Es ist ein weit verbreiteter und leider teils sehr schädlicher Irrglaube, der sich manchmal bis in Hochschulkreise zieht, dass man ein Instrument unterrichten könnte, nur weil man ganz gut spielen kann.
Es ist noch schlimmer: es kursiert vielfach die Annahme, für die Vermittlung von ein wenig Anfängerwissen kaum eigenes professionelles Können zu benötigen. So simpel, kann doch jeder? Genau das Gegenteil ist der Fall: es werden die Grundlagen für jeglichen künstlerischen Fortschritt in diesem elementaren Stadium der Ausbildung gelegt - alles, was zu diesem Zeitpunkt falsch läuft, kann zunächst nur unter größten Schwierigkeiten und später fast nicht mehr korrigiert werden. Denn es müssen nicht nur exklusiv vorliegende unzweckmäßige Grundmuster beseitigt, sondern durch zweckmäßigere ersetzt werden unter Vermeidung, immer wieder in die schlechten Gewohnheiten zurück zu fallen. Unzweckmäßige Muster lassen oftmals die fehlende Tauglichkeit erst in einem weit fortgeschrittenen Anwendungsstadium erkennen, wenn sich beispielsweise Schmerzen einstellen. Nicht nur mechanisch ablaufende Handlungen führen zur Beherrschung eines Instruments, sondern auch die Schulung von Gehör und Urteilsvermögen. Da bemerkt man fast zwangsläufig viel zu spät, dass grundlegende Dinge falsch laufen.
Grundsätzlich müsste der bestmögliche Unterricht am Anfang der musikalischen Ausbildung stattfinden und nicht etwa erst bei fortgeschrittenen Spielfertigkeiten. Ich spreche aus eigener Erfahrung: meinen ersten "geregelten" Klavierunterricht erhielt ich zwar nicht bei einem Hobbymusikanten, aber bei einem aus materieller Not widerwillig Unterricht erteilenden Kapellmeister, der auf einer völlig veralteten Grundlage höchst unzweckmäßig lehrte und überhaupt "keinen Draht" zu Kindern und Jugendlichen hatte. Es dauerte Jahre, bis ich die reichlich verkorkste Basis meines Spiels unter fachkundiger Anleitung namhafter Hochschullehrer einigermaßen aufgearbeitet hatte. Aus diesem Grunde habe ich es bis zum heutigen Tage konsequent abgelehnt, überhaupt Klavierunterricht zu erteilen - aufgrund meiner eigenen Biographie sah ich es als dringend angeraten, eine solche heikle Aufgabe besser an fachkundige Kolleginnen und Kollegen abzudelegieren, die das wirklich können und vor allem von der Methodik und Didaktik eines zielführenden Anfängerunterrichts umfassende Ahnung haben. Auf anderen Gebieten bin ich Spezialist, vielleicht sogar einer der besten - aber auf diesem Terrain müssen berufenere Personen ran.
Ich war mit 16 oder 17 in einer ähnlichen Situation, habe damals der Tochter einer Freundin des Hauses in unregelmäßigen Abständen "Klavierunterricht" für ein paar Euro gegeben. Mehr sagen als "das ist der falsche Ton" konnte ich damals allerdings nicht. Es war ein nettes Beisammensein mit etwas Musizieren, ich hab mich über die paar Euro gefreut. Aber der Unterricht war weder fundiert, noch umfassend, noch nachhaltig. Er ging auch nicht lang, nur einige Male, und ich hab vermutlich nichts kaputt gemacht.
Zu dieser professionellen und ehrlichen Einschätzung wäre allerdings anzumerken, dass Du heute eine ausgewiesene Spezialistin auf diesem Terrain unterwegs bist. Vermutlich war seinerzeit die Basis Deiner heutigen Tätigkeit durchaus schon vorhanden, mit 16 oder 17 Jahren fängt man ja nicht bei Null an. Bereits bei der Eignungsprüfung zur Aufnahme eines Musikstudiums wird ein weit fortgeschrittener Ausbildungsstand erwartet, da man nicht binnen weniger Jahre vom Stande Null zum marktfähigen Berufsmusiker gelangen wird, der von jetzt auf gleich unter gnadenlosem Konkurrenzdruck permanent Spitzenleistungen bringen muss. Allerdings werden im Regelfall die zu Dumpingpreisen unterrichtenden Hobbymusikanten niemals die Qualitäten einer im Nachhinein angehenden Hochschullehrerin und Konzertsolistin mit internationaler Ausbildungserfahrung erreichen - und die können eine ganze Menge kaputt machen.
Fazit für die Erstellerin des Fadens: bitte wirklich fachgerecht agierende Spezialist(inn)en für diese Aufgabe konsultieren, deren Dienstleistungen keineswegs unerschwinglich sein werden.
LG von Rheinkultur