nochmals zu "schönstes klavierstück"
hier noch einmal (m)eine Präferenzliste (beinahe hätte ich PräferenzLISZTE geschrieben...):
Liszt: Sonate h-moll
Mephisto-Walzer A-Dur "Tanz in der Dorfschenke"
Verdi/Liszt: Rigoletto-Paraphrase
Wagner/Liszt: Tannhäuser-Ouvertüre
Isoldens Liebestod
Rezitativ und Romanze "oh du mein holder Abendstern"
Beethoven: Sonate Nr.32 op.111 c-moll
Chopin: Ballade f-moll
drei Etüden (op.10 Nr.6, op.25 Nr.6 & 12)
Skrjabin: Sonate Nr.5
Sonate Nr.10 "Insektensonate"
Etüde op.8 Nr.12 dis-moll
Schumann: Kinderszenen
Janacek: auf verwachsenem Pfad
und dann muss ich noch zwei Stücke anfügen: das erste spiele ich seit 20 Jahren immer wieder in Konzerten und es begeistert mich jedesmal mit seiner unfassbar genialen Vitalität, das zweite habe ich erst vor kurzem gelernt und kann mich an seiner gläsern-kühlen Schönheit gar nich satt hören:
Mussorgski: Bilder einer Ausstellung
Ravel: Ondine
--Beethovens späte Sonaten, überhaupt Romantik/Spätromantik und frühe Moderne - darin fühle ich mich wohl und höre es auch am liebsten (z.B. liebe ich die Opern von Verdi, Wagner und Puccini). Warum aber eine show-piece wie die Rigoletto-Paraphrase???-: sie setzt Virtuosität ein und parodiert sie zugleich liebevoll und ironisch - da hört und sieht man, dass Musik und Klavierspiel Spaß macht und komisch sein kann.
Mussorgski: was kann man angesichts eines Bydlo (erschütternd!), eines Kükenballets, einer Baba Yaga sagen? da kann man nur staunen, begeistert sein und immer wieder verblüfende Details entdecken (kleiner Tipp: mal in diesem Zyklus die Tristanakkorde suchen und erkennen, dass und wie Mussorgski die ganz anders einsetzt) - nebenbei: ein paar Takte sind ganz extrem heikel, wenn man wirklich spielt, was M. notiert hat (und die capricioso Passage am Ende des Marktplatzes ist bei weitem nicht die schwierigste Stelle!!!...)
und dann Ondine... während des einübens hatte ich ich geärgert: einerseits ist das wirklich nicht einfach zu spielen, andererseits suhlt sich dieses im Regenwasser an einem Fenster erscheinende Wasserwesen (==> Gedicht von A. Bertrand) doch in sehr überstrapazierten Nonenakkorden und übermäßigen Dreiklängen, für 1908 eine doch beinahe schon seichte Salonmusikharmonik... ich hatte mich geärgert und eben die obsoleten Arpeggien (l.H.) rauf und runter geklimpert (natürlich ppp und leggierro, con sordino usw.) - aber bei allem Ärger tröstet dann doch die Melodie ----- für mich zählt Ondines "Lied" zu den schönsten Melodien überhaupt!!! und manche, ich zum Beispiel, brauchen etwas länger, um etwas zu begreifen: nach einwöchigem Ärger beim einüben hatte ich begriffen, dass Ravels Harmonik hier nicht Salonmusik, sondern genial ist!!! Ondine will betören, verführen, hinab ins Wasserreich ziehen - ihre Haupttonart kann nur dominantisch verwendet werden: und tatsächlich ist bei ihrer Melodie die jeweilige Tonart (anfangs Cis-Dur) stets in einen kontext harmonisiert, der ihre Melodie dominatisch klingen lässt, aber nie die anvisierte Tonika (Fis-Dur) als solche wirklich erreicht...!!! Herrlich, wie diese Akkordik dann weiter ausgearbeitet wird: jeder Durdreiklang erhält eine dissonierende kleine Sexte, jeder Molldreiklang eine große Sexte - - na ja, und dann wirds teilweise gemäßigt polytonal (Mischakkorde aus Fis- und A-Durseptakkorden). Damit erreicht Ravel, dass seine Nixe kühl-distanziert, ein wenig fremdartig, aber immer faszinierend klingt.
Kurzum: Ondine muss mit in die Liste!!!!!!!!!!!!!!! (auch wenn ihre Harmonik eigentlich kaum anders als in Debussys versunkener Kathedrale ist)
___________________________________
Verdi: man suche die Wahrheit nicht bei Chopin oder Mendelsohn - für mich gibt es nur gute oder schlechte Musik
Vitaly Margulis: alle Pianisten sind unzufrieden mit ihrer Technik und zufrieden mit ihrer Musikalität - umgekehrt sollte es sein!