Och Leute.
https://www.tagesspiegel.de/wissen/...rnchen-brauchen-keine-amtshilfe/22646438.html Hier ist doch eigentlich gut erklärt, warum das mit dem generischen Maskulinum Quatsch ist. Polemik: Das Problem ist, bei allem Respekt, dass ihr euch eure Meinung halt einfach so aus der Wohnung heraus bildet und dann findet, das sei alles übertrieben mit diesem Gendern, ohne in die linguistische, sozialwissenschaftliche, psychologische Forschung zu schauen. Daher liefere ich unten ein paar Anregungen für eine differenzierte und wissenschaftliche Diskussion.
@Nora Man tut, was man kann
@Curby Du kannst jetzt natürlich nochmal 200 Jahre warten mit dem Argument, Gleichberechtigung wird sich schon irgendwann einstellen, sie stehe ja im GG. Das Ding ist aber, dass du es hier und jetzt ändern kannst. Deine Weigerung dazu ist dadurch eben - sorry - ein bewusstes Aufhalten der Gleichberechtigungsbewegung. Im Übrigen sind wir von einer realen Gleichberechtigung noch weit entfernt, auch wenn du versuchst diese Bemühungen zu diskreditieren, indem du den AnhängerInnen unterstellst, sie wollten mehr Macht für Frauen als für Männer und dadurch wiederum eine Ungleichberechtigung.
Wir machens jetzt wie an der Uni: Bevor ich mich noch weitere ärgere gebe ich euch jetzt einfach ein paar wissenschaftliche Paper und ich hätte gerne, dass ihr dann mit gleicher Evidenz für eure Thesen argumentiert. Und wir machen das streng wissenschaftstheoretisch: Ihr gebt euch der wissenschaftlichen Erkenntnis geschlagen, bis etwas gegenteiliges dem aktuellen Stand der Forschung entspricht und ihr mir hier damit ankommt. Aber wenn ihr das nicht könnt, dann akzeptiert bitte auch, dass ihr eine
Meinung äußert, die Gegenposition aber
wissenschaftliche Fakten. Und die stehen im Diskurs über Meinungen.
- Mascaro, J. S., Rentscher, K. E., Hackett, P. D., Mehl, M. R., & Rilling, J. K. (2017). Child gender influences paternal behavior, language, and brain function.
Behavioral Neuroscience, 131(3), 262–273.
Diese Studie zeigt, dass die Erziehung von Vätern gegenüber Töchtern recht deutlich von der Erziehung von Jungs abweicht. Gegenüber Töchtern wird eher eine vermeintlich zu Frauen passende Erziehung/Verhalten an den Tag gelegt; gegenüber Jungs eine vermeintlich zu Jungs passende. So viel zum Thema Geschlechterunterschiede sind biologisch und nicht anerzogen.
- Speed, Laura, und Asifa Majid. 2019.
Linguistic features of fragrances: The role of grammatical gender and gender associations. Attention Perception & Psychophysics 81(1):1-15.
Die hier weisen nach, dass das grammatikalische Geschlecht eine starke Auswirkung auf die Wahrnehmung und Erinnerung von Gerüchen hat.
- Vervecken, Dries, und Bettina Hannover. 2015. Yes I can! Effects of gender fair job descriptions on children’s perceptions of job status, job difficulty, and vocational self-efficacy. Social Psychology 46:76-92.
Die Autorin resümiert: „Mit der systematischen Verwendung solcher Sprachformen - zum Beispiel durch Lehrkräfte und Ausbildende - kann also ein Beitrag dazu geleistet werden, mehr junge Leute für eine Karriere in diesen Berufen zu motivieren.“
- Borodotsky, Lera, Lauren A. Schmidt, und Webb Philipps. 2003. Sex, Syntax, and Semantics.
Diese Studie zeigt, dass das grammatikalische Geschlecht sehr wohl einen Einfluss darauf hat, wie wir über Dinge nachdenken und was wir ihnen für Eigenschaften zuschreiben. Der Schlüssel bspw. wird im Deutschen mit männlichem Artikel überwiegend als "hart" und "schwer" beschrieben, im Spanischen mit weiblichem Artikel aber als klein und süß.
- Sera, M. D., Christian A. H. Berge, und Javier del Castillo Pintado. 1994. Grammatical and conceptual forces in the attribution of gender by English and Spanish speakers. Cognitive Development 9(3): 261–292.
Die zeigen, dass das grammatikalische Geschlecht schon bei Kindern eine Auswirkung auf die Klassifikation von Objekten hat.
Fazit: @St. Francois de Paola , aus wissenschaftlicher Sicht ist deine Aussage von oben falsch. Alles in allem zeigen diese Studien übrigens auch, dass die Sprache der gesellschaftlichen Realität vorangehen kann und nicht zwangsläufig hinterherhinken muss.
Eine wissenschaftliche Argumentation muss differenziert sein. Insofern versuche ich hier einen Schlichtungsversuch: Keiner der Artikel ist für sich genommen ausreichend um ein so komplexes Thema wie Sprache und ihre Auswirkungen angemessen zu beleuchten. Und es gibt immer auch Literatur, die den oben genannten in einzelnen Punkten widerspricht oder sagt "ja das gilt, aber nur unter bestimmten Bedingungen". Ja. Ich weiß. Ist wie dass es beim Klimawandel einzelne Beiträge gibt, die Punkte einschränken und das Bild ausdifferenzieren. Aber insgesamt ist die empirische, wissenschaftliche Evidenz doch zu eindeutig und zu erdrückend (!), als dass man sich aus einer bequemen Position einfach hinstellen könnte und sagen könnte "Das ist doch alles Gender Gaga und ändert eh nichts!". Das kann man machen, ist dann aber Wissenschaftsverweigerung und stellt diejenige Person in der Argumentation dann ungefähr auf die Ebene von Trump. Erkennt ihr, dass das Muster das gleiche ist?