Mein Sohn hat sich in den 2. Satz der Pathetique verliebt. Bei seinem Fleiß wird er das Original vermutlich nie spielen können. Bei ihm steht ausschließlich Spaß am Klavierspielen im Vordergrund.
Bevor ich ihn das spielen lasse (ich bin ja gezwungen zuzuhören), verkaufe ich meinen Flügel!
Die Prioritäten in der Pubertät sind nunmal andere. Klar könnte ich es "richtig" machen. Die Konsequenz wäre dann dass er gar nicht mehr Klavier spielt und mit dem Unterricht (natürlich hat er einen Lehrer) aufhört. Aber was außer ein paar Euro mehr für mich würde das bringen? So macht es ihm Spaß und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass in ein paar Jahren auch die Freude am Üben einsetzt.
Und er hat auch schon Originale geübt. Das kleine G-dur Menuett hat ihm viel Freude gemacht. Daran hat er aber fast ein halbes Jahr gesessen, und sowas geht nicht ständig. Da kommt doch der Frust. Deshalb lieber etwas einfaches. Das Dilemma ist halt, dass er die ganzen tollen (zu schweren) Sachen immer hört....
Ganz ehrlich, diese ganze Diskussion ist für mich eine typisch deutsche -seeeehr prinzipiengeladen!
Der Sohn mag die Pathétique und hört auch sonst schwierige Sachen? Super, besser könnte es nicht laufen - offensichtlich hat er viel Sinn für Musik.
Und jetzt eine einfache Bearbeitung? Nun, ich mag die auch nicht! Aber ich würde ihm mehrere (!)suchen und zur Verfügung stellen Ja, ich würde selbst aktiv werden und ihn unterstützen! Dafür sind Eltern nämlich da.
Und wenn er dann die schreckliche einfache Bearbeitung übt, einfach einkaufen oder joggen gehen.
Was würde herauskommen? Es gefällt ihm - es gefällt ihm nicht. Geschmack (literarischer, musikalischer, kulinarischer*, …) ist immer etwas, was sich Stück für Stück entwickelt. Ich erinnere mich noch ganz genau an den Moment, wo einer unserer Söhne (Instrumente: Cello und Posaune) feststellte, dass "Aus der Neuen Welt" mit einem kompletten Orchester doch anders klingt als nur mit Bläsern.
Vielleicht möchte er irgendwann auch mit Klavier aufhören und/oder ein anderes Instrument lernen und/oder eine Band gründen - auch gut.
Ich war so glücklich, mit 14 aus dem Klavierunterricht zu fliegen! Meine Mutter kaufte mir auf meinen Wunsch eine Gitarre - ich habe Begleitung gelernt, alleine. (Mache ich heute gar nicht mehr.) Ich wollte Gesangsunterricht und bekam ihn. Alles davon hat mir was gebracht.
Pubertät ist eine schwierige Zeit. Alle, die hier nicht aus vollem Hals "jaaa" schreien, haben ihre eigene Pubertät vergessen. Eltern sind dazu da, über die Klippen des Lebens hinwegzuhelfen - doofe, einfache Bearbeitungen von Klavierwerken gehören da zu den kleineren Herausforderungen.
Die größte Tugend für Eltern: Gelassenheit. (Ich rede jetzt nicht von wirklich dramatischen Situationen wie Drogenabhängigkeit u.Ä.)
(*Apropos Kulinarik: Wenn heute unsere Söhne Lachs-Spinat-Röllchen, Süßkartoffel-Auflauf und Gulasch vom Bio-Reh mit Spätzle kochen, denke ich belustigt an die McDonalds - Subway-Phase zurück …)