Ein dilettantisches Fiasko: der Einfluß des italienischen Kulturbetriebs auf die deutsche Sprache

  • Ersteller des Themas Bernhard Hiller
  • Erstellungsdatum

Bei Seneca waren es noch die Kürbisse, die für die Hohlköpfigkeit der Apocolocynthosis standen.

Übrigens: bottiglia - Bottich: haben die beiden etwa gemeinsamen Ursprung? Womöglich gar toxisch via Botulinus? :angst:

Die Menge ist schier unglaublich, Wikipedia zeigt nur ein paar davon auf. Sobald man mal ein Werk, das in lockerer umgangssprachlicher Version geschrieben ist, wundert man sich allzu oft, wie viel Deutsch ins amerikansiche Englisch eingedrungen ist.
 
"delectat" - "es macht Spaß", "es erfreut". Da kann man mal auf seine Lateinkenntnisse zurückgreifen. Im Italienischen wurde "diletta" draus. Und schon sind wir beim Dilettanten angekommen.

Der Dilettant führt eine künstlerische oder (kunst-)handwerkliche Tätigkeit aus Spaß an der Freud aus. Man sah es keineswegs negativ, selbst der "Amateur" dürfte heutzutage weniger gut angesehen sein als ein früherer Dilettant.

Die Professionalität breitete sich im Kulturleben immer mehr aus, und Berufskünstler verdrängten die Hobbykünstler. Von den Brufskünstlern wurde mehr erwartet, sie mußten mehr Leistung als die Dilettanten bringen. Und so wurde der Begriff allmählich abschätzig - nämlich wenn der Profi nur wie ein Dilettant leistete.

Begeben wir uns also zurück an die Anfänge, und lasset uns aus Spaß an der Freud Dilettanten sein!
;-)
 
Übrigens: bottiglia - Bottich: haben die beiden etwa gemeinsamen Ursprung?

Haben sie. Grundwort ist spätlat. buttis »Fass«, das (a) über das Diminutiv buti-cula ins Romanische geht (bottiglia, bouteille), (b) germanisiert wird zu Butte (s. »Bütt«) und (c) über die mittellat. Ableitung buti-ca in den Bottich plumpst. Einzelheiten hab ich nicht im Kopf und im Moment auch keine Zeit etymol. Wörterbücher zu wälzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich mich an die etymologoschen Anfänge begebe, bin ich auch ein Profi:
profitēri: frei oder offen bekennen, gestehen

Hm. Und wie kommst du von da zu "Profi"?

Der Ansatzpunkt ist ein technischer Ausdruck wie NN profitetur musicam "NN gibt öffentlich bekannt, dass er Musik lehrt". Nix Bekennermut: Reklameklimbim. Von da ausgehend entwickelt sich der Typ zur Bedeutung "NN ist gewerbsmäßiger Musiklehrer", durchaus mit hochgezogener linker Augenbraue gesprochen und mit dem Nebensinn "NN verdient Geld mit einer Kunst, die wir Amateure / Dilettanten etc. edelmütig um ihrer selbst willen betreiben".

Also, entscheiden wir uns doch lieber für das ethisch viel höherstehende Dilettantentum. ;)
 

Ich gar nicht. Aber die:
"...
The etymology and historical meaning of the term professional is from Middle English, from profes, adjective, having professed one's vows, from Anglo-French, from Late Latin professus, from Latin, past participle of profitēri to profess, confess, from pro- before + fatēri to acknowledge; in other senses, from Latin professus, past participle. Thus, as people became more and more specialized in their trade, they began to 'profess' their skill to others, and 'vow' to perform their trade to the highest known standard.
..."
https://en.wikipedia.org/wiki/Professional

Grüße
Häretiker
 
Es ist halt nun mal Latein. Kann ich nix für. Ich habe leider verabsäumt, diese wichtige Frage in meiner letzten Lateinstunde (1980) zu stellen. :-)

Grüße
Häretiker

Das ist überhaupt nicht der Punkt. Sondern, dass das Beiziehen der frühestmöglichen Etymologie in der Mehrzahl der Fälle nichts zum Verständnis der aktuellen Wortbedeutung beiträgt, weil die Sprachgeschichte die Ausgangsbedeutung in den Hintergrund gedrängt hat. Ein Profi ist eben, und zwar sprachlich und nicht nur pragmatisch, kein Bekenner sondern, aus den von mir geschilderten Gründen, ein Gewerbetreibender. Und deswegen ging deine Etymologie in die Hosen. Wäre sie auch, wenn Du im Lateinunterricht aufgepasst hättest.
 
Das ist überhaupt nicht der Punkt. Sondern, dass das Beiziehen der frühestmöglichen Etymologie in der Mehrzahl der Fälle nichts zum Verständnis der aktuellen Wortbedeutung beiträgt, weil die Sprachgeschichte die Ausgangsbedeutung in den Hintergrund gedrängt hat.

Herzlichen Glückwunsch, der Kandidat hat 100 Punkte. Das eben wollte ich vermitteln. :-)

Es ist eben sinnlos, mich selbst als Profi zu bezeichnen (von ursprünglich lat. 'profiteor'), wenn dieses Wort diese Bedeutungswandlung hinter sich hat.

Grüße
Häretiker
 
Es ist eben sinnlos, mich selbst als Profi zu bezeichnen (von ursprünglich lat. 'profiteor'), wenn dieses Wort diese Bedeutungswandlung hinter sich hat.

Sinnlos ist, einen Witz auf einer nicht existenten sprachlichen Basis machen zu wollen. Aber Du musst das natürlich nicht begreifen (wollen). Reiße einfach den nächsten und sage "Leute, ich bin ein Embryo!", das wäre strukturell etwa dasselbe.
 

Sinnlos ist, einen Witz auf einer nicht existenten sprachlichen Basis machen zu wollen.

Das unterscheidet uns halt. Ich sehe da eine sprachliche Basis. Ich habe das Verb zumindest in der Mittelstufe Latein kennen gelernt. Von einem promovierten Altphilologen. Mit explizitem Verweis auf 'Profi'.

Aber Du musst das natürlich nicht begreifen (wollen).

Du willst den Witz nicht sehen.
Ich will nicht begreifen.
Unentscheiden, würde ich mal sagen.
Sei's drum. (Neudeutsch auch gerne: "Whatever.")

Grüße
Roland
 
ch sehe da eine sprachliche Basis. Ich habe das Verb zumindest in der Mittelstufe Latein kennen gelernt.

Ich gratuliere. Du "siehst eine sprachliche Basis". Hattest Du denn jemals ein etymologisches Wörterbuch in der Hand? Jemals in historische Semantik, vielleicht des Deutschen, hineingeschnuppert? Dein Lehrer hätte Dir klarmachen müssen, dass es einen Unterschied zwischen etymologischer und semantischer Filiation gibt; vielleicht hat er das ja sogar, aber Du warst so aufmerksam wie oben von Dir selbst beschrieben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein deutsches Wort kennt sie aber wenigstens- ;)
 
Ich gratuliere. Du "siehst eine sprachliche Basis".

Danke.

Hattest Du denn jemals ein etymologisches Wörterbuch in der Hand?

Nein, die gibt's online, die muss man nicht in die Hand nehmen.

"...
Profession f. ‘Beruf, Gewerbe, Berufung’, übernommen (16. Jh.) von mfrz. frz. profession ‘Bekenntnis, Beruf, Stand’, lat. professio (Genitiv professiōnis) ‘öffentliches Bekenntnis, öffentliche Angabe’ (z. B. des Namens, Vermögens, Gewerbes), dann ‘(offiziell angegebenes) Gewerbe, Geschäft’, zu lat. profitērī(professus sum) ‘laut und öffentlich, frei bekennen, sich bekennen, sich erklären, sich zu etw. freiwillig anbieten’; vgl. lat. fatērī ‘bekennen, gestehen, einräumen, zu erkennen geben’. professionell Adj. ‘eine Tätigkeit beruflich ausübend, berufs-, gewerbsmäßig’ (19. Jh.), frz. professionnel. Professional m. ‘Berufssportler’ (Anfang 20. Jh.), übernommen von gleichbed. engl. professional, einer Substantivierung des Adjektivs engl. professional ‘berufsmäßig, beruflich’; daraus die heute verbreitete Kurzbezeichnung Profi m. (1. Hälfte 20. Jh.).
..."
https://www.dwds.de/wb/Profi

Für Dich noch einmal fett gesetzt.

Ich erkläre hiermit öffentlich, dass ich Klavierspiele.
Das macht mir im ursprünglischsten Wortsinne zum Profi, aber nicht, so wir es verstehen.
Ich habe das verstanden.
Du hast das verstanden.
Du hast aber immer noch verstanden, dass ich das verstanden habe.
Was ich wiederum nicht verstehe.
Verstehtst Du?

Grüße
Häretiker
 

Ja, das habe ich meinerseits verstanden, und ich fürchte, bei Deinem Nichtverstehen (nämlich des Unterschieds zwischen etymologischer und semantischer Filiation)
wird es bleiben. Auch ein gutes Wörterbuch wie das DWDS muss man nicht nur lesen können, sondern auch verstehen. Sag ich Dir als jemand, der profitetur linguisticam, und der sich hiermit bei einem verheißungsvollen Autodidakten submissest für die fachliche Belehrung bedankt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, das habe ich meinerseits verstanden, und ich fürchte, bei Deinem Nichtverstehen (nämlich des Unterschieds zwischen etymologischer und semantischer Filiation)
wird es bleiben. Auch ein gutes Wörterbuch wie das DWDS (das allerdings kein etymologisches ist und seine Etymologien wenigstens zum Teil noch aus dem alten Grimm nimmt) muss man nicht nur lesen können, sondern auch verstehen. Sag ich Dir als jemand, der profitetur linguisticam, und der sich hiermit bei einem verheißungsvollen Autodidakten submissest für die fachliche Belehrung bedankt.

Ja, ich bin dumm und ungebildet und habe einen Scherz gemacht, über den Du nicht lachen kannst, weil Du zuviel Hintergrundwissen vor Dir herschiebst. Das haben wir jetzt alle verstanden.

Alle anderen durfen schmunzeln, wenn sie wollen.

Wenn ich jedesmal bei einem Witz, der etwas Physik beinhaltet, den ganzen Witz zerlegen würde, wäre ich der bekloppte, der soviel Physik studiert hat, dass er nicht mehr lachen kann.

Grüße
Häretiker
 

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