Klavierlehrer = Konzertpianist

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Maryllis

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Auf der Homepage einer örtlichen Musikschule wird Werbung dafür gemacht, dass ein Konzertpianist Unterricht erteilt. Gehört zum Studium des Konzertpianisten auch eine pädagogische Ausbildung? Fachlich wird er ja ein Volltreffer sein.

Neugierige Grüße
Maryllis
 
Nein, üblicherweise nicht. Man kann Instrumentalpädagogik extra studieren, oder aber auch im künstlerischen Studium Wahlfächer belegen.
 
Naja, das soll halt heißen "dieser Lehrer kann SOGAR TATSÄCHLICH SPIELEN".

Über seine Befähigung als Lehrer sagt das erstmal nichts - es ist durchaus nicht ungewöhnlich, wenn der Typ den Musikschuljob nur notgedrungen angenommen hat und weder Ahnung von Unterrichten (geschweige denn auf Einsteigerniveau...) hat noch Bock dazu.

Daher ist hier sicherheitshalber eher Vorsicht anzuraten.
 
Also ich hatte mal bei einem aktiven Konzertpianist ein Jahr Unterricht. 25% fielen wegen mir aus, 25% weil er ständig irgend wo Konzerte gab. Er hat´s nach dem Jahr dann auch sein gelassen mit dem Unterrichten (ich auch :-D).
Also ein wirklich aktiver Konzertpianist ist allein aus zeitlichen Gründen denkbar schlecht für regelmäßigen Unterricht.
 
Über seine Befähigung als Lehrer sagt das erstmal nichts
Selbst über die fachliche Befähigung als Konzertpianist sagt das nichts Verbindliches aus. Warum nicht? Weil sowohl "Klavierlehrer" als auch "Konzertpianist" keine gesetzlich geschützten Berufsbezeichnungen sind. Geschützt sind lediglich die akademischen Grade und Titel, die nach Expertenmeinung zur Zeit ihrer Vergabe die professionelle Leistungsfähigkeit bescheinigen. Der tatsächliche aktuelle Leistungsstand kann ein ganz anderer sein. Aussagekräftiger wäre es dann, im Falle des "Konzertpianisten" die derzeitige Konzert- und Auftrittstätigkeit zu recherchieren. Selbst wenn diese gut dokumentiert ist, muss der Kollege keineswegs automatisch ein brillanter und engagierter Musikvermittler sein. Fazit: nicht lange mit wohlklingenden Titeln aufhalten und alle Aspekte seines Könnens und Verhaltens betrachten. Sollte er vor dreißig Jahren ein Konzertexamen (geschützte Bezeichnung) abgelegt, aber danach sein Auftritts- und Übepensum drastisch reduziert haben, sind Anspruch und Wirklichkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr deckungsgleich.

LG von Rheinkultur
 
Die Person wird, falls es eine seriöse Musikschule ist, das Konzertexamen abgelegt haben.

Gehört zum Studium des Konzertpianisten auch eine pädagogische Ausbildung?

Nicht zwingend. Schau doch auf seiner HP nach (Google ist Dein Freund). Bei der Auswahl der Lehrkraft empfiehlt es sich ohnehin, den musikalischen Background zu checken. Aus der HP lässt sich auch gut der musikalische Schwerpunkt ableiten.
 
Also ein wirklich aktiver Konzertpianist ist allein aus zeitlichen Gründen denkbar schlecht für regelmäßigen Unterricht.

Die Musikschule garantiert allerdings regelmäßigen Unterricht, der nachgeholt wird, wenn er entfällt, weil der Lehrer nicht kann. So richtig aktiv wird er daher nicht sein. Das scheint mir Google auch zu bestätigen.

Die Art der Fragestellung von @agraffentoni ist selbsterklärend, finde ich :021:

Bin ich mir halt nicht so sicher. Hasenbeins Aussagen entsprechen meinen Befürchtungen. Dass es sich um Werbung handelt, ist klar. Inwieweit diese wirksam ist, weiß ich jedoch nicht.

Die Person wird, falls es eine seriöse Musikschule ist, das Konzertexamen abgelegt haben.

Nicht zwingend. Schau doch auf seiner HP nach (Google ist Dein Freund).

Das hatte ich bereits getan. Dort konnte man nachlesen, an welcher Hochschule er studiert hatte und bei welchem Professor. Allerdings stand dort kein Hinweis auf eine pädagogische Qualifikation und das war ja meine Kernfrage.

Diese ist jetzt auch beantwortet.

Vielen Dank an alle!
 

Ich wollte mal kurz einwerfen, ist dieses Studium tatsächlich ein pädagogisches, wo das Vermitteln des Instrumentespielen untergeordnet dem höherem Ziel, nämlich der Erziehung, erfolgt?

Oder geht es rein um Didaktik .

Pädagogik ist nämlich zentral in der Schulmusik, also Erziehung anhand des Kulturgutes Musik.

Instrumentaldidaktik dagegen Vermittlung von Techniken und Fertigkeiten, sowie Verständnis des Instrumentes und der darauf zu spielenden Musik in sinnvollen aufeinanderbauenden Schritten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hängt vom Studienort ab, denn die Hochschulen haben bei der Gestaltung ihrer Studiengänge freie Hand. An manchen gar kann man gar nicht beides studieren, sondern muss sich für eines entscheiden (der Studiengang teilt sich) oder es gibt kaum pädagogisches Angebot.
Ich hatte folgende, im weitesten Sinne pädagogische Fächer:

  • Allgemeine Musikpädagogik
  • Fachmethodik Anfänger
  • Fachmethodik Fortgeschrittene
  • Lehrproben Anfänger
  • Lehrproben Fortgeschrittene
  • Instrumentenkarussell (mit Kindergruppe)
  • Elementare Musikpädagogik (mit Kindergruppe)
  • Elementare Musikpädagogik (ohne Kindergruppe)
 
Mein KL ist ebenfalls Konzertpianist und zwar ein sehr guter. Bislang konnte ich keinen Nachteil dabei erkennen. Ja, er lehrt mich mehr in Richtung wie es klingen sollte beim Spiel und etwas weniger über Übetechnik
 
Ein examinierter Konzertpianist als Klavierlehrer kommt wohl nicht an seine Grenzen was er einem beibringen kann, denn man kann voraussetzen, dass er alles (jeden Schwierigkeitsgrad und Umfang) gespielt hat. Es heißt dann nicht, wie es bei meiner ersten Klavierlehrerin hieß, dass er einem bald nichts mehr beibringen kann.
 
Das stimmt so nur unzureichend, und zwar aus zwei Gründen:

1. Es kann sein, dass der Examinierte nach wie vor "technische" Probleme beim Spielen hat, die möglicherweise von so ursprünglicher Natur sind, dass sie sich auch auf das Verständnis von Anfängerspiel auswirken.
2. Noch wichtiger: Wenn ich etwas kann, kann ich es noch (sehr!) lange nicht erklären und noch viel länger keinem beibringen. Spielen können und unterrichten können sind zwei grundverschiedene Dinge. Unterrichten können, ohne spielen zu können, geht nicht (Ausnahme: Nicht mehr spielen können). Spielen können ohne unterrichten dagegen... nunja :003:

Natürlich sind die Übergänge fließend. Es gibt elementare Musikpädagogen, die man eher nicht auf der Bühne sehen möchte, die aber sehr guten Anfangsunterricht machen. Und genauso kann man auch von einem grummeligen Superpianisten was lernen, der nach einem schweißtreibenden Vorspiel nur zwei Sätze zu einem sagt.
 
Stilblüte hat vollkommen recht, die Fähigkeit zu unterrichten wird nicht automatisch beim Solistenstudium mitgeliefert. Aber auch beim Instrumentalpädagogik Studium nicht zwingend.
Wer aber gerade mal bei zwei oder drei Hochschulprüfungen und einigen Vortragsabenden auf der Bühne saß wird (vor allem, wenn es schon ne Weile her ist) nur selten wirklich erklären können, was vor Publikum mit einem geschieht.
Das Instrumentalpädagogikstudium ist an vielen Hochschulen leider so vollgestopft mit nicht immer lebensnotwendigem Zeugs, dass sich einige Professoren an diesen Hochschulen weigern Instrumentalpädagogik Studierende aufzunehmen, weil sie "keine Lust haben Leute zu unterrichten, die nach vier Jahren bei der Abschlussprüfung schlechter spielen als zur Aufnahmeprüfung!"
Es ist also ein großes Durcheinander und das ist bei einer so individuellen Thematik, wie dem Wunsch das Klavier angemessen spielen zu können weder verwunderlich noch bedauerlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hatte recht am Anfang meines Klavierunterrichtslebens einen Vertrag bei einem Konzertpianisten abgeschlossen. Zu Beginn und Ende der Stunde musste ich immer eine Fesselübung spielen, gaaanz langsam in Zeitlupe, damit auch ja viel Zeit dabei herumgingung, so zumindest mein Eindruck. Außer dem Hinweis, welchen Finger ich wann herunterdrücken sollte, gab es auch keine weiteren Erklärungen und ich verstand nie, wozu diese Übung gut sein sollte, zumal ich noch nie Schwierigkeiten mit ähnlichen Situationen in Stücken hatte. Obwohl ich diese Übungen zu Hause nie wiederholt hatte, kam dann aber regelmäßig in der darauffolgenden Unterrichtsstunde die Bemerkung, es sei doch jetzt schon viel besser geworden.:dizzy:

Überhaupt gab es nur wenige Korrekturen, ich hatte immer das Gefühl, dass nur nach Schema F unterrichtet wurde. Man spielt halt nach x Monaten Stücke y und z und hat Schwierigkeiten mit a und b, dafür gibt es die Übungen c und d. Vorgespielt hat er mir meine Stücke hingegen ausführlich, dabei ging auch wunderbar viel Zeit drauf....
Ich habe diesen "Unterricht" dann nach der Probezeit von drei Monaten wieder beendet.

Da sah der Unterricht bei der KL, die ich bis vor zwei Jahren hatte, schon ganz anders aus, obwohl auch sie Konzertpianistin war. Ihr merkte man zwar an, dass sie ansonsten nur "fertige" Schüler (Klavierstudenten und musikalisch hochbegabten Schülern des Konservatoriums) unterrichtete, aber bei ihr hatte ich nie das Gefühl, dass sie unterrichten musste. Sie zeigte sich immer begeistert und engagiert und überzog regelmäßig und erheblich und zierte sich ausgiebig, dafür weiteres Honorar zu verlangen. Bei ihr habe ich innerhalb einer einzigen Unterrichtseinheit Unmengen an Informationen mitbekommen, viel Hintergrund zum Komponisten und seiner Zeit, zur Entstehung und Einordnung des Stückes selbst, zu den Möglichkeiten, dieses Stück insgesamt und im Einzelnen zu interpretieren. Überhaupt spielte die Gestaltung die Hauptrolle und sie gab auch während meines Spieles ständig "Regieanweisungen", sang mit, klatschte schwierige Rhythmen mit. Einziges Manko: Ihre Stückeauswahl war für mein technisches Vermögen recht optimistisch und obwohl der Unterricht toll war und ich viel gelernt habe, wäre weniger wahrscheinlich besser für mich gewesen. Der Unterricht war sehr schnell und sie hat auch meine technischen Fehler sofort entdeckt und korrigiert, ist aber weder so lange dran geblieben, bis ich den Bewegungsablauf wirklich verinnerlicht hatte, noch wurde das "Problem" in der nächsten Stunde wiederaufgegriffen. Verständlich, denn ihr eigentliches Klientel hatte so etwas auch gar nicht nötig.

Dieses Manko der fehlenden Basistechniken (Stichwort: Verspannung!) versucht meine jetzige Kl auszugleichen und ist damit bisher meine erfolgreichste KL. Sie arbeitet wirklich ganz gezielt an meinen Schwächen, bleibt hartnäckig dran, korrigiert sehr detailliert und erinnert mich in ihren Erklärungen und Ideen, bestimmte Stellen zu üben, sehr an vielschreibende und beliebte KL dieses Forums. Man könnte fast glauben, sie lese hier mit. Sie ist aber "nur" Schulmusikerin mit Hauptfach Klavier. Mit Pädagogik und Didaktik hat sie sich beschäftigt und das merkt man.

Ich behaupte, es ist nicht nur die Ausbildung, die einen guten KL ausmacht, zum Lehrer wird man geboren und man muss für diese Tätigkeit brennen, wenn man wirklich erfolgreichen Unterricht erteilen möchte.
 
Ich behaupte, es ist nicht nur die Ausbildung, die einen guten KL ausmacht, zum Lehrer wird man geboren und man muss für diese Tätigkeit brennen, wenn man wirklich erfolgreichen Unterricht erteilen möchte.

Hallo Klimperline,

genau so ist es wohl!

Es freut mich sehr, dass du inzwischen eine passende Klavierlehrerin gefunden hast.

Vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht.
 
Fachlich wird er ja ein Volltreffer sein.
Grob gesprochen habe ich den Eindruck es gibt bei den Lehrern Praktiker und Theoretiker (mit allen Zwischenstufen).
Der Praktiker der Konzertpianist bzw. der der an der Bühne steht von dem kann man sicher viel lernen, hat aber vielleicht theoretisch da und dort Lücken.
Der Theoretiker, von dem man auch viel lernen kann, oft Prof. oder ähnliches, spielt oft nicht auf der Bühne, weiß aber enorm viel speziell in der Musiktheorie.
Jetzt haben beide Seiten natürlich ihre Stärken und Schwächen.
Folgt für mich wenn man einen Theoretiker hat schadet ein Praktiker mal nicht und umgekehrt.
Beides hat seine Berechtigung.
 

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