Klavierunterricht begonnen und irgendwie verloren

  • Ersteller des Themas FisherFrz
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@Piwi Ich unterrichte Fachmethodik an einer Musikhochschule und kann dir sagen: Dein Weg ist eigenwillig und ungewöhnlich und führt nicht zu dem Ziel, was normalerweise im Klavierunterricht angestrebt wird - nämlich sich musikalisch zu bilden und dabei Klavierspielen zu lernen. Was du übst, ist "Tastendrücken". Wenn es dir Spaß macht, kein Problem. Man muss nicht immer den kürzesten Weg nehmen (meine ich wirklich ernst! :-) ). Allerdings kann man deine Herangehensweise nicht als allgemeingültig oder gar als Empfehlung verstehen.
 
Letzteres sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein … Tip von mir: auch wenn man in Rage schreibt, ist es sinnvoll, das Geschriebene nochmals in aller Ruhe durchzulesen und zu überlegen, mit welchen unausgegorenen Formulierungen man sich unnötig angreifbar macht.
Ich vermute, dass @Piwi meint, dass es im musikpädagogischen Bereich nicht nur ums Musizieren geht, sondern zusätzlich noch um Musikvermittlung, was ja im Vergleich erweiterte Kompetenzen erfordert.
 
Nervt kolossal, Piwi, dass Du hier meinst, erfahrenen Instrumentalpädagogen irgendwas erzählen zu können!

Für gutes Lernen muss man vor allem "Anfänger-Geist" (Shunryu Suziki) haben (und zwar auch als Fortgeschrittener!), und den hast Du zurzeit mal so gar nicht, sorry.
 
Die Parallele besteht nicht zwischen dem Maschinenschreiben und dem Musizieren, sondern zwischen dem, was im Gehirn passiert aufgrund der Anforderungen.
Rein mechanisch stimmt das. Aber es ist beim Musik viel komplexer, da ich noch die akustischen Reize wahrnehme, die unser Gehirn entsprechend verarbeiten muss.
Dementsprechend ist hier ein Vergleich nicht zielführend.

Bildlich gesprochen: Sowohl das Essen einer Banane als auch das Essen eines Apfels stellt die Tätigkeit Essen dar. Allerdings lösen die beiden Dinge zwei unterschiedliche Emotionen aus:
Bei Bananen wird mir fast übel ( ich mag sie nicht), hingegen könnte ich von Äpfel nicht genug bekommen….

P.S.: Ja, ja, der Vergleich hinkt, ich weiß…
 
Frage NICHT zu dem Thema ob man stupide Übungen runterklopfeb soll und

- Ohne zu bestreiten dass man ein Instrument durch Musik machen lernt!!!

- mir Betonung dass man das Ohr mit dem was man tut verknüpfen muss

Eine rein wissenschaftlich motivierte neugierige Frage an die Profis wie @hasenbein oder @Stilblüte.

Wenn es Studien gibt, dass die veränderten Spielgewohnheiten bei Kindern, (platt ausgedrückt: statt Bauklötzen und Turnen nur noch Tablet und TV) dazu führen dass sich die motorischen, koordinativen etc. Fähigkeiten sich merklich verschlechtern (so dass es sogar schon in der chirurgischen Ausbildung thematisiert wurde). Reicht dann in Zukunft das lernen am Klavier aus? Oder werden künftig komplexe Tätigkeiten wie das Instrumentalspiel durch begleitende oder vorangehende Förderung von motorischen Fähigkeiten ergänzt werden müssen? Wie gesagt das Thema ist nicht neu, betrifft nicht nur die Feinmotorischen Fähigkeiten sondern auch Koordination und Gleichgewicht im Sport.

Nachdem die Veränderung dieser Spielgewohnheiten erst in den letzten Jahrzehnten wirklich extrem verlaufen ist, wird sich die Pädagogik noch auf Kinder beziehen die nicht in einer „Bewegungsanreizverarmten“ Umgebung aufgewachsen sind.

Welche Auswirkungen werden für das Instrumentalspiel in Zukunft erwartet? Wenn kleine Kinder früh in die musikalische Förderung kommen soll dieser Effekt ja verhindert/ abgeschwächt werden (laut Spitzer/ Kölsch) aber was bedeutete das in Zukunft für erwachsene Spätanfänger? Werden ihre Chancen frustfrei ein Instrument zu lernen nicht schlechter?

Wie gesagt KEINE Frage zu dem Thema ob man stupide Übungen machen soll. Nur eine Frage interessehalber!
 
Nur am Rande noch: Ich hatte das Thema letzten mit einem Sportwissenschaftler und da wird das zumindest äußerst bedenklich eingestuft was die Nachwuchsförderung für die Zukunft anbegeht und ich bilde mir ein in Bezug aufs Klavier Ähnliches schon mal gelesen zu haben.
 
Oder werden künftig komplexe Tätigkeiten wie das Instrumentalspiel durch begleitende oder vorangehende Förderung von motorischen Fähigkeiten ergänzt werden müssen?
Mir sind mal die handschriftlichen Notizen in den Noten eines etwa 20-jährigen Schlagzeugers aufgefallen. Sein Instrument beherrschte er, soweit ich es beurteilen kann, ziemlich gut, aber sein Schriftbild sah etwa so aus wie meines mit 8 Jahren.
 
Mir sind mal die handschriftlichen Notizen in den Noten eines etwa 20-jährigen Schlagzeugers aufgefallen. Sein Instrument beherrschte er, soweit ich es beurteilen kann, ziemlich gut, aber sein Schriftbild sah etwa so aus wie meines mit 8 Jahren.
du hast meine Handschrift noch nicht gesehen…..

Nein ohne Witz, das ist nix was ich mir ausdenke sondern es wird dazu nicht wenig geforscht. Ich meine die Frage ernst. Und der Schlagzeuger wird kein Spätanfänger gewesen sein. Siehe oben soll das den Effekt mildern.

Es geht sogar so weit dass manche sagen dass man verstärkt in Musikalische Förderung investieren muss UM den Nachteil der veränderten Spielgewohnheiten abzupuffern.
 
du hast meine Handschrift noch nicht gesehen…..
Wie Beethoven? :005:
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Ich schreibe auch wie der Hahn am Mist, aber bei dem erwähnten Schlagzeuger war offensichtlich, dass er keine Routine im Schreiben mit der Hand entwickeln konnte.
 

Ich glaube zu verstehen, was @Piwi meint, denn mir ging es ähnlich. Selbst bei vermeintlich einfachen musikalischen Figuren konnte ich meine musikalische Idee nicht so umsetzen wie ich es gern getan hätte, weil mein Bewegungsapparat sich schnell verkrampfte, vor allem die Muskulatur des Unterarmes machte so dicht, dass ich Hände und Finger nicht kontrolliert bewegen konnte.

Ich habe mich während des Lockdowns, befreit vom Stress, im nächsten Klavierunterricht eine Verbesserung meiner aktuellen Stücke präsentieren zu müssen, hingesetzt und anfänglich rein mechanisch das Entspannen der Muskulatur direkt nach dem Anschlag der einzelnen Töne geübt und mir anschließend die Stellen in meinen Stücken vorgenommen, die mir diesbezüglich Probleme bereiteten. Da das Umlernen einer neuen Bewegung zumindest anfangs die volle Konzentration darauf verlangt, wenn man damit schnell erfolgreich sein möchte, habe ich mich erst dann wieder zusätzlich auf die musikalische Gestaltung konzentriert, als ich sie auch motorisch bewältigen konnte ohne fest zu werden.

Ich habe zwar mittlerweile nur sehr wenig Zeit zum Üben, trotzdem spiele ich seitdem viel lockerer, was der musikalische Gestaltung zugutekommt.

Was @Carnina angesprochen hat, kann ich leider ebenfalls bestätigen, im Schnitt sind schon jetzt die Leistungen in den motorischen Fähigkeiten nicht nur von Kindern und Jugendlichen sondern auch von jungen Erwachsenen im Vergleich zu früheren Generationen deutlich schwächer ausgeprägt. Ein Kind, das sich mit 7 Jahren keine Schnürsenkel zubinden kann, wird auch am Klavier Probleme mit der Koordination haben. Und was Hänschen nicht lernt... Studien dazu kenne ich allerdings keine, spreche lediglich aus Erfahrung.
 
Wenn es Studien gibt, dass die veränderten Spielgewohnheiten bei Kindern, (platt ausgedrückt: statt Bauklötzen und Turnen nur noch Tablet und TV) dazu führen dass sich die motorischen, koordinativen etc. Fähigkeiten sich merklich verschlechtern
Keine Studien ohne Gegenstudien. :-)
Ich frage mich, ob für das Instrumentalspiel eher grobmotorische (Sport...) oder feinmotorische Fähigkeiten (Bauklötzer, aber eben auch Computerspiele) wichtig sind und ob es dabei überhaupt einen nennenswerten Bezug zu der Entwicklung von audiomotorischen Fähigkeiten gibt (für mich die einzig wichtigen für das Instrumentalspiel).
 
Das ist keine Gegenstudie, dass Gaming Reflexe und Koordination trainieren ist bekannt. Tictoc und Insta aber nicht.

Jede komplexe Bewegungsabfolge braucht rhythmische Koordination. Dazu gibt es Studien zu Fragilität und sturzneigung bei Senioren. Die wurden in 2 Gruppen eingeteilt und dann die einen haben nur geturnt wenn ich mich recht erinnere und die anderen mit Musik zusammen. Die Gruppe mit Musik war besser. Auch Läufer koordinieren sich mit Musik besser und schaffen bessere Leistung, das Gangbild ändert sich sogar mit dem was sie hören.

Aber darum ging’s mir nicht. Es gibt ja viele Diskussionen um die Auswirkung Tablet und co. Der negative Flynn-Effekt ist auch einer davon. Aber da muss man abgrenzen zwischen einem Verlust von Fähigkeiten zu Gunsten neu erworbener Kompetenzen. Deswegen würde ich das Schnürsenkelbeispiel nicht mit einschließen, weil etwas gelerntes/geübtes nicht stellvertretend für eine Fähigkeit steht. Natürlich ist das schwierig auseinander zu halten, vieles braucht man auch einfach nicht mehr in der veränderten umwelt. Aber die Frage bleibt, welche Auswirkungen hat das auf Instrumente , weil die werden künftig die selben Ansprüche an geistige und körperliche Fähigkeiten stellen ungeachtet ob sich die kognitiven und manuellen Leistungen verschieben (um das verlieren mal außen vor zu lassen).

Auch das Gedächtnis gehört dazu.
 
Wenn es Studien gibt, dass die veränderten Spielgewohnheiten bei Kindern, (platt ausgedrückt: statt Bauklötzen und Turnen nur noch Tablet und TV) dazu führen dass sich die motorischen, koordinativen etc. Fähigkeiten sich merklich verschlechtern (so dass es sogar schon in der chirurgischen Ausbildung thematisiert wurde). Reicht dann in Zukunft das lernen am Klavier aus? Oder werden künftig komplexe Tätigkeiten wie das Instrumentalspiel durch begleitende oder vorangehende Förderung von motorischen Fähigkeiten ergänzt werden müssen?
Ich wüsste nicht, wie man das vorhersagen kann. Aber was ich sagen kann ist: Die motorischen und kognitiven Fähigkeiten (sowie das Hören, die Kreativität, der Ausdruckswille und die Intelligenz) sind bei Anfängern (und Fortgeschrittenen) aller Altersgruppen sowieso dermaßen verschieden, dass man höchstens über Durchschnittswerte sprechen könnte. Bei einzelnen Individuen werden die Unterschiede jetzt wie auch später immer sehr groß sein.
Was ebenfalls gilt: Die alltäglichen Handlungen und Bewegungen reichen aus, um eine Grundvoraussetzung zum Klavierspielen zu schaffen. Wer Zähneputzen und Schreiben kann, kann auch Klavierspielen lernen. Die instrumentenspezifischen Besonderheiten muss jeder neu lernen. Was möglicherweise schlechter wird und sich auf die "Durchschnittswerte" auswirkt, ist das Körpergefühl. So meine Vermutung.
 
Und ich habe mich schon gewundert, warum ich dein wunderbares Klavierspiel nicht bei TikTok finde. Jetzt ist alles klar.:005:
 

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