Der Vorkriegs-Blüthner Liebhaber Faden

Hallo Sebastian, warum werden denn die Saiten nicht auch getauscht? Ich kenne mich nicht aus, aber ist das gut, wenn Saiten von 1908 ausgebaut und dann wieder eingebaut werden? Welche Mechanik hat der Flügel eigentlich? Und letzte Frage: wird der Lack auch erneuert? Liebe Grüße, Sesam
 
ich hab mich geirrt, natürlich wird der Flügel auch neu besaitet. der Flügel hat eine Doppelrepetitionsmechanik und wird vorerst noch nicht neu lackiert. wenn ich nochmal 4000 steine übrig habe, dann kommt aber ein neuer Schellack drauf
 
Zuletzt bearbeitet:
so, nun hab ich es endlcih geschafft, die restlcihen bilder zu verkleinern und hier hochzuladen. also man sieht auf den ersten bildern den flügel noch unrestauriert, auf den anderen dann, wie er in der werkstatt ist, aber das erklärt sich ja von selber... ;-)
 

Anhänge

  • Blüthner_74399_F_fgo.JPG
    Blüthner_74399_F_fgo.JPG
    210,6 KB · Aufrufe: 79
  • Blüthner_74399_F_srgo.JPG
    Blüthner_74399_F_srgo.JPG
    254,4 KB · Aufrufe: 80
  • Screenshot - 22_05 044.png
    Screenshot - 22_05 044.png
    301,9 KB · Aufrufe: 85
  • Screenshot - 22_05 046.png
    Screenshot - 22_05 046.png
    352,5 KB · Aufrufe: 80
  • Screenshot - 22_05 038.png
    Screenshot - 22_05 038.png
    330,8 KB · Aufrufe: 79
  • Blüthner_74399_F_Aliquot3.JPG
    Blüthner_74399_F_Aliquot3.JPG
    361,2 KB · Aufrufe: 76
Hallo Sebastian, dein Flügel sieht klasse aus auf den Fotos!
Es ist für mich sehr schlüssig, dass du dich entschieden hast, beim Wechsel der Saiten solche Dinge wie Resonanzbodenaufarbeitung, wenn nötig neue Stifte, usw., gleich mit zu erledigen. Denn diese Gelegenheit kommt vermutlich nicht wieder. Es könnte sein, dass man sich später ärgert, wenn man diese Chance da nicht nutzt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Sebastian,
danke für die eindrucksvollen Bilder. Wann kommt denn das gute Stück zu dir nach Hause? Ich kann mir schon vorstellen, dass deine Vorfreude riesengroß ist :-)
Eine Frage zum Bild 044: Was sind denn das für Schrauben, die da kreuz und quer im Resonanzboden stecken? Die sehen ja aus wie frisch gebohrt. Warum macht man das?

LG, Sesam
 
Lieber Sesam,

warum diese Löcher im Boden sind, und warum sie so aussehen, als wären sie gerade hinein gebohrt, kann ich dir leider nicht sagen, da ich lediglich Konsument der Früchte dessen bin, die ein Klavierbauer so produziert. Da gibt es aber sicher andere hier im Forum, die da mehr Bescheid wissen und deine Frage beantworten können.

Der Flügel kommt Anfang Juli.
 
... Was sind denn das für Schrauben, die da kreuz und quer im Resonanzboden stecken? Die sehen ja aus wie frisch gebohrt. Warum macht man das?
LG, Sesam
Bei Blüthner (und bei einigen anderen Herstellern) sind die Rippen zusätzlich zur normalen Verleimung mit dem Resonanzboden auch verschraubt. Dies verhindert auch bei sehr ungünstigen klimatischen Verhältnissen ein Loslösen der Rippen. Im Zuge der Sanierung des Resonanzbodens müssen die Schrauben natürlich raus, damit die Risse ordentlich ausgefräst und gespänt werden können.

Ist eigentlich bekannt, wie lange der Boden getrocknet wurde und unter welchen Bedingungen?
Oft passiert das nämlich gar nicht oder vieeeel zu schnell...
 
getrocknet wurde er, aber unter welchen Bedingungen weiß ich ned, ich weiß nur, dass das instrument seit März beim Restaurator ist
 
da hab ich ehrlich gesagt nicht nachgefragt...
 

Könntest du ja nachholen, wenn es dich interessiert.

Meiner wurde von Leipzig nach Regensburg zu einem Händler ausgeliefert. Dort wurde er privat erworben. Von wem weiß ich nicht. Kurz nach dem Krieg wechselte der Flügel die Besitzerin und es kaufte ihn eine Pianistin, die den Flügel mit nach München nahm. In der 60ern zog es die Pianistin samt Familie zurück nach Regensburg. Die Tochter der Pianstin hat mir den Flügel verkauft, nachdem er in den vergangenen Jahrzehnten als Sonntagsinstrument wohlbehütet in der guten Stube stand. Jetzt wohnt das gute Stück wieder mit mir in München. Der Flügel ist gebürtiger Sachse, aber mittlerweile Gewohnheitsbayer.

Ich wüsste zu gerne wo und bei wem das Instrument von 1886 bis nach Kriegsende stand. Ich hoffe dahinter verbirgt sich eine glückliche Geschichte. Immerhin durchmisst dieser Zeitraum eine sehr unruhige, brutale Zeit.

Ich zähle nicht zur "Seelen-Fraktion", also ein Flügel ist kein Mensch oder Lebenwesen, aber um ihn herum hat sich viel Leben abgespielt. Und das interessiert mich. Ganz dicht an ihm dran das Familienleben, in der Peripherie große Weltpolitik. Ohne die eigene Gestalt zu ändern, transportiert der Flügel diese Geschichte und Geschichtchen mit. Und wenn es dabei bleibt, bin ich eines Tages auch Teil dieser Linien, Episode. Deshalb will ich ihn auch weitestgehend unberührt lassen. Ich möchte ihn seine Reise fortsetzen lassen, ohne dass er an Substanz einbüßt.

LG, Sesam
 
Sesam, ich kann dieses Interesse an der Vorgeschichte nachvollziehen - geht mir ganz genauso. So ein altes Teil hat viel erlebt und ich finde es auch spannend zu erfahren, wo und von wem das Instrument bespielt wurde. Bei meinem alten S&S hatte ich auch mit Erfolg nachgehakt, ebenso bei meinem neuen Projekt mit der Nutzung eines alten 3-manualigen Orgelspieltisches zu Hause. Letzterer versah höchstwahrscheinlich jahrzehntelang seinen Dienst in einer großen bayrischen Kirche, es war wahrscheinlich Teil des 4-manualigen Spieltischs der Stadtkirche Mariä Himmelfahrt in Landsberg am Lech, von welchem noch mehrere andere Orgeln ferngesteuert wurden.

Aber, wenn man genau hinsieht, kann man auch so ein paar Geschichten herauslesen. Sind z.B. die Tücher und Hammerkopffilze der weißen Tasten viel stärker abgenutzt als die der schwarzen Tasten, und dies nur im Mittelbereich der Tastatur (vermutlich Anfänger)? Oder die schwarzen Tasten genauso, aber alles auch nur in den mittleren 4 Oktaven (vielleicht Bach-Spieler?). Oder fast gleichmäßig über die ganze Tastatur?

Beim Restaurieren/Midifizieren meines Orgelspieltisches habe ich z.B. gesehen, dass im obersten, 3. Manual merkwürdigerweise fast nur die weißen Tasten in der Sopranlage abgenutzt gewesen sind (sonst fast wie neu), das. 1. Manual war sehr verschlissen, und das 2. Manual weniger verschlissen, aber über einen größeren Bereich. Daran kann ich erkennen, dass offenbar das 3. Manual fast nur zum Spielen des cantus firmus von Orgel-Chorälen verwendet wurde, usw....
Also, solche alten Schätzchen erzählen von sich aus schon eine Menge über den Vorbesitzer.
 
Zuletzt bearbeitet:
natürlich ist es interessant zu wissen, welche Vergangenheit der Flügel hat. ich werde da gleich mal dementsprechend nachbohren. sobald dich was weiß, werde ich das kundtun.

@ mindenblues: die Sache mit dem Spieltisch ist ja hochamüsant. ich bin in der Pfarrei Mariä Himmelfahrt, aus der dein Spieltisch stammt, aufgewachsen. Ich hatte dort Erstkommunion, Firmung und war dort auch als Ministrant tätig, bis wir, als ich 13 Jahre alt war, weggezogen sind. Dein Spieltisch müsste wohl noch der vor dem Orgelneubau, der in den frühen 80ern stattfand, sein, denn der Tisch, der danach eingebaut wurde, hatte 5 Manuale. und in den 2000ern wurde die orgel ja wieder restauriert und besitzt nun einen viermanualigen Spieltisch á la Cavalle Colle in Hufeisenform. Da ich dort aufgewachsen bin, darf ich immer noch, wenn ich in landsberg bin, an der Orgel spielen und werde in der nächsten Saison wohl auch in der Stadtpfarrkirche konzertieren (allerdings nicht an der Orgel, das spiele ich nur zum Hobby, ich bin Tenor). Mit dem Organisten, der auf deinem Spieltisch noch gespielt haben dürfte, es handelt sich um Prof. Norbert Düchtel, habe ich auch schon konzertiert... ;-)
 
Den Düchtel kenn ich auch, sogar sehr gut:-)
 
die Welt der Musiker ist halt ein dorf... ;-)

kann sein, dass ich im November in St. Elisabeth in Nürnberg wieder was mit ihm mache (haben vergangenen September zur Orgelweihe Dvoraks Messe D-Dur gemacht. das kommt nun eben im November konzertant, aber es ist wohl noch ned ganz klar, ob er spielen wird...)
 
Sag mir per PM Bescheid, da komme ich!
 
Ich bin in der Pfarrei Mariä Himmelfahrt, aus der dein Spieltisch stammt, aufgewachsen. Ich hatte dort Erstkommunion, Firmung und war dort auch als Ministrant tätig, bis wir, als ich 13 Jahre alt war, weggezogen sind. Dein Spieltisch müsste wohl noch der vor dem Orgelneubau, der in den frühen 80ern stattfand, sein, denn der Tisch, der danach eingebaut wurde, hatte 5 Manuale. und in den 2000ern wurde die orgel ja wieder restauriert und besitzt nun einen viermanualigen Spieltisch á la Cavalle Colle in Hufeisenform. Da ich dort aufgewachsen bin, darf ich immer noch, wenn ich in landsberg bin, an der Orgel spielen und werde in der nächsten Saison wohl auch in der Stadtpfarrkirche konzertieren (allerdings nicht an der Orgel, das spiele ich nur zum Hobby, ich bin Tenor). Mit dem Organisten, der auf deinem Spieltisch noch gespielt haben dürfte, es handelt sich um Prof. Norbert Düchtel, habe ich auch schon konzertiert... ;-)

Carusomusik (jetzt verstehe ich auch deinen Nickname...), ich schicke dir eine PN, weil ich in diesem Blüthner-Faden nicht abschweifen will - aber das alles ist hochinteressant für mich!!
 
Ich wüsste zu gerne wo und bei wem das Instrument von 1886 bis nach Kriegsende stand.

Gibt es überhaupt irgendeine Chance, die Geschichte eines Blüthners zu recherchieren? Ich habe mich mit dieser Frage und der Seriennummer an die Fa. gewandt, aber die konnten mir leider nur mitteilen, dass bei einem Brand des Werks während WK II sämtliche Unterlagen zerstört worden seien.

Ist das korrekt?

Ich kann mir das fast nicht vorstellen. Es haben ja auch Personenstandsregister den Brand des Hôtel de Ville in Paris 71 überstanden, und es muss m. E. schon viel passieren, dass wirklich alles zerstört ist...
 
Ich habe mich mit dieser Frage und der Seriennummer an die Fa. gewandt, aber die konnten mir leider nur mitteilen, dass bei einem Brand des Werks während WK II sämtliche Unterlagen zerstört worden seien.

Ist das korrekt?
so weit ich weiß, ja.

sogar Tante Wiki bestätigt das:
Im Zweiten Weltkrieg brannte die Firma nach einem Bombenangriff 1943 bis auf die Grundmauern ab und mit ihr so gut wie alle Überlieferungen und die besonderen Instrumente. Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau der Produktion. 1948 kamen die ersten Flügel auf den Markt. Jedoch wurden die Möglichkeiten einer Einflussnahme der Familie Blüthner durch die Verstaatlichung stark eingeschränkt.
aus http://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Blüthner_Pianofortefabrik

als Freunde und ich mal bei Blüthner eintrudelten, erzählte uns der eine der beiden Chefs das anläßlich einer Führung durchs Werk ebenfalls.
 

Zurück
Top Bottom