@Rolf
Da würde ich dann aber auch gerne eine Aussage von Weber anbringen.
Er meinte, dass seine Komposition, sobald er den letzten Ton geschrieben hatte vollendet war. Die Aufführung also eig. gar keine zwingende Voraussetzung bedeutete, um das Stück der Welt zu präsentieren. Seiner Meinung nach konnte kein Orchester die Melodien auf seinem Blatt besser wiedergeben, als sein eigener Kopf. Oder sagen wir seine Vorstellung/Fantasie.
Könnte man theoretisch so auffassen, dass die Musik nicht erst in echten tönen erklingen muss um zu existieren. Es würde also der Notentext reichen.
(Wenngleich das wohl kaum eine jedem zugängliche Musik wäre)
Hallo Raskolnikow,
(ich würde ja lieber "hallo Rodion" schreiben, als lediglich den Nachnamen :)) mit großer Sicherheit war jede Komposition vollendet, nachdem der Komponist die letzte Note geschrieben hatte und sofern er nichts mehr änderte - in dem Sinn, dass der Kompositionsprozess beendet war.
dass sich viele Komponisten über die ihren Ansprüchen nicht genügenden Aufführungen gegrämt haben, ist allerdings noch kein zwingender Beweis dafür, dass die Aufführungen theoretisch unnötig sind - gerade den Damen und Herren Komponisten/innen war ja fast immer sehr daran gelegen,
dass man ihre Werke spielt, dass diese also
gehört werden.
Das ging auch Weber nicht anders, der sehr großen Wert darauf legte, dass man seinen Oberon und Freischütz spielte.
Sowie die Notation beendet ist, liegt das Gerüst, die Konstruktion der musikalischen Komposition vor - wird diese weder publiziert noch aufgeführt, ist schwerlich zu beurteilen, ob überhaupt irgendetwas vorliegt (wer weiss, vielleicht schlummern ja grandiose Sinfonien in nie geöffneten Schreibtischschubladen?)
Eine genze Menge an so genannter Kunst oder Kunstwerken ist primär
kommunikativ: Gemälde richten sich an das Sehen der Betrachter, Romane an die lesenden Rezipienten, Musik an die hörenden. In diesem Sinn
braucht Musik die recht triviale Praxis, gespielt zu werden. Ich will gar nicht noch erwähnen, dass die Noten (also das Zeichensystem der Musik) eine Stenografie für
Klänge sind.
gottlob führt man Webers Opern auf (was er selber auch wollte, bei allem verständlichen Ärger über die Musikpraxis im 1. Drittel des 19. Jh., als man aus Kostengründen nur wenige Proben hatte) und Dostojewskis "Schuld und Sühne" wird - weil publiziert - gelesen. :) ja und das halt mit allen kleinen Folgeproblemen in Details, die dann zu konstruktiven Diskussionen führen. Z.B. die Formen der großen Romane Dostojewskis - der "polyphone Roman" - sind erst im frühen 20. Jh. "entdeckt" worden (Bachtin), da war der Fjodor schon lange tot.
ein Kompromiss wäre:
theoretisch könnte der Notentext allein genügen,
praktisch ganz offensichtlich nicht. :)
Gruß, Rolf