Mal eine andere Frage:
Sind diese "Regeln" für Triller wirklich derart in Stein gemeißelt, bzw. vom Komponisten immer ganz genau so und nicht anders gewollt?
Mit anderen Worten: ob ich an einer bestimmten Stelle jetzt 6 oder 8 32tel spiele, oder mit Haupt- oder Nebennote beginne...kommt das nicht auch auf den musikalischen Kontext an und lässt solche Verzierungen nicht auch einen gewissen Spielraum für Variationen und persönlicher Interpretation?
Grüße
Musicus
Hallo Musicus,
Verzierungen und Triller sind ist im Grunde genommen auch
frei zu interpretieren, dennoch sollten einige Regeln beachtet werden.
Wenn man es mit "6 oder 8 32tel" genau nimmt, spricht man von einem:
ausgezählten Triller.
Dieser ist für Anfänger zunächst sehr hilfreich, welche noch nicht die Unabhängigkeit beider Hände besitzen.
Ein ausgezählten Triller finde ich aber nicht immer so musikalisch:
Einen Triller kann man z. B. mit Agogik gestalten und langsam beginnen und immmer schneller werden lassen, oder auch dynamisch gestaltet werden, vor allem bei Liszt, der oft sehr lange Triller schreibt. Er sollte also auch nicht wie ein Maschinengewehr klingen.
Da ist es wirklich so, dass man auch Freiheiten besitzt, was die Interpretation betrifft.
Aber gewisse Aufführungspraxen und Regeln sollte man dennoch dabei beachten und berücksichtigen:
Zur Barockzeit:
Dort war es z. B. üblich, dass man Verzierungen
nicht in die Noten schrieb. Aber es war üblich, dass die Interpreten zu dieser Zeit sehr viel in der Musik verzierten. Wenn du rein nach Noten ohne Verzierungen spielen würdest, wie der Komponist der Barockzeit es schrieb, würde es öde klingen. Hier ging der Komponist davon also aus, dass der Interpret selbt die Verziehrungen gestaltet und variiert.
Aber es gab schon Regeln:
Dass in der Barockzeit Triller von oben begonnen wurden.
Aber es ist tätsächlich so, wie Du schrebst, dass auch der musikalische Kontext auch eine Rolle spielt: Es gab nämlich auch Regeln, wann der Triller nicht auf der oberen Nebennote beginnen sollte.
Gewisse Regeln zur Aufführungspraxis herrschen also:
Diese gibt es im übrigen nicht nur für Triller:
Eine andere Regel besagt z. B., dass man punktierte Note in der barocken Musik oft als doppelpunktierte Note zu spielen hat.
Es gibt also gewisse Ausführungspraxen.
Dies gilt auch, ob man mit der Haupt- oder Nebennote beginnen sollte.
Zu der Frage, ob Verzierungen nicht auch einen gewissen Spielraum für Variationen und persönliche Interpetation lassen:
In Kompononitionen einiger barocker Komponisten sicherlich.
Wenn Du Notenverläge verschiedener barocker Komponisten vergleichst wirst Du oft unterschiedliche Verzierungen feststellen.
Ähnlich wie Generalbass: Nur die Baßstimme und Generalbassbezifferung stammen vom Komponisten.
Aber jetzt zu den Trillern von
Beethoven oder in der Romantik des 19. Jhts:
Persönliche Interpreation des Trillers: Ja!
Da Agogik, Accelerando, Dynamik usw. gestaltet werden.
Aber Spieraum für Variationen:
Nein!
Diese Trillerangaben sollten genau eingehalten werden, diese sind vom Komponisten nämlich auch ganz genauso gewollt:
Also nicht bei Beethoven oder Chopin andere Trillervariationen ausführen oder sogar einbauen, wie das in der Barockzeit der Fall war.
Dies gilt auch, dass man nicht mit der oberen Nebennote zu Trillern beginnt,
sondern mit der Hauptnote.
Was den Kontext betrifft: Oft sind diese im Notentext dann, ich sag Mal in der Regel, auch notiert, wenn man wirklich Mal mit der oberen Nebennote beginnen sollte. Bei guten Notenverlägen kann man also mit der Regel: Ab Wiener Klassik mit der Hauptnote zu Trillern beginnen, gut leben.
Liebe Grüße, Mario