Der Unterschied zu Busoni ist übrigens, dass die neueste Musikforschung in die Spielanweisung eingeflossen ist. Zu Busonis Zeit hat man noch sehr romantisiert.
Aktueller Stand der Musikforschung ist allerdings, dass im Barock auf Tasteninstrumenten längere Legato-Passagen nicht gerade üblich waren, und Bögen über Taktschwerpunkte oder gar Taktgrenzen hinweg sogar die absolute Ausnahme.
Klar ist auch, dass man - wenn man Bach auf einem Instrument des 19. Jahrhunderts spielt - dem Instrument gerecht werden muss, und auf einem modernen Flügel genauso zu spielen wie auf einem barocken Cembalo, klingt einfach doof.
Was man auf dem modernen Flügel aufgrund seiner Dynamik ganz gut imitieren kann (wenn man's kann!), sind Gesangslinien und dynamische Melodieinstrumente (Bläser, Streicher). Es wäre also ein "historischer" Ansatz, so zu artikulieren, wie Bach es in entsprechender Musik selbst getan hat. Wenn man sich nun beispielsweise Bachs Chorwerke oder seine Instrumentalmusik anschaut, wird man aber feststellen, dass er auch dort Melismen bzw. Bögen über Schwerpunkte oder Taktgrenzen hinweg weitestgehend vermeidet. Insofern verstehe ich nicht ganz, inwieweit die neueste Musikforschung in die Spielanweisungen der Inventionen eingeflossen ist. Die Artikulation ist zwar anders als bei Busoni, aber im Prinzip ähnlich "romantisch" geprägt.
Das muss auf dem modernen Instrument kein Fehler sein, weil Bach auf dem Steinway
immer eine Transkription sein wird. Aber man sollte sich darüber im Klaren sein.