"Leben" eigene Klavierkomposition

Ich nehme immer gerne ernstgemeinte Kritik und Feedback an. Und wenn es passt versuche ich auch Ideen und Anregungen in neuen Kompositionen umzusetzen. Und natürlich freue ich mich wenn meine Musik anderen gefällt.
Ich denke, du hast als allgemeines Feedback, dass deine Musik gut anzuhören ist, d.h. du quälst deine Hörer nicht massiv mit Dissonanzen. Das könnte man laienhaft als "melodisch" bezeichen.
Gleichzeitig stellst du fest, dass die Hörer in diesem Forum mehr wollen als nur anhörbare Musik. Ja, so sind sie halt hier.
Falls du Interesse hast, wie man das angehen könnte, dann empfehle ich dir, dich mit der Sonatensatzform zu beschäftigen. Dort findest du so etwas wie eine "Struktur" im Sinne von Intro, Exposition, Durchführung, Reprise und Coda. Interessant ist dabei die Wirkung von Kontrasten bzw. Dialogen, der Einsatz verschiedener Tempi, Tonarten und Akzente. Aufeinander abgestimmte Vielfalt und Struktur könnte helfen, dass dein "Stück" eine Struktur, eine Aussage erhält. Wichtig ist die Wiederholung. Das Hauptthema taucht z.B. mindestens in Exposition und Reprise auf.
Ich rate dir, dir das mal an klassischen Beispielen analytisch anzusehen und diese Denkweise auf dein Stück zu übertragen. Was ist dein Hauptthema? Gibt es ein Seitenthema? Was wird wo in welcher Art wiederholt? Welche Tonarten werden in welchem Teil eingesetzt? etc.

Link zum schnellen Einlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Sonatensatzform

Das könnte beitragen, dass deine Stücke die musikalische Erwartungshaltung stärker befriedigen, und vor allem, dass du dich noch mehr als Architekt deiner Musik einbringen kannst. So im Sinne von einer zufälligen Sandburg hin zum Traumhaus mit den gewünschten Facetten. Einen Versuch ist es wert.
 
Zu den Akkorden am Anfang: Analysiere diese doch mal auf die erwartete Abfolge.

Thema: Welche Akkordsequenzen sind vom fremden Ohr erwartet, welche nicht?
Ich zeige dir hier eine Auflistung aus Michael Miller, "Music Composition", Chapter 3, S. 27
(hier Stufentheorie), damit Du nicht lange suchen musst:

I -> alles erwartet
ii -> IV, V, vii°
iii -> ii, IV, vi
IV -> I, iii, V, vii°
V -> I
vi -> ii, IV, V, I
vii° -> I, iii

Diese Übergänge seien gefällig ("pleasant-sounding"), wohl für das durchschnittliche westliche Dur-Moll-tonale Ohr.
 
Hallo Ehenkes,

vielen Dank für deinen Beitrag. Mit dieser konstruktiven Kritik kann ich
wirklich was anfangen und arbeiten. Das werde ich mir gleich anschauen
und versuchen für zukünftige Stücke mit einfließen zulassen.

Genau solche Beiträge und Vorschläge habe ich mir insgeheim von
diesem Forum erhofft. Vielen Dank an dich.

Liebe Grüße
Mike
 
Ich empfinde es als mutig, zu Beginn des Stücks dem Hörer ca. 28 Sekunden nur acht Akkorde anzubieten und erst anschließend in einen "melodischen" Teil überzugehen.

Wagner bietet zu Beginn seines Rheingolds dem Hörer über 4 Minuten lang genau einen Akkord an. Trotzdem ist das Rheingold-Vorspiel weitaus interessanter und spannender als die ganze hier vorgestellte Komposition.

Die Komplexität der Harmonik ist ein Parameter unter sehr vielen - diesen isoliert zu betrachten, führt zu gar nichts.
 
@mike_volz: Für deinen "Weltraum" https://songcheck.de/song/250/ - technisch gut gemacht (mein vote hast du) - gilt das oben gesagte ebenfalls. Ein Kommentator schreibt es klar: "leider keine Variation in Harmonie oder wenigstens ein zweites Motiv" - siehe oben: Sonatensatzform :-)

Hast du schon Jingles geschrieben? Das Thema "Hook" ist wichtig, gerade zu Anfang und Ende.
Hör dir mal "That's all" von Genesis an. Das ist Ohrwurm pur. :drink:


View: https://www.youtube.com/watch?v=BYmiLFX_U_E

Schau mal, wie das Publikum im Stadium zu Beginn des Songs (1:13 min) abgeht:


View: https://www.youtube.com/watch?v=gLGh-vfkIBI


Da ist dieser geniale Hook, und während des Songs kann man mitschwingen ohne zu denken, einfach nur genießen, und es kommt immer wieder. :party:
 
Zuletzt bearbeitet:

Die Musik ist auch nicht dazu da, satisfying zu sein. Jedenfalls nicht in der Form, die der Schreiber vermutilch meint.
 
Das erste Stück der Ricercata isoliert zu hören oder zu beurteilen macht nicht den geringsten Sinn. So ist das nämlich nicht gedacht.

(Nichtsdestotrotz finde ich es eine interessante Sache, auch für Schüler, die Nummer VII herzunehmen, die linke Hand viel langsamer und "groovy" (das heißt perkussiv und sehr wohl mit Betonungen) zu spielen und über diesen 7/8-Vamp mit f mixolydisch zu improvisieren. Das Stück nimmt bestimmte "Sprachelemente" dessen vorweg, was insbesondere ab den 70er Jahren in bestimmten Jazz-Ecken üblich wurde.)
 
Die Berceuse von Chopin macht isoliert ziemlich viel Sinn, und die harmonische Vielfalt ist ungefähr vergleichbar mit TEY. Trotzdem ist das geniale Musik, während an TEY höchstens genial ist, dass es nett klingt und man viel Kohle damit scheffeln kann.
 
Trotzdem ist das geniale Musik, während an TEY höchstens genial ist, dass es nett klingt und man viel Kohle damit scheffeln kann.
Das ändert nichts daran, dass Tiersen eine Legende ist, auch wenn das hier im Forum bestritten wird. Aber ihr könnt euch auch nicht immer bei Kritik auf Chopin und Beethoven berufen. Das waren Genies, genau wie Mozart und Bach. Wenn ich ein Buch schreibe muss ich mich auch nicht mit Goethe vergleichen lassen.
Tiersen hat sicher etwas geschaffen, das Generationen überdauern wird. Wer schafft das hier?
Praktisch jeder angehender Klavierschüler kennt Amelie. Ist das Stück nicht schon ein Klassiker?
 
Ich finde nicht, dass sich das Zitat und dein Beitrag widersprechen. Du?
 

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