Ich bin wahnsinnig und habe mir gerade einen zweiten Flügel gekauft.

Glückwunsch! Bin ein wenig neidisch... ich würde mich auch über eine Klangprobe freuen :super:

Wird am 19.5. angeliefert und dann erst einmal ausgiebig vom Meister der alten Klaviere in Wien begutachtet und wohl auch traktiert werden. Klar, da werde ich natürlich schon Aufnahmen machen, aber die dürften wohl wenig repräsentativ für das sein, was eigentlich im Instrument drinsteckt.

Der Flügel ist wohl regelmäßig gespielt worden, aber wie man sieht, reguliert wurde er zuletzt wohl noch im letzten Jahrhundert. Neu besaitet wurde er wohl schon einmal, aber die alten Filze in der Originalfarbe sind beibehalten worden. Elfenbein sieht OK aus, kann man sicherlich wieder schön poliert herrichten. Das Äußere ist auch OK, also für Werte von "Mir wurscht, wie er aussieht, Hauptsache die inneren Werte stimmen. Gib mir fünfeckig gefräste und rotlackierte Beine aus Bakelit, zur Not."

Keine Risse in der Gussplatte (die waren vor allem beim 203 (B) die Seuche, nicht aber bei diesem Modell; Boden und Stege sollten auch OK sein, zumindest keine sichtbaren Risse; damit wird die Akustikanlage erst einmal so bleiben, wie sie ist.

Fokus klar auf die Mechanik. Dürfte noch eine Wippenmechanik sein, die man gut aufarbeiten kann, ohne den Schwachsinnsweg zu gehen, die durch eine moderne Renner-Mechanik zu ersetzen. Garnierungen checken, eventuell ersetzen, Stifte polieren, gründlichst Durchreinigen, Achsen gängig machen, evtl. Leder an den Hammerröllchen tauschen oder aufarbeiten, vermutlich neue Hammerköpfe aus Seifhennersdorf, die dann verjüngt und leichter gemacht werden, Anschlagslinie neu definieren und Köpfe entsprechend Verleimen.

Nach der Erfahrung der letzten drei Jahre werde ich versuchen, diese Arbeitsschritte eigenständig unter fachlich versierter Anleitung und Aufsicht durchzuführen; zeitlich habe ich keinen Druck. Mr. Tinway tut besser denn je zuvor, aber angesichts meines Jobs war es dann doch eine Frage der Ehre, dass hier endlich ein Bechstein in den Haushalt zieht. Und nach dem, was ich an grausam aufgearbeiteten Model IVs im Netz gehört habe, ist das ein richtig substantieller Flügel, mit enormem Potential, das ich nicht durch Pfusch zerstören möchte. Davon habe ich in den letzten Monaten doch zu viele gesehen und die eine oder andere Träne verdrückt. Dieses Schicksal wollte ich dieser weitestgehend unverbastelten Mühle ersparen.

Und, ja, die Kaufentscheidung habe ich alleine aufgrund drei niedrig aufgelöster Bildchen getroffen. Mein Bauch hat mich erst gar nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen und den Kaufbetrag überwiesen, bevor ich mich wehren konnte.

Wir werden sehen (und hören) und natürlich werde ich ausführlichst berichten und alles fein säuberlich dokumentieren wie bei 60103.
 
Da hätte ich vor dem Kauf schon nachgeschaut...

Und das hätte eine Kaufentscheidung wie beeinflußt?

Ich nehme die Antwort mal vorweg: Ich habe vor ein paar Wochen einen 236er aus der selben Zeit besichtigt, der an sich ein grandioses Instrument war, der mich klanglich hat dahinschmelzen lassen.

Der hatte original eine Wippenmechanik aber der Oberkenner mußte die natürlich durch eine moderne Renner-Mechanik ersetzen und hat selbstverständlich sämtliche Teile der alten Mechanik umweltgerecht entsorgt. Mit dem Ergebnis, dass die komplette Geometrie der Mechanik nicht mehr stimmte und den Flügel praktisch unspielbar gemacht hat.

Damit war dieser Flügel für mich wertlos, insofern nehme ich gerne ein weitestgehend unverbasteltes Teil, das dann am 19.5. bei Anlieferung noch ein Überraschungspaket sein wird, aber garantiert nicht in der Hinsicht, dass da jemand die Mechanik komplett in den Orkus verbastelt hat.

Eine Wippenmechanik, gut reguliert, spielt sich wunderbar, angemessen dem Instrument und auch Alborada del gracioso läßt sich damit spielen - wenn man's kann.
 
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Herzlichen Glückwunsch!

Ich freue mich für Dich und ich freue mich auch für das Instrument. Ich bin froh für jedes dieser alten Instrumente, welches gut und original und mit Verstand wieder instandgesetzt wird.

Leider gibt es heutzutage so viele Beispiele, bei denen das nicht der Fall ist.
 
Glückwunsch ich drück Dir die Daumen, dass dann alles gut renovierbar ist.
 
Das ging ja noch schneller als gedacht. Ich hoffe, Du hast auch genügend Platz dafür? Und gegebenenfalls weiteren Nachwuchs...? :017:

Werden sie denn gemäß artgerechter Tierhaltung auch mal vor Publikum spielen können?
 
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Wieso Kaufen?
Es gibt doch Red Bull!
 
Mal kurz ein paar Details zu dem letzterem Instrument:

Gesamtansicht-Werkstatt.jpgSeitenansicht-Akustikanlage.jpgMechanik-Seitenansicht1.jpgStimmstock+Basssaiten1.jpgStimmstock-Diskant1.jpgStimmstock-Diskant1.jpgGussplatte-Diskant1.jpg

Zunächst einmal: Das ist eine rattenscharfe Kiste. Die meisten Sachen im Originalzustand und vor allem kein Stümpergemüse in der Mechanik.

Ja, massig Caveats, aber nichts davon irgendwie der Showstopper, der eine Restaurierung überteuern oder gar sinnfrei machen würde. Ich habe kurz überlegt, ob man mit wenig Aufwand das Teil in einen offiziell präsentablen Zustand bringen könnte, aber am Ende des Tages haben wir gemeinsam entschieden, dass das Schätzchen komplett richtig schön gemacht wird - aber halt eben nicht morgen.

Die Mechanik ist in sehr gutem Zustand und spielt sich schön. Wenn mal der Rest gemacht ist, dann wird die reguliert, bekommt neue Hammerköpfe und die werden dann nach kompletter Fertigstellung der Akustikanlage intoniert und mit der richtigen Anschlagslinie verleimt.

Noch ist nicht klar, ob die offensichtlichen Risse im Stimmstock tatsächlich relevant sind, oder ob sie nur die oberste Furnierschicht betreffen. Ist aber auch kein großes Ding; die Platte muß eh raus, also könnte man dann auch den Stimmstock erneuern und die Stege sind halt auch jenseits von Gut und Böse, an deren Erneuerung geht kein Weg vorbei. Die paar Risse im Boden kann man dann eher nebenbei fixen, denn akustisch haben sie keinen Einfluß, aber sieht halt schöner aus.

Tatsache ist, dass ein Model IV dann doch doch eine recht seltene Kiste ist. Alles, was ich zu dem Modell bisher fand, waren schlechte Aufarbeitungen, die vor allem im Hinblick auf neue Polyesteroberflächen ausgerichtet waren. Keine der Teile auf youtube hat auch nur ansatzweise vermittelt, was da klaglich drinstecken kann - und genau das macht für mich den Reiz aus, es richtig zu machen. Optisch sind wir dann wieder bei meinem Standardvorgehen, nämlich Optik solange komplett zu ignorieren, bis Akustikanlage und Spielwerk top restauriert sind.

So oder so, das wird einmal ein Traumflügel. Ich habe ihn einmal komplett notdürftig durchgestimmt (eine Tortur, angesichts der knackenden Agraffen) und was ich da höre ist ein richtig geiler Flügel mit reichen Obertönen, Wow-Sustain und Power, die mancher Konzertflügel nicht bringt.

Strictly Work In Progress, das gilt auch für den anderen. Und auch den 270er aus 1872, den ich mir gerade reserviert habe.

Ich werde wohl noch zum Hoarder...
 
Was für ein schönes Tastentier! Bringst mir den wenn er fertig ist? :D
 
Das ist die Rettung eines Juwels, die dir mit jedem gespielten Ton gedankt wird.
Entschuldigt meinen schwärmerischen Überschwang, aber diese alten Instrumente, sofern sie spielbar sind, haben einen besonderen Charme und erzählen scheinbar aus ihrem Leben.
Viel Freude mit dem neuen alten Mitbewohner.
 
Das kommt dann wohl vor allem auf die Euronen an, die dann zwangsläufig fließen müssen.
Und auf die Frage: Wo soll er denn hin??? Im Musikzimmer stehen ein Klavier, ein Harmonium, ein Cello und div. Geigen, im Wohnzimmer steht der Elefant, im Dachgeschoss wär´s einfach nur schade und in der Garage will er bestimmt nicht wohnen... :015:
 

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