Fingergedächtnis" zu üben.
5) Nur am Anfang ein Stück durchspielen, danach dir die Stellen vornehmen. Anschließend auf keinen Fall mehr durchspielen, denn da schleichen sich oft Fehler ein und das schöne Üben vorher ist umsonst. Denn das Letzte, was wir am Stück gemacht haben, wird gespeichert. Wenn das fehlerbehaftet ist, speichert dein Hirn die Fehler. Über Nacht, während wir friedlich schlummern, leistet unser Hirn nämlich Höchstarbeit und Gedächtnisinhalte und Informationen vom Tag werden konsolidiert, Synapsen verknüpft, Inhalte gespeichert. Also immer mit dem Richtigen aufhören.
6) Viele Spätanfänger/Wiedereinsteiger zweifeln an sich, weil sie denken, dass sie zu alt sind und Probleme beim Weiterkommen daran liegen. In den allermeisten Fällen stimmt das nicht! Oft liegt es an einer suboptimalen Übeweise, oft im munteren Gleichklang mit Ungeduld.
Viel Freude und Erfolg beim Ausprobieren!
chiarina